ZEV-Credits

Der an anderer Stelle verlinkte Heise-Artikel bezüglich Bilanztricks durch ZEV-Credits ist inhaltlich komplett falsch und irreführend. Tesla hätte jeden Grund gegen Heise.de wegen Rufschädigung zu klagen.

Entweder erhält der Heise-Verlag einen fetten Rabatt bei der Bestellung der nächsten Dienstwagen eines deutschen Herstellers oder der Autor ist von minderer Intelligenz und ist selbst bei einfachsten Themen intellektuell überfordert. Ich tippe auf ersteres. Vielleicht gibt es auch einen anderen Grund, mir ist aber keiner eingefallen.

Jedenfalls habe ich die Ausnahmeregel in meinem Werbeblocker für Heise.de entfernt. Ansonsten empfehle ich als EDVler ohnehin andere Seiten mit höherwertigem Inhalt z.B. Golem.de oder ComputerBase.de

Jetzt zur Erklärung, was es mit den ZEV-Credits auf sich hat (ZEV = Zero Emission Vehicle):
Ursprünglich sind 1998 in Californien ausschließlich wegen der starken Luftverschmutzung (nicht wegen CO2 Limits) Anforderungen für eine Mindestquote von schadstoffarmen Fahrzeugen entwickelt worden. Diese wurden dann in der derzeit gültigen Fassung von 2009 erweitert, so dass aktuell eine Mindestquote von 0,93% - 3,00% (je nach Größe des Herstellers) komplett schadstofffreien Fahrzeugen gefordert wird. Hinzu kommen noch weitere Quoten für schadstoffarme Fahrzeuge, die z.B. auch mit PlugIn-Hybriden und sogar CNG-Fahrzeugen erfüllt werden können. Alle Details finden sich in folgendem 131-seitigen PDF-Dokument:
[url]https://www.arb.ca.gov/msprog/zevprog/factsheets/zev_tutorial.pdf[/url]

Hinweisen möchte ich auf:
1.) S.29 ff, ab der beschrieben ist, wie die Ermittlung der überhaupt notwendigen ZEV-Credits erfolgt. Z.B. müssen große Herstellergruppen (z.B. VW-Konzern) erst oberhalb 60.000 p.a. verkaufter Fahrzeuge in Californien entsprechende Quoten erfüllen.

2.) S.46 ff, in der die verschiedenen Fahrzeugtypen, die ZEV-Credits erhalten, aufgeführt sind und mit welchen Fahrzeugtypen die Quoten erfüllt werden müssen. Z.B. Tesla erhält derzeit pro Model S/X als ZEV-Credits 3 Stück. Der BMW i3 REX hat nur deshalb einen so kleinen Tank, weil in diesen Bestimmungen festgelegt ist, dass die Elektro-Reichweite größer sein muss, als die Benzin-Reichweite um ebenfalls 2,5 bzw. 3 Stk. ZEV-Credits zu erhalten. Der Toyota Mirai FuelCell erhält 7 Stück weil er theoretisch in weniger als 15 Minuten aufgetankt werden kann. Sind die Voraussetzungen erfüllt, dann erhält ein Hersteller die ZEV-Credits von der Behörde zugeteilt.

3.) S.92 ff, ab der die Strafzahlungen in Höhe von 5000,-- $ pro fehlendem ZEV-Credit beschrieben sind, falls die Quoten nicht erfüllt wurden bzw. falls nicht von einem anderen Hersteller ZEV-Credits gekauft werden. Es gibt aber KEINEN allgemeinen Marktplatz für ZEV-Credits, die Hersteller handeln nur direkt 1:1 und jeden Credit-Punkt GENAU EINMAL. Es ist nach den Detailbestimmungen nicht gestattet, gekaufte ZEV-Credits noch einmal weiterzuverkaufen!

Abgerechnet wird aber nicht nach Kalenderjahr sondern nach Modelljahr! Aktuell wurde im 3.Quartal das Modelljahr 2015, dessen Verkauf Mitte 2014 begonnen hat, größtenteils abgeschlossen. Genau daher kann Tesla im 4. Quartal keine weiteren ZEV-Credits mehr verkaufen, weil kein Käufer in Sicht ist. Hersteller werden nämlich vorrangig erst im letzten Moment die, bezogen auf ihre Verkäufe, fehlenden ZEV-Credits kaufen und das liegt dann jedes(!) Jahr im 3. Quartal !!

Was jetzt bei dem zuletzt stattgefundenen Handel von ZEV-Credits passiert ist, kann genau nachvollzogen werden und zwar hier:
[url]https://www.arb.ca.gov/msprog/zevprog/zevcredits/2015zevcredits.htm[/url]

Auf dieser Seite bitte ein wenig nach unten blättern bis zum Bereich „Manufacturer Transfers“. Hier sieht man, dass genau DREI Hersteller bei Tesla ZEV-Credits gekauft haben und zwar Fiat/Chrysler, Ford und Honda, weil sie eben gemerkt haben, dass ihre Verkäufe von schadstoffarmen oder –freien Fahrzeugen für das betreffende Modelljahr nicht ausgereicht haben. Die verlinkte Internetseite wird übrigens gelegentlich aktualisiert, wer die aktuellen Werte aufheben will, sollte sich das in einem PDF lokal speichern.

Wichtig ist dabei, dass Tesla seine ZEV-Credits nicht beliebig verkaufen kann, sondern warten muss, bis ein Interessent anfragt. Der Preis pro ZEV-Credit liegt gemäß Bilanz in etwa bei 2.500$. Die behördliche Strafgebühr liegt hingegen bei 5.000$, die die entsprechenden Hersteller auch an die Behörde hätten zahlen können, wenn sie nicht von Tesla kaufen wollen.

