Neue Studie zur Lebensdauer von NCA Akkus in E-Fahrzeugen

Vor kurzem habe ich eine neue Studie gefunden die doch einige der Dinge die hier im Forum bezüglich der Batterielebensdauer diskutiert werden experimentell untersucht hat und teilweise überraschende Ergebnisse ergab. Diese machen auch einige Änderungen die Tesla über die Zeit hinsichtlich Behandlung der Batterie vorgenommen hat, verständlicher.

Impact of Dynamic Driving Loads and Regenerative Braking on
the Aging of Lithium-Ion Batteries in Electric Vehicles
Peter Keil and Andreas Jossen
Institute for Electrical Energy Storage Technology, Department of Electrical and Computer Engineering, Technical University of Munich, 80333 Munich, Germany

Damit nicht jeder den sehr langen Text lesen muss möchte ich die wesentlichen Erkenntnisse daraus hier im Beitrag darstellen. Wenn die Details interessieren dann kann man ja den kompletten Text lesen.

Grundlage für die Tests ist die Verwendung von Panasonic NCR18650PD Zellen. Diese dürfte mehr oder weniger der Urvater der heutige Tesla Zelle sein, so dass das Verhalten in den Tests doch relativ ähnlich ist, auch wenn wohl Tesla in Zusammenarbeit mit Tesla einige Verbesserungen vorgenommen haben dürfte.

Anstatt wie in anderen Tests einen konstanten Strom zum Laden und Entladen zu nehmen, wird hier der American US06 driving cycle verwendet, der als worst case Szenario gesehen wird, da sehr viele starke Beschleunigungen und Verzögerungen vorkommen.

Die folgenden Parameter wurden variiert:

  • Variation der stärke der Rekuperation
  • drei verschiedene maximale SOC levels (3,7V/45%, 3,9V/68%, 4,1V/87%)
  • Entladetiefe (24,8% ohne Rekuperation, 20,4 % mit höchster Rekuperation, 2x, 3x)
  • Temperatur (10° C, 25° C, 40° C)

Zusätzlich wurde die kalendarische Alterung mit den Parametern für die Laufzeit der Tests bestimmt um die zyklische Alterung und kalendarische Alterung voneinander unabhängig bewerten zu können.

Hier ist die Übersicht aller Tests:

Ein US06 Zyklus entspricht etwa 13 km und es wurden immer mindestens zwei solche Zyklen gefahren bevor die Zellen wieder auf die Zellen wieder auf den maximalen SoC für den Zyklus geladen wurden. Ohne Rekuperation wurden damit immer etwa 1/4 der Zellkapazität entladen. Ein Equivalent Full Cycle entspricht einer Distanz von ungefähr 100 km. Es wurde bis zu einer Distanz von 2000 EFC (200.000 km) gemessen.

Temperatureinfluss

Nach 50.000 km ergibt sich eine Degradation von etwa 5,5 % bei niedrigem SoC, 6,3 - 7,2 % bei mittlerem SoC, und 8 - 12 % bei hohem SoC. Neben dem Cycle Aging hat auch die kalendarische Alterung einen deutlichen Einfluss, insbesondere bei hohem SoC und hohen Temperaturen. Dies wurde ja auch schon in anderen Studie festgestellt. Aber besonders interessant ist das hohe Cycle Aging bei 10° C und hohem SoC. Ganz generell kann man sagen dass die beste Performance bei etwa 25° C erzielt wird. Bei niedrigeren Temperaturen ist zwar die kalendarische Alterung niedriger, es nimmt aber die zyklische Alterung zu, bei höheren Temperaturen dominiert die kalendarische Alterung.

Der Innenwiderstand der Zellen hat sich nur um etwa maximal 15 % verschlechtert, wobei die Veränderung bei 10° C am größten war. Dies ist weitgehend unabhängig vom SoC.

Einfluss der Rekuperation

Bei 40° C und Low/Medium SoC gibt es nahezu keinen Unterschied bei unterschiedlich starker Rekuperation. Bei High SoC ergibt sich dagegen dass die Degradation umso geringer ist je höher die Rekuperation ist. Dies dürfte sich damit aus der geringeren Entladetiefe ergeben. Bei 25 und 10 ° C ergeben sich größere Unterschiede. Interessant ist hier wieder der Wert bei 10° C und High SoC. Wird ohne Rekuperation gearbeitet dann ergibt sich die höchste Degradation, bei maximaler Rekuperation die geringste Degradation.

Einfluss der Entladetiefe

Diese Tests wurden jetzt mit 1200 EFC (120.000 km) und unbegrenzter Rekuperation durchgeführt. Das beste Ergebnis wurde mit Low SoC und nur nur 20 % Entladetiefe erzielt. Auch hier ist wieder der Test bei 10° C interessant, denn hier gibt es vorzeitige Ausfälle von Zellen, bei hohem SoC und großer Entladetiefe.
Ganz generell ist das Laden auf hohen Ladestand mit darauf folgender großer Entladetiefe eine Ursache für eine hohe Degradation. Hier gibt es auch einen signifikanten Anstieg des Innenwiderstandes was bei hoher Belastung zu einem starken Spannungseinbruch führt.

Fortsetzung im nächsten Beitrag

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Langzeittest

Der Langzeittest geht jetzt über etwa 200.000 km bei 25° C. Hier wird die starke Abhängigkeit von der Entladetiefe deutlich. Je höher der SoC und je tiefer die Entladung umso stärker ist die Degradation. Allerdings kann ein Teil des Verlustes durch Pausen wieder zurück gewonnen werden.

Der Innenwiderstand steigt insbesondere bei hohem Ladestand und großer Entladetiefe an…

Zusammenfassung

  • Zyklische Alterung reduziert sich mit der Temperatur, wobei es bei 10° C aber auch zu einer beschleunigten Alterung kommt.
  • Rekuperation verbessert die Zelllebensdauer
  • Die Entladetiefe ist ein dominierender Fakter bei der Degradation, insbesondere bei hohem SoC.
  • Kapazitätsverluste reduzieren sich wieder langsam in Nutzungspausen.

Möge jeder seine eigenen Konsequenzen daraus ziehen. Ich werden jedenfalls dafür sorgen, dass die Batterie immer gut vorgeheizt wird, weiterhin nur so viel laden wie unbedingt nötig und möglichst flache Zyklen fahren.

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Vor dem Hintergrund macht die Ladekurve des 100er ganz viel Sinn. Ich fahr jeden SuC an, lade nur so viel wie ich gerade eh „zu tun“ habe und dann weiter. Da durch das man im Bereich zwischen 15% und 60% immer volle Ladeleistung am Anfang hat, verliert man auch keine Zeit mal abgesehen von den An-und Abfahrten zum SuC.
Zuhause lade ich jeden Tag vor Abfahrt die ca. 20% die ich am Tag vorher verbraucht habe, auf 70%. Dadurch ist der Akku warm und wenn das Auto tagsüber bzw. nachts steht dann immer so mit SOC 50%-60%. Jetzt kommt ja auch noch eine verbesserte Vorheizfunktion, so das man den Akku wenn er tagsüber gestanden hat und nicht am Kabel hängt besser vorheizen kann. Mit Software .48 war das bei Temperaturen mit etwas über null durch die Kabinenklimatisierung ja nicht oder wenn nur sehr wenig der Fall.

Vielen Dank dafür.

Auch vielen Dank.
Jetzt wird mir klar warum meine Batterie getauscht wurde.
Habe eine dauerhafte neue bekommen.

Ich bin mit meinem 85er von zuhause voll losgefahren 100% und dann bis auf 0-3% zum SUC. Das mehrmals im Jahr wenn ich Langstrecke gefahren bin.
Jetzt ist mir klar das das den Accu gestresst hat.
Zum Glück gibt es die Garantie und ich bin jetzt so schlau es nicht mehr zu tun.
Neue Batterie ist 1 Monat alt.
Grüße Martin.

Das ist doch kein Problem. Die besseren Resultate der Zellen, die mit flachen Zyklen (z.B. zwischen 60 und 40%) erzielt wurden kommen daher, dass diese Zellen sich 100% ihrer Lebenszeit eben zwischen 40 und 60% befanden.

Eine Zelle, die ich fortwährend von 100 auf 0% runterbrauche verbringt theoretisch 80% ihrer Zeit aussherlab der oben genannten Bandbreite.

Wenn du nun aber 10x im Jahr von 100 auf 0% fährst, bist du gesamthaft vielleicht 24 von Total 8’760 Stunden im Jahr ausserhalb der optimalen Bandbreite, also gerade mal 0.27% der Gesamtzeit. Heisst so viel wie da geht gar nichts kapputt deswegen und die deshalb anfallende Degradation ist wohl kaum messbar.

Darauf zu verzichten ist wirklich unnötig. Dafür hast du ja ein Modell S 85, damit du ab und an die vollen 400km fahren kannst wenn benötigt.

Wenn das so schädlich wäre, wäre ein e-Auto für viele nicht lange nutzbar. Für mich ging es dann nur über Leasing um sich nicht schon bald mit dem Akku ärgern zu müssen.

Du hattest einfach nur Pech :wink:

Vielen Dank für die Informationen.
Wieder viel gelernt
Ove

Soweit die Theorie. In der Praxis sind nach 350’000 km noch 93 % Kapazität da:

teslanomics.co/what-is-the-life … l-it-last/

@egn
Auch von mir ein Dankeschön für die Zusammenfassung dieser umfangreichen Studie.
Sie erklärt, warum Tesla empfiehlt, immer und überall das Auto an einen Ladestecker zu stecken, obwohl das den Vampire Loss deutlich erhöht: sie wollen einfach die Entladetiefe minimieren wo immer es geht.
Auch der Grund für die halb inoffizielle Empfehlung, nur auf max 70% zu laden, sofern es für den Anwender akzeptabel ist, ist in der Studie zu finden.
Gruss
Peter

Komplett in line mit der Theorie. Einfach nicht heiß bei 100% SoC stehen lassen und nicht unnötig ganz leer fahren. Wenn es aber mal passiert kein schlechtes Gewissen haben.

Hätten Notebooks ein BmS welches sie im Standardfall nur bis 80% lädt und man könnte einen „Mobile use“ Knopf 20 Minuten vor Abstöpseln drücken für 100% würden die Akkus auch ewig halten.

Quelle?

Elon Musk und Tesla-Webseite. Ca. Ende 2015/Anfang 2016, daneben Jeff Dahn natürlich: youtube.com/watch?v=pxP0Cu00sZs.
Der arbeitet jetzt bei Tesla.
Ist hier im Forum verlinkt bzw. Thema gewesen, 100 % sicher. Finde das gerade nur selber nicht mehr.

das mit den höchstens 70% voll stehen lassen, hatte ich schon längst vermutet. (ich hatte dazu vor einigen monaten bereits hier geschrieben). dazu wurde in anderen foren auch immer so einhellig geraten. (z. b. pedelec-forum. das sind viele akku-selbstbauer und echte freaks unterwegs). die 80-85%, die das ständige halten am netz mit sich bringt und von tesla empfohlen wird/wurde sind demnach bereits viel zu kritisch.
andererseits finde ich die ergebnisse zu den übrigen aspekten (tiefentladung, flache zyklen, temperatureinfluss usw.) eher verwirrend bis widersprüchlich. in früheren fundierten beiträgen hier mit damals zitierten untersuchungsergebnissen kamen nämlich z. t. weniger beunruhigende nachrichten heraus.

„wissenschaft ist halt immer nur der letzte stand des irrtums.“ :wink:

allen X-fahrern - und nat. allen anderen menschen - ein neudeutsches merry Xmas!

Auch von mir ein Dankeschön an egn!

A.K

Ihr dichtet Euch wieder was zusammen. Es gibt da keine Werte bei den von Tesla im GUI für die konkreten Zellen empfohlenen 80% SoC. Solche Aussagen sind also nicht gedeckt durch die Daten. Das Tesla die Grenze bei 80% zieht ist für mich der Hinweis das für die Tesla Zellen dort der Unterschied im Kapazitätsverlust über 250tkm noch immer vernachlässigbar ist, ähnlich dem Med. SoC Bild hier. Zudem sind 250tkm für viele wie mich schon mehr als 15 Jahre, so lange hält die Kiste eh nicht. Somit ist aus diesen Daten denke ich abzuleiten das Tesla für ihre Zellen bewusst 80% gewählt hat und hier der Einfluss des Stand SoC vernachlässigbar ist.

Hier.

Jeff Dahn von der Dalhousie University hat ein sehr spannendes (aber langes) Referat zum Thema gehalten:
youtube.com/watch?v=9qi03QawZEk

Das war noch vor seiner Zeit bei Tesla. Mittlerweile kann Elon & the Gang ganz direkt von seiner Expertise profitieren. :sunglasses:

viel Theorie und wenig Praxis, diese sagt bei den 85er Akkus und nur diese haben zur Zeit genügend Laufleistung, mit der damals einzigen Vorgabe, max 90% bei stehen lassen funktioniert dieses Pack prima.
Die nachrangigen Bedingungen, wo ich persönlich als erstes, stresst das Akku nicht bei niedrigem Ladestand, nennen würde, sind so nachrangig das wenige hier die Unterschiede auf die Kapazität spüren würden.
Wie Leto anmerkte ein Leasing Fahrer (erst Recht mit 100er Akku) merkt da nix.
Wer wirklich vor hat seinen Wagen über 10 Jahre und länger zu behalten und viel zu fahren, dem würde ich empfehlen nachgelagerte Bedingungen bei Bedarf zu beachten, allen anderen kann ich nur sagen, fahrt erst mal :wink:

Meine These ist eh bevor die Zellen fliegen gehen muss das Akku Pack in die Revision, so wie es heute schon bei den 85er der Fall ist.
Bei der zweiten oder 3. Revision dann ausserhalb der Garantie rechnet sich eh dann das neue Pack oder der neue Wagen. Oder anders ausgedrückt, die Zellenlanglebigkeit ist heute schon höher als das des Akkupacks

Seh ich auch so. Da wird sich dann zeigen, wie viele Betriebe das können und zu welchem Preis solche Reivisionen angeboten werden.

Auch wenns leicht OT ist: Früher (unter Windows ?) konnte mein mein NB das sogar. Leider ist genau dieses Feature seit dem Update nicht mehr verfügbar - mit dem Resultat, dass mein Akku letze Woche das Zeitliche gesegnet hat.

Was mich dann aber ein bisschen nachdenklich gestimmt hat: bei den Elektroautos wird viel über die Rohstoffe in den Akkus geredet und geschimpft. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Notebook (und andere) Akkus jedes Jahr zu früh entsorgt werden müssen, nur weil kein vernünftiges BMS möglich ist,…