NEFZ oder die verfügbaren Kapazität des „60kWh“ - Akkus

Ermittlung der verfügbaren Kapazität des „60kWh“ - Akkus im MODEL S 60
ODER
Kann man sich auf die Tesla-NEFZ-Angabe = 400km verlassen?

Alles nichts Neues, aber ich wollte es mal selbst ausprobieren.

Bei einer Testfahrt am 23.5.2017 habe ich versucht, die NEFZ-Verbrauchsangabe (400km Reichweite des Model S60) zu unterbieten und gleichzeitig eine Kapazitätsabschätzung des neuen Akkus (das Auto ist mit ca.1000km brandneu) durchzuführen. Dies ist eine grobe Abschätzung, die Ungenauigkeiten der Anzeigen wurden nicht berücksichtigt. Des Weiteren wurde davon ausgegangen, dass die eingeladene Kapazität der nutzbaren Kapazität entspricht und dass die 12V-Verbraucher - ca. 600W/h - NICHT in die kWh-Anzeige rechts im Display eingehen, mehr dazu siehe unten.

Das Ergebnis: Der Akku besitzt eine nutzbare Kapazität von 61,7kWh, d.h. die Schutzreserven (Brick-Capacity + ca. 10-15km) kommen noch hinzu.

Der NEFZ-Verbrauch wurde um 15 km netto überboten, zusätzlich wurde noch eine Höhendifferenz von 350 m gefahren, was ungefähr 2,4kWh und damit ca. 17 km entspricht. Rechnerisch ergibt sich daraus ein Plus gegenüber NEFZ von 8%

Der 60kWh Akku war damit, wie schon mehrfach festgestellt, zum damaligen Zeitpunkt erste Wahl im Preis-Leistungsverhältnis.

Ich habe diese Messung sozusagen als „sportliches Event“ gemacht. Das Fahrprofil (siehe Bild 2) ist sicher etwas praxisfremd, denn die meisten fahren ja doch schneller. Es zeigt jedoch, dass unter den angenommenen Vorraussetzungen der NEFZ-Verbrauch leicht erreichbar ist und man trotzdem kein Autobahnhindernis ist.

Nachfolgend die Messungen und Überlegungen, die zur oben genannten Aussage führten:

Ausgangslage Testfahrt am 23.5.17 von Dietzenbach zum SuC nach Schweitenkirchen:

Gestartet wurde mit 100% Ladung entsprechend 405 km RR bei 1192km um 6:20Uhr, siehe Bild 1.
In Schweitenkirchen mit 19% entsprechend 77 km RR um 11:40Uhr bei 1494km angekommen, siehe Foto 3 (Delta km = 342, ca.1% Differenz zwischen Routenplaner und km-Anzeige). Das Fahrprofil war so angelegt, dass ich von den deutschen Lastern, die technisch auf maximal 88km/h begrenzt sind, nicht überholt werden muss, damit ich auf der Autobahn kein Hindernis darstelle. (Bild 2)

Delta t = 11:40 – 6:20= 5:20Std. Davon ca. 30min auf Autobahn wegen Stau abgestellt, reine Fahrzeit=4:50= 4,833Std;
Verbrauch für 12V-Verbraucher = Anzeigen, Lüftung, Sonstiges ohne Heizung/Klima ungefähr 600W/Std ergibt 600 x 4,833 = 2,8 kWh

Gefahrere Strecke: 339 km, d.h. 100% entspräche 415 km Range, d.h. die Fahrt wurde ca. 3,75% wirtschaftlicher gefahren als der RR = NEFZ, welcher mit 400km angegeben wird; zudem liegt Schweitenkirchen (508m ü.NN) ca. 350 m höher als Dietzenbach (150m ü.NN) (entspricht ca. 2,4 kWh) und es waren Staustandzeiten von 15 + 30 min zu bewältigen.
Temperatur Fahrtanfang: 13C°, am Ende 24C°. Kaum Klimaanlage im Einsatz, nur Gebläse, Wind war gering < 10km/h.

Nach der Fahrt wurden am SuC Schweitenkirchen bei 94kW Anfangs- und 31kW Endleistung 50 kWh eingeladen, angezeigt nach der Volladung um 12:24Uhr, siehe Bild 4.

Verbraucht wurde laut Anzeige für die 339/342km Fahrstrecke bei 138Wh/km: 47,3 kWh
Dieser Wert betrifft (vermutlich) nur den reinen Fahrbetrieb, hinzu kommen also noch die 2,8 kWh für Lüftung und Sonstiges. 47,3 + 2,8 = 50,1 kWh.

