Die Rolle der Trolle…

Nein, eigentlich geht es hier gar nicht um Trolle. Trolle trollen, da gehen Sachen sichtbar kaputt, das kracht und stinkt.
Ich fand nur den Reim für die Headline gut.

Das eigentliche Thema sind Foristen, die – auch unbewusst – eine destruktive und dem Forenziel widersprechende Rolle spielen.
Es findet Manipulation statt. Und ich habe mal, entlang eines Klassikers der Manipulationstheorie (daher kommen die Überschriften), zusammengeschrieben, was mir da so begegnet ist.
Zur Unterhaltung, als Diskussiongrundlage und zur Selbstreflektion (denn keiner sage, er tue sowas nicht).
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  1. Kehre die Aufmerksamkeit um[/b]
    Setze Themen, auch und gerade unwichtige, damit die Diskussion sich um diese dreht und kein Raum für Diskurse über Wesentliches bleibt. Bestimme, worüber die Community spricht, indem du Fragen stellst, provokante oder offensichtlich fragwürdige Behauptungen aufstellst und auch, indem du Threads mit relevanten Themen kaperst und im Sinne einer Diskussion »um des Kaisers Bart« umbiegst. Sorge für einen gleichmäßigen Strom von Ablenkthemen, damit niemand mehr Kraft hat, über das für die Zukunft Wichtige und ihn selbst unmittelbar Betreffende nachzudenken oder gar öffentlich zu diskutieren.

2. Erzeuge Probleme und liefere die Lösung
Das Setzen von Themen ermöglicht es dir auch zu bestimmen, welche Kriterien, z.B. In Vergleichen, in den Fokus der Community kommen. Durch die Betonung bestimmter Kriterien kannst du eine scheinbare Überlegenheit bestimmter Produkte oder Leistungen gegenüber anderen konstruieren, die in der erlebten Realität gar nichts bedeuten würde. Greife die Schwächen der Produkte und Leistungen, die du bekämpfen willst auf und blähe deren Bedeutung auf, bis hin zum so genannten »Killerkriterium«. Mache es unmöglich, über die Bedeutung der Kriterien zu verhandeln, indem du konsequent darauf bestehst, dass über die von dir gesetzten Kriterien gesprochen wird.

3. Stufe Änderungen ab
In diesem Fall umgekehrt: Mache revolutionäre Leistungen deines Zielunternehmens unsichtbar, indem du sie aus dem zeitlichen Zusammenhang löst und ihre Maßstäblichkeit veränderst. Schreibe große Leistungen und das Erreichen von Meilensteinen klein, während du die Aufmerksamkeit immer wieder auf Diskrepanzen zwischen den gesetzten Zielen und dem Erreichten richtest. Erzeugte ein permanentes Gefühl von »zu langsam«, »zu wenig«, »zu schlecht« gegenüber dem Zielunternhemen, während du bereits kleine Erfolge der Mitbewerber zu revolutionären Ereignissen hochschreibst.

4. Aufschub von Änderungen
Hier: Vergleiche den aktuellen Stand der Dinge beim Zielunternehmen grundsätzlich mit dem, was der Wettbewerb in einigen Jahren zu leisten verspricht. Wenn du gezwungen bist, die aktuellen Produkte und Leistungen des Wettbewerbs mit denen des Zielunternehmens zu vergleichen, dann wähle alte, schwache oder nicht vergleichbare Produkte des Zielunternehmens und vergleiche sie in aller Unschuld mit dem Besten, was der Wettbewerb hat.

5. Sprich zur Masse wie zu kleinen Kindern
Verstricke die Community immer wieder in sinnlosen Streit um Begriffsdefinitionen. Stelle regelmäßig den Konsens informierter Diskutanten in Frage, indem du naive Fragen stellst oder bewusst mit falschen Interpretationen von Begriffen arbeitest. Wirf mit Zahlen um dich, deren Relevanz nicht diskutiert werden darf. Verlange Beweise zu Nebenthemen, die realistisch gar nicht erbracht werden können. Empöre dich, wenn es doch jemand versucht über die Unzulänglichkeit seiner Beweisführung. Benutze journalistische Phrasen, damit alles bedeutungsvoll, groß und wissenschaftlich wirkt, vermeide es aber, Raum für echte saubere wissenschaftliche Argumentation zu lassen.

6. Konzentriere dich auf Emotionen und nicht auf Reflexion
Der Missbrauch des emotionalen Aspektes ist eine klassische Technik um eine rationale Analyse und den gesunden Menschenverstand eines Individuums zu umgehen. Darüber hinaus öffnet eine emotionale Rede Tür und Tor dafür, Ängste und Unruhen, Impulse und bestimmte Verhaltensweisen im Unterbewusstsein hervorzurufen.

7. Versuche die Ignoranz der Gesellschaft aufrechtzuerhalten
Die Community soll nicht fähig sein, deine Methoden und Manipulationstechniken zu erkennen. Sorge dafür, dass vor allem schlecht Informierte mit dir diskutieren und ihr gemeinsam die Seiten und Spalten des Forums mit banalem Material füllt. Es darf kein Raum für die Diskussion eigenständiger Gedanken, revolutionärer Ideen und anspruchsvoller Visionen bleiben. Wer starke Gedanken hat, sollte sich in der Community möglichst einsam und isoliert fühlen.

8. Entfache in der Bevölkerung den Gedanken, dass sie durchschnittlich sei
Beschimpfe die Community, soweit sie ihrer Sache sicher ist, als elitär, abgehoben und realitätsfremd. Versuche eine Atmosphäre zu schaffen, in der es kaum mehr jemand wagt, für sich, seine Sache und seine Erkenntnisse einzustehen. Bezweifle öffentlich die Relevanz der Marke und ihrer Produkte und Leistungen, wenn es dir nützlich erscheint.

9. Wandle Widerstand in das Gefühl schlechten Gewissens um
Rufe sofort laut nach Fairness und Objektivität, so oft du widerlegt wirst oder Fragen nach der Relevanz deiner Themen gestellt werden. Stelle hohe Ansprüche hinsichtlich der Diskussionskultur an alle, die dir widersprechen. Ignoriere diese Ansprüche selbst mit absoluter Selbstverständlichkeit. Stelle dich selbst regelmäßig als Opfer von Ignoranz und unfairer Behandlung dar. Auch, wenn dem in der Community widersprochen wird, hast du damit doch erreicht, dass nicht mehr über das eigentliche Thema diskutiert wird.

10. Lerne Menschen besser kennen, als sie sich selbst es tun
Hier: Verbirg deine eigene Identität so gut wie möglich. Webe ein Netz interessanter Geheimnisse um dich. Deute an, dass du über Insiderwissen verfügst oder dass du gesellschaftlich oder ökonomisch überdurchschnittlich erfolgreich bist. Lasse andere Mitglieder der Community »dumm aussehen« und stelle ihr Selbstbewusstsein öffentlich in Frage. Konstruiere eine Position der Überlegenheit, die keiner überprüfen oder in Frage stellen kann. Etabliere den Gedanken, dass diese Überlegenheit deine Beiträge wertvoller oder glaubwürdiger macht.

Es geht hier nicht um uns paar hundert Foristen.
Es geht um die Tausende, die täglich mitlesen und das Forum nutzen, um sich über Tesla zu informieren und ein »Gefühl für die Marke« zu bekommen. Wegen ihnen lohnt es sich für manche, hier Energie zu investieren – um etwas zu stören, das eigentlich ein kleines gemütliches Forum von Markenfreaks sein könnte.

4 „Gefällt mir“

Danke Cer - ein sehr wertvoller Beitrag, wenngleich er auch eine Art Anleitung darstellen kann. Wenn man den „Bauplan“ allerdings kennt, dann ist schon viel getan. In jedem Fall hatte ich für mich ebenfalls schon sehr identische Gedanken. Nun hat es mal jemand aufgeschrieben - sehr universell ! :slight_smile:

Danke für diese ausführlichen Gedanken. Schön, dass du dir dafür so viel Zeit genommen hast.

Einiges davon macht spontan nachdenklich, anderes vermutlich nach dem zweiten und dritten mal lesen.

Hallo cer

Vielen Dank! Hab’s jetzt zweimal durchgelesen und abgespeichert - sehr interessanter und aufschlussreicher Text!

Danke Cer, wieder einer Deiner wunderbaren Texte. Während des Lesens sind für mich gleich etliche User aus den diversen Kapiteln / Punkten, hinterm Horizont aufgetaucht.
Leider…

LGH

@cer, danke für den sehr informativen und gut lesbaren Text!

Die Strategien kenne ich aus politischen Diskussionen, oft aus populistischem Lager. Hier im Forum habe ich bis dato nicht den Eindruck, dass es User gibt, welche diese konsequent anwenden.*

Ich sehe hier im Forum teilweise eher die Gefahr, dass schnell eine sinistre Absicht unterstellt wird, wo ich eher Uninformiertheit oder einfach eine abweichende Meinung sehe.

