Elektroauto Fiasko mangelhafte Ladeinfrastruktur – 14h 630km

Irgendwie habe ich ein Déjà Vu als ich die unglaubliche Geschichte von Diana und Stefan höre. Sage und schreibe 14 Stunden Fahrt mit dem Elektroauto Renault ZOE für 630km? Oh man, das toppt sogar noch unsere katastrophale erste Langstrecke im Jahr 2013. Hat sich bei der Infrastruktur in den letzten fünf Jahren wirklich so wenig entwickelt?

youtu.be/J0ItI1LU5BI

Ja, es gibt heute viel mehr Ladesäulen als damals und die Schnellladestationen sind mit den heute üblichen 43kW Typ2 (AC – Wechselstrom) auch doppelt so schnell wie die Möhren die wir nutzen mussten als der Renault ZOE gerade neu auf dem Markt war. Aber ansonsten hat sich an den Problemen so gut wie nichts verändert. Diana und Stefan stießen auf defekte Ladesäulen, Stationen die von Verbrennern zugeparkt waren, Ladekarten die nicht funktionierten, hilflose Hotlines und mit Schnarchladern (Plugin Hybriden) blockierte Schnellladestationen.

Natürlich sind solche Geschichten nicht die Regel, die Stabilität der Infrastruktur ist nicht mehr ganz so miserabel wie früher, aber dennoch passieren reibungslose Langstreckenfahrten mit dem Elektroauto noch viel zu selten. Wenn mal eine Station auf dem Weg in den Urlaub nicht will wie sie soll, ist das schon ärgerlich genug, aber wenn fast kein Ladehalt so abläuft wie geplant, hilft es nicht, dass eine derartige Verkettung einfach Pech ist.

Ich fordere die Betreiber von Ladeinfrastruktur daher konkret auf folgende Missstände anzugehen und konsequent zu optimieren:

defekte Ladestationen
Es kann immer mal sein, dass eine Ladestation kaputt geht. Es ist jedoch elementar, dass diese so schnell wie irgend möglich repariert wird. Wie lange würde es wohl dauern, wäre eine Tankstelle wegen einer defekten Kasse nicht in der Lage Benzin zu verkaufen? Ich schätze maximal 60 Minuten und der Laden würde wieder laufen! Zeitnahe Reparaturen und Ersatzteile auf Vorrat kombiniert mit einem Diagnose-Monitoring, so dass der Betreiber selbst merkt wenn etwas nicht stimmt, anstatt darauf zu warten, dass der Kunde anruft und darauf hinweist, dass er gerne Strom kaufen würde, aber nichts funktioniert und er im schlimmsten Fall gestrandet ist. Dazu bedarf es natürlich Techniker im Bereitschaftsdienst.
Dass eine hohe Verfügbarkeit realisierbar ist, beweist Tesla mit den Superchargern, als auch die niederländische Firma FastNed. FastNed bemüht sich eindrucksvoll darum, dass ihr Kernbusiness – Strom an Elektroautofahrer verkaufen – nicht gefährdet ist und erreicht damit extrem hohe Kundenzufriedenheit.

zugeparkte Ladestationen
Man wird auf einer Autobahn-Raststätte vermutlich wenig dagegen machen können, dass ein PKW eine Ladestation zuparkt. Aber zumindest gegen falsch parkende LKW kann man mit eng gestellten Pollern etwas ausrichten. Weiter haben große Schilder oder großflächig lackierte Parkplätze mit Elektroauto Logo zumindest eine gewisse abschreckende Wirkung. Leider trifft man als erfahrener Elektroautofahrer immer wieder auf Ladesäulen wo beides fehlt. Dann braucht man sich auch nicht wundern, wenn die unauffälligen Stationen gerne übersehen werden.

Ladekarten Chaos
Nach wie vor gibt es zu viele Ladekarten, zu verschiedene Tarifmodelle und zu wenige barrierefreie Zugänge zu Ladestationen. Selbst als erfahrener Elektroautofahrer blickt man oft auf Fernstrecken nicht durch, wo man wie laden kann und wie hoch der Preis ist. Was benötigt wird, ist eine eindeutige Erkennungs-Signatur, die das Auto an die Ladestation übermittelt und den Besitzer eindeutig authentifiziert. Auto abstellen, Stecker einstecken, Ladung startet. So einfach muss es sein, dann kommt wirklich jeder damit zurecht.

hilflose Hotlines
Wenn mal etwas nicht klappt, müssen die Hotline Mitarbeiter gut geschult sein. Es hilft niemandem auf der Durchreise weiter, wenn die Hotline empfiehlt, einfach nach dem Wochenende nochmal anzurufen! So etwas macht einen Elektroautofahrer fassungslos, verstehen diese Menschen den nicht, dass es inakzeptabel ist sein Zelt aufzuschlagen, bis man gnädigerweise wieder laden kann? Auch sollten lange Diskussionen unbedingt vermieden werden. Spätestens nach drei Minuten sollte der Anrufer am Laden sein, Diskussionen, Fehlerursachen oder Adressdaten können auch besprochen werden, sonst verliert der Anrufer unnötig wertvolle Zeit. Primärer Aspekt ist die Stromausgabe, der Kunde sollte dabei im Mittelpunkt stehen!

Get your IT running!
Zu guter letzt muss der zuverlässige IT Betrieb gewährleistet sein. Lange Zeit waren Ladestation kostenlos nutzbar. Es war selten eine Authentifizierung notwendig, einfach einstecken und laden! Jetzt wo die meisten Betreiber verständlicherweise Geld für den ausgegebenen Strom haben wollen, ist es essenziell, dass die Ladestation eine Internet-Verbindung hat, das Betriebssystem der Ladesäule alle Module und Schnittstellen im Griff hat und der Server im Rechenzentrum der Säule zeitnah antwortet. Hakt es an irgendeiner Stelle dieser Kette, darf das nicht zu Lasten des Kunden gehen, im Zweifel sollte daher die Ladestation in den Messemodus schalten und den Strom verschenken. Im EK sind lieber 2€ verloren, als ein Kunde völlig frustriert. Ansonsten riskiert man unnötige Hemmnisse in der Verbreitung der Elektromobilität und darum geht es doch, möglichst vielen Menschen möglichst viel Strom zu verkaufen. Abschreckende Fehlfunktionen sind da kontraproduktiv!

Es fehlt noch ein wichtiger Punkt in deiner Aufzählung: Polizei und Ordnungsamt! Speziell mit der Polizei haben wir NUR schlechte Erfahrungen gemacht, von „kommen sie doch Montag wieder, da hat das Ordnungsamt wieder auf“ über „da sind wir nicht zuständig, das ist kein Notfall, laden sie doch woanders“ bis hin zu „E-Autos behindern sowieso nur den Verkehr auf der Autobahn, wenn ich mit meinem Diesel mit 160 ankomme und so ein Schleicher da die Spur blockiert“ - wie gesagt, kein Einzelfall, sondern quer durch die Republik! Die Ordnungsdienste sind „bemüht“ - haben aber am WE keinen Wagen verfügbar und wenn ein Schlepper kommt, hat er es innerhalb einer Stunde nicht geschafft, den Platz freizumachen! Überflüssig zu sagen, das wir nur die Polizei kontaktiert haben bei eindeutig markierten Ladeplätzen („Absolutes Halteverbot mit Ausnahem E-Fahrzeuge“). Nimmt man jetzt deine Punkte, denen ich voll zustimme, plus die mangelhafte Unterstützung durch die Ordnungskräfte zusammen, ist es nicht verwunderlich, dass kein „normaler“ (also jemand, der nur von A nach B kommen und nicht die Welt retten will) Autofahrer auf die E-Mobilität umsteigen will. Und genau deswegen fahren wir die meisten Strecken heute wieder mit dem Verbrenner …

Danke für den Bericht. Das Problem wird auch beim Konzept für Ladestationen schon diskutiert.

@BuzzingDanZei Danke für die Zusammenfassung des Videos für YouTube-Ignoranten wie mich! Ist ja echt eine Schauergeschichte.

Zumindest was das Ladekartenchaos angeht sollte die LSV mit der Verpflichtung zum Anbieten des „punktuellen Aufladens“ zukünftig bei öffentlichen Säulen für Abhilfe sorgen.

Thema Service ist leider eine Kostenfrage und für Anbieter, die Autostrom nur nebenbei verkaufen (derzeit ?) nicht wirtschaftlich darstellbar.

Bin mal gespannt, wie das bei ionity wird. Hoffe die haben das zukünftig wie Tesla und nach Deinem Beitag Fastned im Griff.

Jedenfalls ein interessanter Beitrag, der uns verwöhnten Teslafahrern einen Einblick gibt, wie es jenseits von Superchargerland aussieht.

Gruß Mathie

Danke dir, gerne!
Ich selbst bin ja vor dem Tesla 4,5 Jahre ZOE gefahren. Der Unterschied könnte nicht krasser sein, schwarz/weiss ist nix dagegen - bezogen auf das Reisen. :confused:

Ich habe aus den Erfahrungen von Diana & Stefan ein paar konkrete Baustellen definiert, die meines Erachtens die größten Bausteine sind, um den Elektroautofahrern ein gutes Nutzererlebnis zu verschaffen!

Meine 4 Forderungen an die Elektroauto / Infrastruktur Industrie

Handy in der Hand und ohne Hand am Lenkrad… Finde ich absolut inakzeptabel!

Dass man sich so sogar filmt und ins Internet stellt finde ich so oder so sehr sehr spannend.

Inhaltlich stimme ich zu 100% überein. Es muss viel viel einfacher werden. Ein 5. Punkt wäre noch das Kabel, ich finde Säulen ohne Kabel sind für mich auch nicht wirklich zukunftsweisend.

Bin deshalb ja mal gespannt, ob Ionity die eigenen Ankündigungen tatsächlich wahr macht, zumal ja wesentlich die deutsche Autoindustrie dahinter steht.
Die hat an Ladesäulen, Elektro usw., egal was sie behaupten, schlicht immer noch überhaupt kein Interesse.

Es ist traurig aber wahr, dass Tesla die einzige Firma ist, die ein völlig unbeschwertes und unkompliziertes Fahrerlebnis mit elektrischen Autos tatsächlich realisiert hat.

Ich bin neulich (vorige Woche) mal spaßeshalber bei der einzigen CCS 50 kW Station in Münster vorbeigefahren, die ich auf die Schnelle in diversen Apps finden konnte.:

Defekt das Teil.
Gleich mal gemeldet. Wird schon nichts bringen, denn wie ich auf Charge Map sah, ist das Ding wahrscheinlich schon seit Januar im Eimer.

Na, bei dieser Schilderung wird doch klar warum man mittels LSV an die Supercharger ran kommen will. Es wird eine funktionierende Infrastruktur zugänglich ohne eigene Anstrengungen.
Warum ein Tesla-Fahrer dies befürworten kann, erschließt sich mir allerdings immer noch nicht.

Gruß Sam

Als wäre Tesla der Nabel der Welt, also bitte. Die LSV zielt in erster Linie auf die Zugänglichkeit von Ladesäulen und Kompatibilität. Letztendlich ist die Idee hinter der LSV schon, diese Probleme anzugehen. Ohne jetzt wieder ein LSV Faden zu starken, denke ich dass mit einer einheitlichen Situation Menschen einfacher zurecht kommen.

Und selbst das System Tesla ist für viele nicht das gelbe vom Ei, nur für Leute die sich damit beschäftigen wollen / können.

Ja, das stimmt, du hast recht. Habe mir fest vorgenommen, das nächste Mal eine Kippenschachtel in der Hand zu halten, das ist dann auch legal. :sunglasses:

Siehe auch diesen amüsant-traurigen Bericht „Mit Hartmut in der Sauna“:
golem.de/news/hyundai-ioniq … 33455.html

Fazit: Pack die Badehose ein!

Viel Spaß beim Lesen, und noch mehr beim Tesla-Fahren :sunglasses:

Danke für den Link… Man sieht dass hier auch nicht gehext werden kann mit 28kWh. Dabei sei doch dieses Auto so ein Wunderauto…

Das Problem ist hier aber nicht das Auto, sondern die mangelhafte Ladeinfrastruktur in Zusammenspiel mit der Unfähigkeit (gewollt oder nicht) der Journalisten, sich vor Fahrtantritt 15 Minuten mit der Streckenplanung zu beschäftigen.

Wieso sind immer alle gleich unfähig nur weil sie vielleicht andere Interessen haben.

Ich habe auch noch andere Interessen, bin aber trotzdem fähig, 15 min in eine ordentliche Streckenplanung zu investieren.

Ich bin durchaus in der Lage eine Strecke „ordentlich“ zu planen, nur habe ich dazu im Alltag, wegen den paar Kilometern, keine Lust dazu. Auch kenne ich niemanden der dazu Lust hat. Die Zeit bezahlt einem schließlich niemand.

Mit meinem Cupra fahre ich einfach los, habe je nach Laune und Verkehr 250 km/h auf dem Tacho und bin mit einmal Tanken am Ziel.
Mit dem Dieselgolf meiner Freundin geht das Ganze auch entspannt mit 150 ohne Tanken.

Ich steige erst um wenn ich für 40k ein tolles eAuto neu bekomme mit dem ich ohne Planung ankomme.
Einfach anstecken wie bei Tesla ist völlig ok, alles andere nicht.

Ziel ins Navi eingeben und los, das ist Zukunft.

@sexus

Du kannst machen, was du willst. Außer eben bald in die Städte zu fahren. Wenn dir das reicht, ist doch alles o. k.

Es ist doch offensichtlich dass es zwei Probleme gibt, die sich aber gegenseitig auch erledigen können. Ich denke aktuell ist das Problem der kleinen Akkus. Wie man auch wieder bei dem Test des Ioniq sieht ist ein Mini Akku einfach nur ein Krampf. Mit größeren Akkus braucht man weniger Infrastruktur. Die Mobilität mit einem Tesla funktioniert wirklich schon sehr gut.

Vielleicht einfach die Hände ans Steuer und auf den Verkehr konzentrieren, das wäre mir am liebste.