50 kWh entsprechen also 100% - 19% = 81% daraus folgt 100%Kapazität sind dann 50/0,81 = 61,72kWh
Das heisst, dass 61,72kWh ausfahrbar sind, nach verbrauchten 61,72 kWh ist die Reichweite bei 0, danach käme dann noch die „eiserne Reserve“ (diese wurde von Beatbuzzer und Segwayi2 allerdings beim 85kWh mit ca. 15 km ermittelt)

Diese von mir ermittelten ausfahrbaren 61,7kWh stimmen gut überein mit den 62kWh Kapazität aus diesem Video see:

youtube.com/watch?v=ywaTg1dpNS0

Fazit: der angebliche 60 kWh Akku hat etwa 62kWh ausfahrbare Kapazität, hinzu kommt noch die „eiserne Reserve + die nicht anzutastende „Brick-Capacity“ die im Akku immer verbleiben muss damit dieser keinen Schaden nimmt.

Anmerkung: die Ladenverluste, die ca.10-12% betragen, entstehen „vor“ dem angezeigten Einladewert und bleiben daher hier unberücksichtigt.
Falls meine Annahmen irgendwo falsch sind, bitte ich um entsprechende Kommentare.

Allseits gute Fahrt,

Gruß

Peter




Wieso so aufwändig? Der User wk057 hat das BMS von Tesla gehackt und die dort hinterlegten Infos ausgelesen:

• Original 60 – ~61 kWh total capacity, ~58.5 kWh usable.
• 85/P85/85D/P85D – ~81.5 kWh total capacity, ~77.5 kWh usable
• 90D/P90D – ~85.8 kWh total capacity, 81.8 kWh usable
• 100D/P100D – ~102.4 kWh total capacity, 98.4 kWh usable
• Original 70 – ~71.2 kWh total capacity, 68.8 kWh usable
• 75/75D – 75 kWh total capacity, 72.6 kWh usable
• Software limited 60/60D – 62.4 kWh usable
• Software limited 70/70D – 65.9 kWh usable
(via TMC, wk057)

Darauf oder auf das Verhältnis der NEFZ-Reichweiten würde ich einen allfälligen Kaufentscheid abstützen. Aber sicher nicht auf die blosse Zahl am Heck des Fahrzeugs.

erst mal Danke, sehr interessant Eldiac. Vor allem das man NEFZ mit 88kmh als max Tempo fahren kann (oder habe ich das falsch verstanden)
Mit der Berechnung meiner Akku Kapazität hab ich so meine Probleme. Ich kann deine Rechnung schon nachvollziehen, nur, sorry falls ich es überlesen habe, hast du den Faktor der eingestellten Reku berücksichtigt? Mir ist bei meiner letzten Langstrecke aufgefallen das ich rechnerisch 76kwh Akku haben müsste (nach Teslafi gerechnet nicht nach Instrument-Cluster, also unter Berücksichtigung aller Verbräuche). Das was die Reku wieder einspeisst erscheint bei allen Rechnungen ja als „mehr“ an Akku Kapazität und vergrössert virtuell den Akku.

Nichts desto trotz, die schiere Reichweite bei langsamer Fahrt die ein Model S erreicht ist schon erstaunlich

@tornado7 Danke für Deinen Beitrag; ja warum so aufwändig? ich wollte es selbst mal nachmessen und wie gezeigt, komme ich bei einem neuen Auto auf etwas andere Werte als User wk057.

Er kommt auf nutzbare 58,5 kWh, ich auf 61,7kWh. Das war für mich erstaunlich.
Da ich inzwischen auf „75 kWh“ aufgerüstet habe, werde ich demnächst unter vergleichbaren Umständen eine neue Messung machen. Es sieht aber jetzt schon so aus, dass ich im Gegensatz zum 60er beim 75er deutlich unter dem Nominalwert liegen werde.

@segwayi2:Das mit den 88km/h hast Du richtig verstanden. Mit dem Tempo bin ich größten Teils gefahren, ausser in Baustellen oder wo es staute, gelegentlich habe ich auch mal auf 100km/h kurzzeitig beschleunigt um eine Entzerrung des Verkehrs zu bewirken.

Die Rekupation habe ich auf den höheren, sprich „Standard“ - Wert eingestellt. Man muss aber leider feststellen, dass jede Berg - und Talfahrt, bei der Rekupation zur Anwendung kommt, den Durchschnittsverbrauch gegenüber einer völlig ebenen Fahrt erhöht. Der normale Wirkungsgrad des Motors liegt irgendwo zwischen 90 - 95%, als Generator sind es nur geschätzte 60%. Wollte man optimal fahren, wäre eigentlich eine Stecke zu wählen, wo nie Rückgewinnung einsetzt! Aber bitte nicht missverstehen: Ich finde die Rekupation wirklich toll, 60% Rückgewinnung sind allemal besser als 0%, was ich ja beim Verbrenner hätte.

@tornado7 sorry, habe mich vertan; WK 057 kommt beim FL 60er auf 62,5kWh.

Den Wert habe ich nicht gesehen, aber die Größenordnung beider Messungen passt gut zusammen.

Dies bestätigt auch die Annahme, dass rechts im Display nicht die Verbräuche des 12 V Netzes (bei meiner Fahrt ca. 2,8kWh) eingeschlossen sind.

Wo ist mein Denkfehler?

ich habe auch einen 60D und nach gefahrenen 191 km eine Verbrauch von 41,5 kWh seit dem letzten Laden.
In der Energy-App bekomme ich die letzten 50km einen Durchschnittsverbrauch von 176Wh/km und eine daraufhin geschätzte Reichweite von 90km nach Durchschnitt angezeit.
Somit sollten im Akku noch 176 Wh/km * 90 km = 15,84 kWh sein.

Ich komme dann aber nur auf einer nutzbaren Kapazität von 41,5 kWh + 15,84 kWh = 57,34 kWh.
Ich hatte auch mal bis auf 10km Restreichweite runtergefahren und auch da war der Verbrauch seit dem letzten Laden unter 60kWh.

Dein Durchschnittsverbrauch über die 191 km liegt bei 217 Wh/km. Langsam bist Du nur die letzten 50 km gefahren, als Dein Verbrauch bei 176 Wh/km lag. Da hast Du 8,8 kW verbraucht. Dein Durchschnittsverbrauch auf den vorherigen 141 km lag also bei fast 232 Wh/km ((41500-8800)/(191-50)).

Höherer Verbrauch / höhere Geschwindigkeiten bedeuten höhere Ströme, wodurch die Verlustleistung zunimmt. Von der verfügbaren Kapazität kannst Du also effektiv weniger nutzen. Daher kommst Du rechnerisch auf eine niedrigere Kapazität.

Danke für die Erläuterungen.
D.h. wenn ich für die 12V Verbraucher für die 2 Stunden fahrt ca. 1,6 kWh ansetze, komme ich auf 59 kWh und somit ca. 3,5 kWh Verluste, was in etwa 5% entspricht.

Die sollten dann aber meiner Meinung nach bei den verbrauchten kWh seit der letzten Ladung mit dabei sein.

Aber bei den Verbrennern ist das ja auch so, sonst müssten die einen Verbrauch von ca. 1-2 l auf 100 km anzeigen :laughing:

Nicht angezeigt werden die kWh, die im Batteriepack beim Entladen (und beim Rekuperieren) verbraten werden. Die Verlustleistung im Batteriepack ist P = I² * R. R ist der Innenwiderstand (der ist sehr niedrig) und I ist der entnommene Strom. I geht quadratisch ein. Doppelter Strom bewirkt vierfache Verluste im Batteriepack. Daher sind bei gleichmäßiger und behutsamer Fahrweise mehr kWh aus dem Pack entnehmbar.

Ist es wirklich soo schlimm beim Asynchronmotor? Also dass er als Generator nicht soo dolle ist, ist mir bewusst. Aber gleich um 1/3?

Vielleicht muss man den Begriff Wirkungsgrad noch mal definieren und nicht nur den Motor als „Generator“ betrachten.
Ich habe Verluste des Motors beim Schieben = Strom erzeugen. Dann habe ich die Ladeverluste beim Speichern in die Batterie.
Bezogen auf die Situation, wenn ich die Rekuperation vermieden hätte, sieht die Betrachtung noch mal erheblich schlechter aus:

  1. Verluste beim zuviel Entnehmen (Motorwirkungsgrad + Batteriewirkungsgrad)
  2. Verluste beim Generieren (1 minus Teilwirkungsgrad Motor+Elektronik), den Du zu Recht besser als 60-66% ansiehst)
  3. Verluste beim Speichern in die Batterie.

Die gleiche Situation habe ich auch bei einer Berg-und Talfahrt. Horst98 alias Lüning hat eine Passfahrt über mehrere Pässe dokumentiert und kommt im Schnitt auf glaube ich 185 Wh/km, wobei die Berge raus gerechnet wurden; bei dem Tempo (40-50er Schnitt) hätte er sonst vielleicht nur 130 Wh/km gebraucht. der Rest ist natürlich etwas mechanische Bremse, der Großteil jedoch Wirkungsgradverlust im Rekuperieren…

Bei meiner Aussage kam es mir auf die Größenordnung des Gesamtsystems an, vielleicht etwas undeutlich formuliert…

Gruß

Peter

Ja, dann kommen wir überein. Zusammen mit Umrichter, Akku und dem potenziellen „Zu-viel-Verbrauch“ sehe ich 1/3 auch als realistisch.