Manchmal hören Mitforisten auch Flöhe husten, am Wochenende wurde einer Masterstudentin in meinen Augen anlasslos unterstellt, Sie betriebe möglicherweise verdeckt Marktforschung, was ein Vertrauesbruch wäre.

Ich finde es wichtig, die von Dir angesprochenen Punkte zu kennen und sowohl darauf zu achten, dass man selbst nicht in entsprechende Muster verfällt oder auch solchen Mustern auf dem Leim geht.

Gleichzeitig möchte ich aber bitten, nicht jede abweichende Meinung oder uninformierte Äußerung als möglichen unredlichen Beeinflussungsversuch zu werten. Das engt den Horizont schnell ein, man verfällt in Freund/Feind-Einteilungen und übersieht dadurch vielleicht valide Argumente, die einen selbst in der Meinungsbildung weiterbringen können.

Vielen Dank nochmal für Dein Posting!

Gruß Mathie

  • Der Kandidat, der mit wirren, unlesbaren Zahlenwänden, die keiner Evaluation standhielten, hier die letzten Tage genervt hat, wurde vom Moderationsteam ja zum Glück gesperrt. Allerdings würde ich diese Person eher unter blödem Troll einordnen als unter der Kategorie böswilliger Manipulator

Ja, Mathie, du hast Recht. in dieser Dichte wirkt das leicht paranoid, und ich denke, die Gefahr überempfindlich zu sein ist real.

Wie ich schon schrieb: Es ist nicht immer ein Agenda dahinter, wenn jemand einzelne Elemente dieser Strategie »verwendet«.
Manchmal passiert es einfach.

Als aktuelles Beispiel fällt mir der gebrauch eines in der Bundesrepublik Deutschland heute unüblichen deutschen Wortes durch einen User ein, die unsinnigerweise zum Diskussionsthema gemacht wurde – bis hin zu Anspielungen auf die Nazizeit und damit verbundenen Vorwürfen. Sowas passiert schnell.
Aber man kann sich dann halt hinterher schon mal fragen, ob man dem Forum, seinem Gegenüber oder sich selbst mit sowas irgendwie nützlich war – oder ob man sich da nicht in zwei oder drei der o.g. Punkte wiederfinden kann, zum eigenen Erschrecken, für die Zukunft gewarnt und vielleicht achtsamer.

Mich selbst nehme ich davon ausdrücklich nicht aus. Gar nicht. Schon die Erstellung dieses Threads war eine Handlung, die eigentlich durch seinen Inhalt selbst massiv in Frage gestellt wird.
Ich hab’ es dann trotzdem gemacht – meine Idee ist, dass Bewusstsein hilft und Aufschreiben ebenso Bewusstsein schaffen kann wie lesen…

Vielen Dank dafür (und auch für Deine anderen Beiträge) :exclamation:.

Da würde mir jetzt ne Menge zu einfallen zum Thema - die Rolle derer die „Blind vor Liebe!“ sind. Nun - das will hier keiner hören. Aber das einige hier so tun, als hätten sie selbst eine total objektiv Sicht der Dinge - obwohl sie kein bisschen anders unterwegs sind als die „Trolle“ und „grauen“ - nur halt auf der anderen Seite… das merken sie dabei nicht. Ich bin super froh keinen Tesla bestellt zu haben - obwohl ich ganz kurz davor war. 10.000 Euro wären mir - dank Preisreduzierung - mal eben durch die Lappen gegangen. Fakt. Von möglichen fragwürdigen Zuständen bei Auslieferung, fehlenden Teilen und mangelhafter Verfügbarkeit von Serviceterminen ganz zu schweigen. Und glaubt es oder nicht: Ich finde sowohl Model S als auch Model 3 total genial. Das drumherum ist halt gerade so eine Sache… wenn selbst Leute wie Ove inzwischen ins Grübeln über den aktuellen Zustand kommen… aber der trollt wahrscheinlich auch nur.

Geiles Produkt! Aber der Rest ist gerade echt fragwürdig… wenn sich das ändert, kaufe ich gerne. Ich will Serviceverfügbarkeit, aufbereitete Autos bei Übergabe, ohne Kratzer und Dellen und - neben dem normalen Wertverlust - nicht noch Gefahr laufen, dass das ganze morgen mal eben 10.000 Euro günstiger wird.

@Sascha, welchen Zusammenhang hat das, was Du zu Service und Preissenkungen schreibst, mit dem, was cer geschrieben hat?

Oder ist das eine praktische Übung, die Strategien, die cer schildert anzuwenden? Also zumindest Punkt 1 hat Du mit diesem Postig quasi 1:1 umgesetzt, Gratulation! :unamused:

Gruß Mathie

@Sascha: Du bringst genau das was cer oben schreibt! Speziell Punkt 1!
Deine Einwände mögen stimmen und können gut in den jeweiligen Thread diskutiert werden.
Zu diesem Thread passen sie nicht.
Und wie du sagst: Ein geiles Produkt! Da sieht so mancher über die von Dir genannten Punkte hinweg und fährt jetzt
eben so ein Teil.

Danke, was noch fehlt ist, dass die vielfach zu zweit sind oder zumindest zwei Pseudonyme besitzen.

„Die 10 Strategien der Manipulation.“ von Noam Chomsky?

Chomsky nutzt diese Liste (von der ich die Überschriften geklaut habe), aber sie ist nicht von ihm. Die Originalquelle habe ich auf die Schnelle nicht ausfindig machen können.

@cer
Sehr interessantes Thema, danke dafür!

Zumal sich diese Thesen auch auf andere Kommunikationsmittel und Meinungsmacher super anwenden lassen.Und. Ein wenig paranoid zu sein schadet nie!
Menschen und deren Meinungsäußerungen zu hinterfragen und auch sich selbst zu reflektieren sollte ein ganz normaler Prozess bei der eigenen Meinungsbildung sein…oder?

Schön, daß Du das Thema so differenziert einbringst.
Deine Beiträge finde ich mit Köpfchen und interessant.

Sehr unterschiedliche Motivationen, die User hier im Forum haben.
Das macht das Forum sehr wertvoll, aber oft auch sehr „anstrengend“.
(In Anführungszeichen für mich, weil ich mich dann ausklinke und es somit nicht anstrengend für mich ist. Für die Moderatoren hingegen schon)

Ich gebe zu, daß ich mich da bewusst oberflächlich halte und das Forum somit eher „nutze“.

Hier mal ein Beispiel in Reinkultur

Beginnen tut es hier.
Enden tut es erstmal da, mit mehreren Richtigstellungen. Mal schauen wie und es weitergeht.

@cer: Danke für deinen Text. Heute habe ich es das 1. Mal wirklich erleben können wie das geht. Mit den Erklärungen war es dann aber wirklich einfach zu durchschauen.

Obwohl es nach cer in diesem Thread eigentlich nicht um Trolle geht, erlaube ich mir, zwei interessante Artikel über eine Undercover-Investigatorin in einer polnischen Trollfabrik zu posten. Es passt thematisch doch in diesen Thread am besten rein.

Watson:

„ Die Journalismus-Studentin Katarzyna Pruszkiewicz hat sechs Monate lang verdeckt für eine Troll-Fabrik in Warschau gearbeitet. Mit dem Ziel, die (un)heimlichen Machenschaften der Firma und deren Einfluss auf Social Media zu enthüllen.

Die Ergebnisse ihrer Recherche hat sie vor wenigen Tagen veröffentlicht, in Kooperation mit dem Recherche-Kollektiv Investigate Europe. Das ist ein Zusammenschluss von Journalisten aus acht Ländern Europas, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, «transnationale Strukturen» sichtbar zu machen und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.“

watson.ch/digital/social%20 … honungslos

Und einen etwas anders gefärbten Artikel in BuzzFeed.news:

„ Sechs Monate lang recherchierte Katarzyna Pruszkiewicz verdeckt in einer Troll-Farm in Warschau. Gemeinsam mit anderen Trollen hat sie in dieser Zeit fast 200 Profile bei Facebook, Twitter und Instagram bedient, hat tausende Nachrichten und Kommentare geschrieben, hat provoziert und für ihre Kund*innen geworben.

Pruszkiewicz hat als Troll für das Propaganda-Fernsehen der rechten polnischen PiS-Regierung gearbeitet und hat einen linken Politiker bei einem Wahlsieg unterstützt. Sie hat gegen LGBTs gehetzt, Lehrerinnen beschimpft und Zeitungen bezichtigt, Verschwörungstheorien zu verbreiten. Nie hat sie ihren Leserinnen verraten, dass sie dafür bezahlt wurde.“

buzzfeed.com/de/katarzynapr … -recherche

DANKE!
LGH

Danke für die Zusammenfassung :exclamation: