Als Petrolhead aus einer Familie von Petrolheads sage ich
Verbrenner sind eine tolle Sache, man kann sich in deren Wartung, Überholung, deren Tuning und der feinen Ingenieurskunst verlieren.
Angefangen habe ich mit 15 Jahren in einen 25ccm Zweitakter Kolbenfenster zu fräsen, dreißig Jahre später habe ich schon mehrere Motorrad Motoren bis auf die letzte Schraube auseinander genommen, um sie zu überholen. Anfangs war es eine reine Kostenfrage: 40 DM Meisterstunde vs. 6,50 DM Werkstattmiete in der Stunde. Inzwischen ist es Hobby geworden. Sei es, eine Tausender mit Getriebeschaden wieder in Gang zu setzen und dabei wirtschaftlich zu bleiben oder eine 600er mit gebrochener Nockenwelle und Zylinderkopfschaden zu retten. Oder (für ganz harte) bei einer Duc mit Desmotronik nur das Ventilspiel einzustellen - da kann man sich darin verlieren. Darin aufgehen oder verzweifeln.
So viele Aggregate, die so kompliziert oder noch viel komplizierter als ein schweizer Uhrwerk ineinander greifen, so viel Ingenieurs Know How, das sich über Jahrzehnte, ja gerade zu jahrhunderte akkumuliert hat und in hunderten, filigranen Teilen Metall manifestiert. Man hat das Ding offen und in Einzelteilen vor sich liegen und kann nur erahnen, wieviel Erfahrung in jedes Teil geflossen ist. Jedes Teil mit technischer Geschichte, nachzuvollziehen über Baureihen. Durchenkung, Fehldenkung, Glück, Pech, jedes Teil hat eine Auslegung und dann die auslegungsüberschreitgende Realität. Einfach nur geil. Bestimmte Aggregate sind mir geradezu ans „Herz gewachsen“, ich kenne deren Stärken und Schwächen, weiß wo ich hinsehen muss. Himmelschreiendes Pitting an Zahnrädern, das aber völlig harmlos ist, dagegen Ermüdungsrisse, die fatal sind, aber mit dem Auge nicht sichtbar sind. Ölhydraulisch gesteuerte Mechanismen, die außehalb des Regelbetriebes perfekt aussehen, im Betrieb aber versagen. Analysieren, Testen, ausschließen, lernen, siegen, scheitern, aufgeben.
Ich hätte Schiffsmechaniker werden sollen. Diesen Gedanken habe ich öfters. Ein Aggregat, das man in und auswendig kennt und schon an den Tönen und Vibrationen erkennen kann, welches Teil oder welche Teile sich in Kombination sich außerhalb der Toleranzen verhalten. Der Gedanke, mich einem Verbrennungsmotor voll und ganz widmen zu können, beruflich, das ist ein Traum, den ich manchmal habe, wenn ich im Büro sitze und ich mich frage, was ich „hier eigentlich mache“.
Nun. Das ist mein Traum. Aber rational ist das nicht. Ein Verbrennungsmotor ist in meinen Augen konzeptionell wohl eines der fehleranfälligsten, kompliziertesten und wartungsintensivsten Errungenschaften der Moderne.
Waren Verbrennungsmotoren bis in die achtziger Jahre noch relativ simpel und robust aufgebaut, sind sie heute eine Manifestation des Kampfes gegen die Windmühlen. Alleine aufgrund der Abgasvorschriften haben sich die Bauteildichte in den vergangenen 20 Jahren verdrfeifacht, viele Aggregate sind inwzsichen derart konzeptionell auf Kante genäht (Einspritzanlage als Beispiel) dass sie niemand mehr warten kann, nicht mal mehr die herstellereigenen Fachwerkstätten. Fehlercode und laut Herstellervorgabe weg mit dem ganzen Teil. Das wird nicht besser werden.
Der Verbennungsmotor, so sehr ich ihn auch liebe, ist ein Anachronismus, der besteht, weil die absolut naheliegende Lösung, die geradezu prototypisch ideale, der Elektromotor, der dem Verbrennungsmotor in allen Belangen haushoch überlegen ist, bisher nicht vernünftig und ausreichend mit Energie versorgt werden konnte. Wie viel Energie in einem Otto oder Dieselmotor schon rein konzeptionell und nicht mehr verbesserbar verloren geht! (Atkinson-Kreisprozess macht die aktuelle Not gerade zur Tugend)
Die Not hat den Verbrennungsmotor so weit gebracht, dass dessen einfache Weiterentwicklung um eine Generation inzwischen mehrer Milliarden kostet (vgl. dazu die 2,6 MIlliarden Entwicklungskosten des aktuellen MB Feld-Wald-WIesen 4 Zylinder den OM 654)
Nein, das ganze Konzept ist nicht tragbar. Seit ungefähr fünfzehn Jahren beobachte ich, dass sich (als Beispiel BMW, denn die fahre ich) sich ernsthaft und nachhaltig einen rausreißt, dessen Modelle spritsparender zu gestalten. Mein BMW E38 750 aus den 90igern brauchte im Schnitt 17 Liter. Mein E65 750 um die Jahrtausendwende kaum weniger. Mein F01 750, den ich jetzt fahre, inzwischen mehrfach aufgeladen und Downgesized, auch. Im Normverbrauch sind sie alle immer sparsamer geworden. Inzwischen habe ich das Problem, dass ich auf dreitausend Kilometer einen Liter geradezu wasserartiges 0W brauche, weil anders der NEFZ Phantasiewert wohl nicht mehr erreichbar ist. Einen Turboladerschaden im „mittleren vierstelligen Bereich“ hatte ich auch schon, der aber gnädigerweise auf „Kulanz“ lief. Dafür kippe ich jetzt Öl nach in Mengen wie in meinen jungen Jahren in mein Mopped.
Nein, die Motoren sind inzwischen am Limit und auf Kante konstruiert, viel mehr wird nicht mehr gehen.
Erinnert sich noch wer, als vor rund 20 Jahren die ersten aufgeladenen Diesel verkauft wurden? Wenn man an der Straße, insbesondere im Winter entlanglief und die Fahrzeuge beschleunigt haben? Diesen chlorartigen Geruch, den sie hinterlassen haben? Konnte mir zwanzig Jahre keiner erklären, was ich damit meine. Heute weiß ich es. Das waren die heute „neu“ entdeckten Stickoxide in exorbitanten Mengen.
Geht mir fort mit Verbrennungsmotoren.