EMIL

Es war einmal anno 2013.

In Oberhausen findet ein Bürgertag zum Thema Elektromobilität statt, zufällig im Bereich des Centro und rein zufällig sind wir genau an diesem Tag aus dem Rheinland nach Oberhausen gefahren, um den friesischen Schwiegereltern einmal dieses riesige Einkaufszentrum zu zeigen. Da schleicht sich ein Fahrzeug in meinen Blickwinkel, dass anders als alle anderen hier nicht weiss, nicht eher knubbelig oder irgendwie verformt, klein und wenig Spaß versprühend daherkommt. Eine richtige Limousine, schwarz, groß, tolle Form. Ist das auch ein Elektrofahrzeug oder hat der sich nur verirrt? Ein irritierend riesiger Bildschirm an der Mittelkonsole. Und… wie soll man die Türen öffnen? Da gibt es ja gar keine Türöffner. Das Geheimnis mit dem Öffnen der Türen deckt sich auf, als ein Anzug-Träger daher kommt. Plötzlich gleiten Öffner aus dem Chassis. Und als auch der NRW-Wirtschaftsminister unter Blitzlicht-„Gewitter“ eingestiegen ist gleitet das Fahrzeug lautlos vom Ausstellungsgelände. Wow!

Das war meine erste Begegnung mit einem Tesla und sie ist bis heute unvergessen. Immer wieder kreuzt dieses Fahrzeug und diese Technologie meinen Weg. Ohne aber wirklich einen endgültigen Kaufimpuls zu setzen. Den schafft dann Volkswagen mit seiner offengelegten Abgas-Lüge.

Ende 2015 setze ich mich wieder einmal intensiver mit dem Thema E-Mobilität auseinander, immerhin steht 2016 die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs an. Und lande wie von Geisterhand schon wieder bei Tesla. Ist ja schließlich auch mit Abstand das einzige für Langstrecken-Fahrten ernst zu nehmende E-Fahrzeug. Und wie der Teufel so will, verabredet sich just jener Tage ein guter Freund von mir mit Tesla zu einer Probefahrt. „Ach so“, denke ich mir, „die gibt es jetzt auch hier in Düsseldorf?“ Ende Januar habe auch ich dann meine eigene Probefahrt, enttäuscht über nur eine Stunde, die mal gerade reicht um nach einer netten Einweisung von Düsseldorf nach Leverkusen und zurück zu fahren. Zugegeben, es ist etwas anderes, aber ein wenig desillusioniert bin ich denn doch wieder in meinen Verbrenner eingestiegen… es ist eben in erster Linie auch nur ein Auto. Aber was hatte ich denn überhaupt erwartet? Und irgendwie bleibt eine unbestimmte Faszination.

Und, der Frust am Verbrenner ist zu groß und die Lust auf ein Umdenken ebenso.

Es wird gerechnet, konfiguriert und schnell merke ich: Es ist nicht mehr eine Frage des „Kann ich es mir leisten?“, sondern die Frage lautet: „Will ich es mir leisten?“ Und die Antwort heißt: „Ja, ich will!“ So einfach ist es manchmal einen Prozess abzuschließen. In der Familie gibt es unterschiedliche Strömungen, aber die sind schnell geklärt. Hauptsache meine Frau findet die Idee gut und was soll ich sagen: Zu meiner Überraschung ist sie davon fasziniert. Da wird dann in diesem Fall die Tochter schnell überstimmt. Aber mit ihrem Geburtsdatum auf dem zukünftigen Kennzeichen ist auch sie besänftigt. Nur, dass ich mich gegen den Wahnsinns-Modus entschieden habe, nimmt sie mir bis heute übel.

Ich glaube, der liebe Vertriebsmitarbeiter bei Tesla war etwas überrascht, dass ich innerhalb weniger Tage anrief und den Kauf fix machen wollte. Egal, erfreut war er allemal. Und unsere Vorfreude konnte beginnen, das ständige online gehen und schauen, ob das Fahrzeug schon in die Produktion gegangen ist, YouTube Videos schauen und im TFF-Forum sich kreuz und quer schlau lesen. Ladestationen an meinen gängigen Routen suchen (und finden) und feststellen: „Hurra, es klappt! Und Du kommst überall hin ohne wirkliche Reichweiten-Angst!“

Als ob es so sein soll, läuft ein paar Tage nach meiner Unterschrift unter den Kaufvertrag eine Reportage im ZDF, die das „Problem in Sachen Abgas-Werte“ auch bei anderen Automobil-Herstellern aufzeigt. Alles richtig gemacht, sage ich mir. Diese Bestätigung tut noch einmal zusätzlich gut.

Doch bei allen positiven Aspekten musste ich auch schon die Tücken der Elektromobilität kennenlernen. Natürlich bringt ein E-Fahrzeug nur richtig etwas, wenn Du auch zu Hause laden kannst. Für mich bedeutet das den besonderen Clou: Du kommst nach Hause und steckst DEIN AUTO AN DIE STECKDOSE! Unglaublich! Wie ein Handy. Doch wer installiert mir diese Ladestation? Welche ist überhaupt die richtige? Und wieso haben die so unglaublich unterschiedliche Preissegmente? Was brauche ich, was nicht? Am Ende entscheide ich mich dann für eine ABL eMH1 und hoffe mal, dass das eine richtige Entscheidung ist. Einlesen in eine für mich als Administrator völlig fremde Welt ist angesagt. Soll ich Mobilityhouse mit der Installation beauftragen? Die haben zwar unschlagbar günstige Wallbox-Preise, aber dass ich nur für die erste vor-Ort-Besichtigung schon mindestens 90 Euro zahlen soll und damit das spätere, egal wie teure Angebot ja quasi schon annehmen muss, widerspricht meinem Gedanken vom multiple sourcing. OK Google, jetzt bist Du an der Reihe. Es wird ja wohl Elektriker geben, die die Installation für mich in die Hand nehmen können. Doch weit gefehlt. In unserer Region (obwohl zwischen Köln und Düsseldorf und damit nicht in der Diaspora gelegen) scheint E-Mobilität noch immer etwas Außerirdisches zu sein. Von vier angefragten Firmen sagten zwei direkt ab („Das können wir nicht.“), ein weiterer machte einen Termin mit mir aus, zu dem er dann nicht erschien und erst der vierte erschien auch, gab allerdings zu, dass er sich erst einmal in diese Materie einlesen müsse. Für einen Tesla hatte er noch keine Installation gemacht.

Noch nie in meinem Leben habe ich mich so sehr mit der Peripherie bei einem Autokauf beschäftigen müssen. Brauche ich einen FI-A und/ oder einen FI-B-Schalter und was kosten die eigentlich? Was ist mit Lastschutz? Kann ich das Fahrzeug laden, wenn zeitgleich alle drei Durchlauferhitzer im Hause laufen? Reicht der vorhandene Sicherungskasten aus oder benötige ich einen zusätzlichen? Wo stelle ich die Ladestation am Stellplatz auf und wie schütze ich sie vor Wind, Wetter und unbefugtem Zugang? Wer setzt mir ein geeignetes Fundament nachdem die Kabel gelegt sind? Fundamente setzen für normale Zäune ist ja auch für mich kein Problem, aber für einen 160 cm hohen Standfuß? Das sollte dann doch schon lieber ein Fachmann in die Hand nehmen. Und last but not least: Oh je, der Wagen ist ja auch noch einmal 14 cm breiter als das Firmenfahrzeug meiner Frau. Wie soll man denn auf dem Stellplatz daran vorbei zum Haus kommen? Und was muss ich für ein E-Kennzeichen unternehmen? Man könnte fast wahnsinnig werden. Und, ja, ich gebe es zu, die Lust an diesem Paradigmen-Wechsel verlieren. Aber eben nur fast.

Mittlerweile habe ich einen weiteren Installateur gefunden, der auch Erfahrungen mit diesem Thema hat und für den ich mich aufgrund dessen entschieden habe. Dass der nun den ursprünglichen Bautermin Mitte April auf Mitte Mai verlegen wollte, ausgerechnet auf das Wochenende, an dem möglicherweise mein S90D ausgeliefert werden soll, passt noch ins Bild. Es läuft eben nicht wirklich rund mit der Peripherie-Gestaltung.

Stand heute nun habe ich (hoffentlich) alles zusammen: Unser Tesla hat einen Namen: EM(ob)IL. Er kommt mit den neuen (und aufpreislosen) Standard-Felgen und die stehen ihm gut. Ob auch schon eine Mittelkonsole eingebaut ist, wird eine Überraschung bei der Übergabe sein. Das konnten mir die Mitarbeiter am SeC Düsseldorf nicht sagen. Ansonsten ist sie ja schon als Zubehör bestellt. Weitere Neuheiten im Rahmen des Facelifts sind nicht zu erwarten. Dafür wurde er 1,5 Wochen zu früh gebaut. Aber die Enttäuschung darüber hält sich in Grenzen. Das Kennzeichen ist so, dass sich auch meine Tochter darin wiederfinden kann, die auch ihre eigenen USB- und Stromanschlüsse sowie die Konsole im Fond bekommt. Bleibt noch die Frage: Wie installiere ich eine Lampe am Schminkspiegel? Oder mache ich mir zu viele Gedanken? :wink: Die Ladestation liegt schon seit fast zwei Wochen zu Hause, die App ist installiert, das Forum hier reichlich durchforstet, mehrere Sitzproben im Store auf der Kö vorgenommen und der Walkthrough auf YouTube oft genug angeschaut, das Auge für Model S-Sichtungen unterwegs geschult. Der SuC Emsbühren ist erkundet, Aldi Süd bietet sich zum kostenlosen Laden während des Wocheneinkaufs an und der Standfuß für die Ladestation kommt diese Woche. Habe ich etwas vergessen? Ach so, ja, die Musik auf dem USB-Stick wurde neu sortiert und Cover-Arts eingebaut. Der Ladeanschluss für mein Smartphone in der Mittelkonsole ist geklärt und die zukünftige Versicherung ausgewählt. In Zukunft gehe ich öfter mal zu Subways essen, weil an meinem Einsatzort da in der Nähe eine 11kw-Ladestation ist (für die ich aber noch eine RFID-Karte ordern muss), während ich die Karte von The New Motion ebenso schon habe wie den Ladeschlüssel von PlugSurfing. Eine Karte von den Stadtwerken Düsseldorf muss noch folgen.

Ist das ein Wahnsinn? Ja, es ist! Aber am Ende macht dieser Wahnsinn immer noch Spaß und die geballte Freude bleibt. Mitte Mail soll es soweit sein und das neue Zeitalter der Mobilität hält auch bei uns ein. Toll! Eine spannende Zeit beginnt.

Erkennt Ihr das eine oder andere wieder? Bei vielem von dem, was ich da in den letzten Wochen erlebt habe, hat mir dieses Forum (passiv) geholfen bzw. mich auf Ideen gebracht. Danke dafür und allen Forum-Mitgliedern wünsche ich eine (weiterhin) fantastische elektrische Zeit.

Herzliches Willkommen Ralf,

diese Erlebnis sind fast typisch .

Deine Schwiegereltern kommen aus dem Friesischen, welcher Ort den ?

Gruß von der Nordsee

Stefan

Toller Bericht und in der Tat einiges sehr typisch!

ZoePionierin hat mal geschrieben, dass Tesla fahren heutzutage keine Pionierleistung mehr ist. Das ist schon wahr, im Vergleich zu einer Zoe 2013 ist der Tesla heute ein Spaziergang. Aber es ist eben doch noch nicht völlig problemlos und genau so einfach wie beim Verbrenner - und sei es, weil das Wissen noch nicht ausreichend verbreitet ist. Wir haben noch einen Weg vor uns, bis Elektromobilität in der Gesellschaft selbstverständlich ist. Das vergisst man, wenn einem in der Alltagsroutine die eigene Mobilität völlig selbstverständlich vorkommt.

Danke für die Willkommens-Grüße!

@Teslafriese

die Schwiegereltern kommen aus dem beschaulichen Schortens. Da gibt es auch mindestens einen Tesla-Fahrer. Das weiß ich, weil ich auch da schon erfolgreich nach einer Ladestation gesucht habe. :slight_smile: Aus welcher Ecke kommst Du?

Hallo Ralf,

aus der Nähe , genauer Zetel.

Danke fürs teilen! Ja die Frage „Kann ich mir das leisten?“ oder „Will ich mir das leisten?“ daran kann ich mich auch noch gut errinnern. :unamused: Ein Jahr lang ZOE war die „Einstiegsdroge“ - jetzt freue ich mich jedes mal wenn ich in mein Model S einsteigen darf :slight_smile: Die Analogie mit der Ladestation paßt wirklich gut auf Deutschland. Ich versuche jetzt seit 3 Monaten eine Ladestation zu stiften. Keiner im näheren Umfeld will sie haben. Werder Bürgermeister noch Kommunen, noch Versoger. Alle hier glauben das das mit diese E-Mobilität eh nichts wird - bei den super Dieselpreisen … Egal, Hauptsache es gibt ein paar Vordenker die auch mal etwas riskieren. Alles Gute!

Danke für den schönen Bericht, hat Spaß gemacht ihn zu lesen.
LGH

Ja… ich denke… an den Vordenkern ist etwas Wahres dran. Wäre schön, wenn deren Zahl noch steigen wird. Ich versuche mein Bestes: Zwei aus meinem Bekanntenkreis habe ich zumindest schon mal infiziert. Interessant in dem Zusammenhang ist auch, was die einzelnen Kommunen anbieten. Mein Heimatort zum Beispiel lässt vollmundig das Ziel verlauten, bis zum Jahr 2020 1.000 Elektrofahrzeuge in der Stadt haben zu wollen. Dafür hat man sage und schreibe bislang 1 (in Worten: eine) öffentliche Doppel-Ladestation aufgestellt, die zur Hälfte täglich mit einem E-Smart der Verwaltung belegt ist. So geht Zukunft. Und der finanzielle Anreiz sind 100 Euro (!) Zuschuss für die Installation der heimischen Ladestation. Na ja, egal. Wir machen das ja nicht aus monetären Beweggründen, sondern für unser besseres Gefühl tagtäglich am Steuer.
@Teslafriese: Dann schicke ich Dir mal herzliche Grüße in die Friesische Wehde.

Danke,
der Teslafahrer aus Schortens ist hier nicht aktiv bzw . nicht gemeldet ?

Gruß von der Nordsee

Stefan

Ich habe ihn noch nicht gesichtet bislang.

Wann plant ihr denn die Fahrt in die Friesische Wehde ?

Gruß

Stefan

Na ja. Erst einmal heißt es noch zu warten bis Mitte oder Ende Mai. Ich hoffe natürlich Mitte. :slight_smile: Dann wird es wahrscheinlich wohl das erste oder zweite Wochenende im Juni sein. Ich bin dann mal auf die durchaus neugierigen Nachbarn der Schwiegereltern gespannt. :slight_smile:

Vielleicht sieht man sich ja.

Gruß

Stefan