Wen es weiter interessiert, das gesamte Portal für die ZEV-Credits ist hier:
[url]https://www.arb.ca.gov/msprog/zevprog/zevprog.htm[/url]

Und die neuen, verschärften (auch wenn´s auf den ersten Blick nicht so aussieht) Bedingungen ab Modelljahr 2018 sind hier:
[url]https://www.arb.ca.gov/msprog/zevprog/zevtutorial/zev_tutorial_webcast.pdf[/url]

Wen eine umfangreiche Auswertung (Stand 2014) zu den Folgen des ZEV-Mechanismus interessiert, hier der Link:
[url]http://www.efchina.org/Attachments/Report/report-ctp-20141101/zev-credits-regulation-and-cap-and-trade-program[/url]

Nachwort: Die Vorgaben zu schadstoffarmen Verkehr sind in aller erster Linie wegen der Luftreinhaltung und der tausenden vorzeitigen Toten in Californien erlassen worden. Da hierfür einzig und allein die Hersteller verantwortlich sind, sollten sie froh sein, keinen direkten Schadenersatz in Milliardenhöhe leisten zu müssen, schließlich sind z.B. Nanopartikel eine der Hauptursachen(!) für Schlaganfälle und sonstige Herz-/Kreislauferkrankungen und nach neuester Langzeitstudie sind sie sogar direkt korreliert mit erhöhten Todesraten bei Brust-, Bauchspreicheldrüsen- und Darmkrebs. Daher betrachte ich die ZEV-Credits auch nicht als Subvention, sondern als Rabattmarken für unnötige Gesundheitsschäden der Verbrenner.

Und wenn man diese ausgefeilten behördlichen Maßnahmen sowie die Gesundheitsstudien kennt, erscheint die arglistige Täuschung des VW-Konzerns noch viel verantwortungsloser und krimineller als ohnehin schon.

Danke für die ausführliche Erläuterung.
LGH

Danke, gute Arbeit, erleichtert mir sehr, die Übersicht zu behalten.

In Kalifornien ging es schon immer um Luftqualität UND Verlangsamung des Klimawandels. Gerade Treibhausgase sind dort schon immer ein grosses Thema. Steht auch so auf der ARB Webseite.

Das Hauptproblem gerade in Kalifornien ist der katastrophale Zustand der Infrastruktur, der dazu führt, dass der durchschnittliche Kalifornier für eine vergleichbare Strecke wegen Staus deutlich länger den Motor laufen hat, als hier in Deutschland.

Wenn ich mir anschaue, wieviele Dekaden schon am BART in SFO geschraubt wird, werden die ZEV Credits wohl noch bis in alle Ewigkeit verkauft. In jedem Fall gut für Tesla.

Im Übrigen ist an der Luftverschmutzung nicht der Autohersteller allein Schuld, wie hier gerne mal suggeriert wird, sondern vielmehr der Nutzer, der das Auto jeden Tag bewegt.

Aufgabe der Hersteller ist dann aber Schaffung von Alternativen. Da sich da ziemlich viele Hersteller zurückhalten, ist die Verantwortlichkeit IMO deutlicher auf deren Seite zu suchen.

Es gibt ausreichend Alternativen und ich würde mal behaupten, dass die meisten Käufer in der Lage sind, eine Kaufentscheidung ohne fremde Hilfe zu treffen.

Oder trägt der Käufer für gar nichts mehr Verantwortung?

Die ersten Regeln, von denen ich gelesen habe, stammen aus 1998 und dort war immer nur von der Luftverschmutzung die Rede. Vielleicht habe ich aber auch etwas überlesen, ist nicht so wichtig. Erst viele Jahre später ist dann das Thema CO2 hinzugekommen. Allerdings wurden die Luftreinhaltungsprogramme mit dem neuen Gouverneur 2003 teilweise ausgebremst um nicht zu sagen „terminiert“.

Ich sehe hier die Verantwortung solange bei Herstellern, solange es gangbare Alternativen gibt. Z.B. waren immer schon Benziner mit Saugrohreinspritzung (sog. „Sauger“) viel sauberer und nebenbei auch sehr haltbar. Als Hybrid hätte es vor 10 Jahren viel mehr Motor-Varianten geben können, wenn auch andere Hersteller als Toyota gewollt hätten. Ich habe mir meinen Hybrid vor Jahren jedenfalls als Auto-mobil gekauft und nicht als Immobilie.

Sag ich doch, der Kunde sitzt am langen Hebel, sowohl was die Kaufentscheidung für ein emissionsarmes KfZ angeht, als auch was die Fahrleistung betrifft.

Die ZEV Credits werden ja auch genau dadurch ausgelöst, nämlich durch die Kaufentscheidung eines Kunden, nicht durch den Flottenverbrauch oder die Modellbandbreite.

Das wird in positiven wie negativen Fällen früher oder später auf den Kaufpreis umgelegt, bzw. entlastet die Bilanz beim EV Hersteller. Der Kostenvorteil und -nachteil landet also am Ende beim Käufer, wo er auch hingehört.

Der Hersteller reagiert immer auf die Nachfrage, wir sind ja nicht in der Planwirtschaft. Und auch, wenn das von Tesla Fahrern anders wahrgenommen wird, die Nachfrage nach EV’s ist global betrachtet noch sehr gering, egal ob Bolt, Zoe, Leaf, i3 oder E-Golf.

Wer wirklich emissionsarm und somit umweltfreundlich fahren will, der könnte das schon.

Ich hole mal das Thema wieder hoch.
Warum sind im Q3 2017 die ZEV-Credits so niedrig :question:
Das widerspricht der Aussage von Pasinger:

Quelle

Tesla verkauft die Credits häufig in Wellen. Das ist nichts unübliches. Sie verfallen ja nicht.