0815-Garage & Summon / Herbeirufen : Geht nicht!

Guten Abend, Freunde der gepflegten Überbreitenkarosserie… eine Kurzgeschichte nicht ohne Schmunzelfaktor.

Ich bin - zugegebener Maßen - etwas genervt von der summon / Herbeirufen Funktion: Meine Garage liegt, wie vermutlich 90% aller Garagen, im rechten Winkel zur Fahrbahn und genau 5m von selbiger entfernt. Ich fahre also die Straße entlang, dann öffnet „homelink“ zuverlässig die Garage wenn ich auf deren Höhe bin, ein Stück noch weiter, Rückwärts 90 Grad rum so dass ich meine Garage angucke und dann wären es ja nur noch 1-2m plus besagte 5m plus nochmal 5m in der Garage, und zwar exakt geradeaus und fast ebenerdig, sollte also fürs Autoparken ganz locker zu schaffen sein. Also raus aus dem Auto, das Handy gezückt und auf Herbeirufen-vorwärts gedrückt - genug Zeit dazu ist ja in unserer Spielstraße.
Nach wenigen gefühlt aber endlosen „Ich finde noch kein LTE“-Sekunden setzt sich der Tesla in Bewegung und „rammt“ mit seinen 450PS mit sicherlich Nullkommafünf Km/h den abgerundeten Minibordstein zwischen Fahrbahn und Gehweg auf dem Weg in die Garage. Entsetzt ob dieser unerwarteten Gefahr lässt er sich zurückfallen und setzt neu an - ich drücke am Handy weiter tapfer auf vorwärts und grüße meinen Nachbarn, der gerade vorfährt. Im dritten Versuch schafft das MS die unglaubliche 2,5 cm Hürde und während der Nachbar, der eigentlich einfach nur vorbeifahren wollte, geduldig seinen Verbrenner abstellt, um dem bunten Treiben zuzuschauen, erstürmt das Modekl S nach nur einem weiteren Meter Fahrstrecke die nächste schier unüberwindbare Kluft. Wer hätte das bei der Programmierung der Summon-Funktion ahnen können, dass es neben Bordsteinen zwischen Fahrbahn und Fußweg auch noch winzige Erhöhungen zwischen Fußweg und Garageneinfahrten geben kann? Nun, die 1,5cm sind nicht wirklich der Rede wert: Zwei Mal abstellen, Fahrzeug verriegeln und per Handy komplett neu angesetzt - schon ist auch dieses Hinderniis überwunden.
Die App warnt: Sie sind zu weit von Ihrem Fahrzeug entfernt, also geh ich ein paar Schritte näher, immer hoffend, dass ich dadurch die Nahbereichsüberwachung nicht störe- tue ich aber und das Auto schaltet meinen nächsten Versuch des Autoparkens brutal ab. Vor uns liegen aber auch nur noch 4,5m zur heimischen Garage, rechts eine Mauer, links der bissige Audi meiner Frau in Schlagabtauschreichweite (daher bin ich ja schon auf der Straße ausgestiegen). Apropos Schlagabtausch: mein Nachbar hat mittlerweile sein Auto verlassen und fordert von mir ein Geduldsbier zum verzögerten Feierabend, was ich ihm - mit der einen Hand noch immer auf dem ins LTE-Netz gestreckten
Handy „Vorwärts“ drückend, aus der ja glücklicherweise noch leeren Garage mit der anderen Hand herausfische.
Mutig geht es beim MS voran - doch ach: das Auto hat ja noch eine Hinterachse! Und selbiger widerfährt nun gleiches Schauspiel, dass zuvor die Vorderachse und unseren Nachbarn an den Rand zum Aufgeben trieb: Erster Bordstein, ein-zwei-drei Versuche, zweiter Bordstein: zwei Versuche, puh, geschafft. Zwei weitere Anwohner sind inzwischen - nebst Hund und Kindern („Kevin, kuck ma der Wagen tut von ganz alleine nich vorwärts kommen“) auf die Showbühne meiner Gragabeneinfahrt getreten und fachsimpeln über die Gebrechen der Autoparkwelt… „vielleicht kannadatt ja nur rückwärts schaffen, wa?“ nein, kann er nicht, schon zigmal ausprobiert, und jetzt sind wir ja auch bald vorwärts am Ziel…
Und siehe da: Nichts scheint nun das Auto noch aufhalten zu können, mit Vollbeleuchtung und Warnblinker preschen wir nun auf die einladend geöffnete Betonfertiggarage zu, eine Grage, wie man sie millionenfach in jeder Mittelstandssiedlung findet, vermutlich Baujahr 1995, und - ja, natürlich - hat sie eine Minimetallkante als unteren Anschlag für das Tor und als tragenden Rahmen für die gesamte Torkonstruktion und weil der Boden vor der Garage um echte 1,5cm nach links abfällt ist sie dort 4cm hoch und rechts 2,5cm, Ihr ahnt es schon. Man hört das Model S quasi stöhnen, als es die Garage erreicht. Nach kurzem Innehalten an der Kante des Grauens wird aber - unter infernalischem Anfeuern meiner drei meine letzten Bierreserven vernichtenden Nachbarn, der 4cm Mount Everest mutig angegangen… in Superzeitlupe dreht sich das vordere linke Rad auf die Schwelle und eine geschätzte tausendstel Sekunde vorm sicheren Ziel stellt sich das Fahrzeug ab… hat wohl zu lang gedauert. Ich drücke zum gefühlt 500sten Mal auf dem Handy auf „Vorwärts“ und mit dem Lösen der Bremse rutscht das MS den gewaltigen „Berg“ wieder komplett hinab und versucht es noch einmal… und noch einmal und : Aus. „Einer geht noch, einer geht noch rein“ grölt das Publikum deutlich angeheitert, während Kevin den Bremsstaub aus den Felgen des Audi mit den Händen aufwischt und großzügig auf dem arktikweißen Lack verteilt. Ich zwänge mich in den Tesla und noch bevor der Fahrersitz seine individualisiert abgespeicherte Position eingenommen hat, habe ich die Vorderachse in der Garage und die Spiegel noch weit genug vom Rahmen entfernt, um noch mit einigen Verrenkungen, die meines Alters eher nicht mehr würdig sind, wieder ins Freie zu gelangen. Den Rest sollte er jetzt aber wirklich schaffen, doch auch die Hinterachse schaft die Schwelle nicht.
Ungefragte Schützenhilfe kriegt das im Autoparkmodus leistungskastrierte Fahrzeug nun trotz meines lautstarken Protestes von der versammelten Bierfraktion, die mit „1-2-hau-ruck“ das Heck begrapschen, als müsse Santa Claus nebst Schlitten aus einer Gletscherspalte geborgen werden. Der gehörige Schrecken, den diese Aktion meinem Zweieinhalbtonnen-Sensibelchen einjagt, lässt es sich gleich wieder abstellen. Hier kommt nun erschwerend der Fakt zu tragen, dass die 0815-Beton-Aus-einem-Guß-Fertig-90er-Jahre-Garagen leider LTE und WLAN-Signale vermutlich ebenso perfekt abschirmen wie den radioaktiven Fallout im unwahrscheinlichen Falle, dass Kollege Trump auf der anderen Seite des Teichs den falschen Knopf drückt. Die App zückt eine Fehlermeldung nach der anderen, warum ein Kommunikationsaufbau mit dem Fahrzeug derzeit nicht möglich sei und mein banger Blick auf das Garagentor wartet nur noch darauf, dass der Homelink das Fahrzeug bereits nach nur 20 Minuten Rangiererei im Stall wähnt, das Tor zufährt und somit mein Dach eindrückt, aber dazu kommt es nicht mehr, weil ich schon entnervt wieder im Auto sitze, manuell wie vor 100 Jahren die letzten Meter in die Garage zirkele und das Tor zufahre: So bin ich meine verhassten Nachbarn los und kann mich zugleich in meinem geliebten Auto, aus dem ich in meiner Normgarage eh nicht beschädigungsfrei aussteigen könnte, endlich zur Ruhe legen… muss ja morgen eh wieder zur Arbeit und vielleicht taugt das Hemd ja noch für nen zweiten Tag, aber ein Bier, das wär jetzt schön…

Alles fast exakt so passiert: ja, ich weiß, dass das MS nur Hindernisse bis 2,5 cm im Autoparkmodus schaffen können muss, aber - mal ehrlich - dann können 90% der Kunden die Funktion daheim nicht nutzen. Kann man irgendwas rekalibrieren, irgendwas ändern? 10 - was sag ich - 5 PS mehr Leistung im Autoparkmodus und alles wäre gut… Bin für jeden Tipp dankbar und : Nein, ich werde nicht das der Stadt gehörende Bordsteinchen absenken oder die Stahlschwelle des Torrahmens aus meiner Garage herausflexen.

Mit entnervtem - aber dennoch - amüsiertem Gruß :wink: ,
Euer Creeeter

Rausfahren klappt gut, beim Reinfahren hab ich quasi die selben Erfahrungen wie Du. Was besonders seltsam ist: Ein EV kann ja verzögerungsfrei die Leistung regeln. Meine Garage hat auch einen ca. 1cm Hubbel, und da muß man das Model S beim Reinfahren auch immer „anfeuern“ um den zu überwinden. Dann macht es aber einen ordentlichen Satz, und man kriegt teilweise einen Schreck, ob es dann nicht hinten in der Garage irgendwo gegenfährt.
Ich hab die Vorstellung, man kann in Zukunft vor dem Haus aussteigen, und der Tesla fährt dann von selbst in die Garage, erstmal aufgegeben. Das geht zwar, dauert aber viel zu lange und man muß immer ganz nah danebenstehen.

Die Diskussion gab es hier oder im TMC schon mal, hab aber gerade keine Lust den Link herauszusuchen, deshalb aus der Erinnerung:

Das ist kein Problem der Regelung der Motorleistung, sonder ein Problem der Sensorik. Da die Ultraschallsensoren kleine Hindernisse nicht verlässlich erkennen und bei Summon auch nicht sichergestellt ist, dass ein Mensch den Fahrweg überwacht, hält das Auto bei sehr geringen Widerständen an.

Gruß Mathie

Sehr schön geschrieben, leider kann ich dir nicht helfen, da mein altes MS die Autopark- Funktion nicht hat. Wie wäre es, die Nachbargarage zu kaufen, die Trennwand herauszubrechen und eine Doppelgarage daraus zu machen? Dann kannst du wieder selbst hereinfahren, bequem aussteigen und hast sogar noch Platz für einen Kühlschrank, um das Bier zu kühlen… :mrgreen:

Danke für die plausible Erklärung, Mathe…

Ich denke, ich muss mich mal bei Tesla bewerben: Man könnte völlig problemlos eine Softwarelösung schreiben, die solche Hindernisse einmalig per Fahrerwunsch überwindet und sich dann die Entscheidung merkt - unabhängig von den Ultraschallsensoren.

Für mich ist das System so leider unnutzbar - ein Armutszeugnis für Tesla, wenn man den Aufpreis für das Autopilot Paket bedenkt.

Lieben Gruß
Creeeter

Danke für die unterhaltsame Schilderung, mir dauert das Autoparken auch viel zu lange, hin und wieder leiste ich es mir mal. :mrgreen:

Also ich mach das nicht zuhause aber immer wenn ich bei meinem Eltern zu Besuch bin. Da fahre ich bis direkt vor die Garage, Vorderräder schon fast an der Garagenkante, steige aus und parke per Handy. Und die Garage ist echt super eng. Ausgefahrenen Spiegel wären schon ein Problem.
Der Absatz ist vielleicht 1cm, den erster erklimmt er schon langsam aber in einem Zug. Und der Rest klappt dann auch zügig.

Mir ist nur schon passiert, dass er nicht aussparen will. Das ist dann echt ein Problem, weil man dann über die Heckklappe einsteigen muss. Gymnastik am Morgen gratis.

In den USA darf der Tesla ganz alleine einparken, man muss es nur noch im Display einschalten:

m.youtube.com/watch?v=xceRWwKlV … e=youtu.be

Und, kommt er dann auch selber wieder raus ? Oder dann auch nur über die App ? In USA geht Summon auch über den Schlüssel.

Bei mir hat ein Niro-Blechwinkel geholfen!
[url]https://tff-forum.de/t/ladestation-in-d-65510-idstein/258/1] 3. Beitrag
[url]Tesla Roadster VIN 597] 3. Beitrag

Danke für den äußerst unterhaltsamen Beitrag; an dir ist ein Schriftsteller verloren gegangen.

Ich habe nach wenigen Versuchen mein Dickschiff zum (mehr oder eher weniger) Selberfahren zu motivieren, längst aufgegeben.
Da er auch das Autoparken beharrlich verweigert, indem er praktisch alle einladenden Parkplätze hartnäckig ignoriert (mit oder ohne danebenstehenden Autos) mache ich alles so wie früher.
Wegen dieser Kinkerlitzchen hab ich ihn schließlich nicht gekauft :laughing: