"Kraftstoff Revolution"

Was haltet ihr vom heutigen 20min Artikel? 20min.ch/finance/news/story/11772100

Hersteller: climeworks.com/

Weiss jemand mehr davon? So rein intuitiv würde man wohl erwarten dass die Energie-Effizienz bei Well-to-Wheel gerechnet ultra schlecht ist. Aber vielleicht irre ich mich ja? Audi findet jedenfalls es lohnt sich da zu investieren… warum auch immer.

Zur capture Anlage gibts ein paar Zahlen: climeworks.com/co2-capture-plants.html

2000kWh um 1t CO2 einzufangen. Daraus kann man im Optimalfall wohl theoretisch etwa 500kg Treibstoff herstellen, sofern man irgendwie noch den nötigen Wasserstoff zuführt (wo auch immer der herkommen soll). Aber das Aufbrechen von Kohlenstoff und Sauerstoff braucht ja wohl einiges mehr an Energie als bei der Verbrennungs-Reaktion entsteht.

Das geht alles schon, neu ist das auch nicht wirklich. Die Frage ist bloss, ob man 1 kWh Strom in fossile Brennstoffe verwandeln will, um sie dann später mit 25 Prozent Wirkungsgrad wieder in 0.25 kWh mechanische Energie zu wandeln. Wenn Strom im Überfluss vorhanden ist und die Energiedichte ein Problem ist (z.B. Flugzeuge), dann kann das Sinn machen.

So ein Ding auf jedes Garagendach, und man kann sich das ganze Gedöns mit E-Autos sparen! Nur die Stromrechnung steigt etwas, aber das passiert mit E-Auto angeblich auch. :smiling_imp:

Eh Moment mal, meine Nachbarn stören sich schon am Lüftergeräusch meiner Wärmepumpe, was werden die zu dem neuen Spielzeug sagen? :astonished:

Das ist doch Quatsch hoch 3 zum Abzocken gutgläubiger Investoren. Weshalb sollte jemand einen Schiffscontainer mit CO2-Kollektoren aufstellen, wenn das CO2 viel einfacher und höher konzentriert aus dem Abgasstrom von Kraftwerken und Zementfabriken abgeschieden werden könnte. Und weshalb sollte man das überhaupt tun? Welchen Sinn ergibt es, Kraftstoffe zur Stromerzeugung zu verbrennen, um mit dem Strom CO2 aus der Luft abzuscheiden, aus dem man dann wieder mittels Strom Kraftstoff herstellt? Das Ding bedient doch nur den Aberglauben von Stromüberschüssen, die es nur sinnvoll zu nutzen gälte. Aber niemand wird für 0,5% des Jahres, in dem regional Stromüberschüsse herrschen, eine teure Anlage zur Stromvernichtung bauen.

Doch, Audi baut so eine in Werlte.
Weltpremiere: Audi eröffnet Power-to-Gas-Anlage

+10000

Ist eigentlich der 1.April?
So kompliziert kann doch eigentlich kein normaler Mensch denken…
Kann jemand die Männer mit den einarmigen Jacken holen?

Gruss

Mario

Ja eben. Ich hatte auch den Eindruck es macht überhaupt keinen Sinn. Klingt ein wenig nach Verzweiflungstat von Audi, um mit Hilfe von abstrusen Greenwashing Massnahmen die Felle nicht so schnell davon schwimmen zu lassen.

Ich denke dass die Climeworks Technik erst mal eine alternative und „grüne“ Quelle für CO2 sein kann. CO2 hat viele Anwendungen, z.B. in Klimaanlagen oder in Getränken.

Edit: Angenommen, so ab 2030 liegt der Benzinpreis um die 3€, Kerosin bei 2€. Was, wenn StatOil/Norwegen damit synthetischen Sprit für 2,25€ den Liter auf den Weltmarkt bringt? Die Fluglinien würden ihnen die Bude einrennen.

Örx!

Dass so was kommt, habe ich schon lange geahnt. nun lässt also Audi ein paar Dumme aufstehen.

Power-2-Gas hat schon seine Berechtigung, aber bitte nur in folgender Konstellation:

Sommer: Solarüberschuss → Wasserstoff → Methanisierung → Erdgasnetz

Winter: Erdgasnetz → BHKW im Keller → Strom+Wärme.

Ich habe nur drauf gewartet, dass irgend so ein ewiggestriger Droschkenhersteller daraus Brennstoff macht, um ihn in seinen Knallstinkern zu verheizen…

Diese Idee könnte von Oettinger kommen, der ließ ja vor kurzem verlauten, dass er nicht mit dem Elektroauto in Urlaub fahren könne, weil der Stecker dann nicht passt :wink:

blog.campact.de/2014/09/oettinge … m-platzen/

Erstmal: Die Reaktionsenergie ist die gleiche, unabhängig von der Richtung in der sie durchlaufen wird. Praktisch kann man die freigesetzte Reaktionsenergie nicht zu 100% nutzen, in der technischen Anwendung gibt es also immer Verluste.

Aber mal gerechnet: 1000kg CO2 enthalten 272kg C (Kohlenstoff). Durch Synthese zu flüssigen Hydrokarbonen (CH2)n entstehen 318kg Treibstoff. Bilanz:

2000kWh für 272kg C
2200 kWh für 45kg H2 über → Elektrolyse
Für die Synthesereaktion hab ich keine Energiezahlen, könnte aber geschenkt sein, da es im Prinzip eine umgekehrte Dampfreformation ist. Letztere ist endotherm (braucht Energie)

4200kWh für 318kg Sprit, das sind ca 500L. Die Anlagenkosten kann ich nicht abschätzen. SRAM hast du Zahlen?

Bei Methan (CH4) würden 364kg produziert, allerdings mit dem doppelten Wasserstoff-Einsatz. Also 6400kWh für 364kg.

Ich interviete Dr. Waldstein erstmals November 2007 zu diesem Thema. Er ist bei Power to GasProjekten.
Er gab mir an CO2 aus der Atmosphäre Filtern und Spalten kostet 8 kWh Strom pro kg CO2.

Aus diesen Intervies stammen die Aussagen zu 10.000 km Flugreise hin und zurück werden in Zukunft der Jahreertrag von 40m² Photovolaik in einer sonnige Wüste sein,
12000 kWh Strom um 600 Liter Flugzeugtreibstoff zu syntetisieren.

Diese Umwandlung wird man nur nützen, wenn es keine Alternative gibt.
Die unmittelbaren Konkurrenten zum Tesla-S ab Baujahr 2010 scheinen im
Spritmonitor.de mit 8,5 Liter Diesel auf. Audi A8, BMW 7, Mercedes-S.
Um 8,5 Liter Diesel zu synthetisieren sind 170 kWh Strom nötig.

Der Tesla-S scheint im Spritmonior.de mit 23,5 kWh auf.

Daraus stammen auch die Rechnungen zur Planetensanirung. Wenn 1 kg 8 kWh erfordert,
dann erfordern die 35 Milliarden Tonnen von 2013 280.000 TWh. Für die dafür nötigen
160.000 GW Photovoltaik sollte die Weltproduktion von derzeit 45 GW noch auf 5000 GW steigen.

Genial, danke für die Rechnungen! Genau das habe ich gesucht. Somit bestätigt sich die intuitive Vermutung von grottenschlechtem Wirkungsgrad bei end-2-end Betrachtung.

Immer wieder super was man sich hier im Forum alles für Infos holen kann!

Unser gesamtes System der Energiebilanzierung ist derzeit thermisch.
Da gibt es die Primärenergie, die chemische Energie eines Energieträgers die bei Verbrennung frei gesetzt wird.
1 kWh Strom aus Sonne, Wind oder Wasserkraft wird dabei als 3 kWh Primärenergie gerechnet.

Diese Betrachtung hat aber ziemliche Tücken.

Aus 1 kWh Erdgas kann man 600 Wh Strom machen
Aus 1 kWh Holz hingegen nur 250 Wh Strom.
Aus 1 kWh Strom kann eine Wärmepumpe 3 kWh Warmwasser mit 62 Grad machen
Aus 1 kWh Strom kann eine Wärmepumpe 5 kWh Niedrtemperatur Wärme mit 30 Grad machen, etwa für eine Bodenheizung
Aus 1 kWh Strom kann ein Heizwiderstand aber nur 1 kWh Prozesswärme mit hoher Temperatur machen, wo eine Wärmepumpe nicht mehr möglich ist.

In der Energiebilanz von Deutschland gibt es die 3 großen Blöcke
Raumwärme, Prozesswärme und mechanische Energie (der Verbrennungsmotor)

Heute führt mechanische Energie 714 TWh vor Raumwärme 619 TWh und Prozesswärme 349 TWh

Bei einer Umstellung auf Strom wird dies ganz anders aussehen

Prozesswärme 291 TWh vor mechanische Energie 238 TWh.
Raumwärme wird durch thermische Sanierung und Wärmepumpe weit abgeschlagen auf den letzen Platz mit 89 TWh zurück fallen.

Man wird sich ein neues Energiebilanzsystem ausdenken müssen.

Ich zitier mich da einfach mal selbst aus Going Electric. Damals ging es darum, dass der Audi G-Tron ach so umweltfreundlich sei, weil Audi angeblich für jedes verkaufte Fahrzeug Windgas einspeise:

"Audi will 1000 Tonnen Windgas pro Jahr produzieren. Ausreichend für gerade Mal 1000 Autos je 15000km Fahrleistung pro Jahr. Also entweder fährt der typische CNG-Audi rechnerisch nur mit einem Bruchteil Windgas oder Audi plant minimale Stückzahlen.

Die Anlage hat eine Spitzenleistung von 6300kWh. Eine kWh Anlagenleistung kostet 3.000 Euro. Macht 18,9 Millionen für die Anlage. Macht für jedes der 1.000 Autos also 18.900 Euro Investitionskosten, Betriebskosten noch nicht eingerechnet.

Ein kg Methan hat einen Energiegehalt von 15,4kWh. Der Wirkungsgrad der Umwandlung beträgt 57% (Mittel aus höchstem und niedrigsten Wirkungsgrad). Und die Anlage hat 6,3MW Spitzenleistung. Das CO2 für die Anlage liefert eine Biogasanlage. Biogasanlagen haben im Mittel eine Verfügbarkeit von 86,15%. Demnach kann auch die Windgasanlage maximal 86,15% der Zeit Methan produzieren. Das setzt aber voraus, dass die Defekte und Wartungen beider Anlagen immer zur selben Zeit passieren.

Bei Volllastbetrieb 24/7/365 kann die Anlage also 55.188MWh Strom in Methan umwandeln. Bei einem Wirkungsgrad von 57% und einer Verfügbarkeit von 86,15% kommen 27.100MWh Methan hinten heraus. Das sind 1.760 Tonnen Methan pro Jahr (merke: Sie wollen 1.000 pro Jahr produzieren, für 1000 Autos mit 15000km jährlicher Fahrleistung), wenn sie während der verfügbaren Zeit mit 100% Last läuft. Ich halte es daher für sehr wahrscheinlich, dass die Anlage im kontinuierlichen Betrieb mit weniger als 100% Last läuft. Die Zeiten verschenkten Windstroms sind zu selten, als dass Audi darauf warten könnte.

Täten sie das, bräuchten sie eine Windgasanlage, die den Bedarf deutlich übersteigt. Sie müsste in kurzer Zeit so viel Windgas produzieren können, dass die 1000t pro Jahr auch mit wenigen Prozentpunkten Anlagenauslastung erreicht werden. Schon jetzt haben sie aber für jedes der 1000 Fahrzeuge 19000 Euro in die Windgasanlage gesteckt."

Ergo: Audi behauptet, sie würden Stromüberschüsse in Gas umwandeln. Die schnell googelbaren Leistungsparameter legen aber nahe, dass Audi die Anlage kontinuierlich unabhängig vom Stromüberschuss betreibt. Es werden also nicht Überschüsse vernichtet, sondern zusätzlicher Strom verbraucht, um unter enormen Energieaufwand Gas herzustellen.

Beim Grundsatz

Photovoltaik -> Bufferakku und Eigenbedarf -> Netzeinspeisung

entstehen Stromüberschüsse erst ab 300 GW Photovoltaikausbau an einem sonnigen Sommertag.
Erst dann wird die Power to Gas Technik für den Sommer / Winterausgleich interessant.

So gut wird das nicht funktionieren :slight_smile: Insbesondere müssen sich die 2000 kWh auf die reine Gewinnung des CO2 beziehen und nicht auf die Reduktion des Kohlenstoffs. Dies benötigt nämlich selbst bei 100% Wirkungsgrad 2478 kWh pro 1000kg CO2. ( Bildungsenthalpie CO2: -393,5 kJ/mol, M(C)=12 g/mol, M(O)= 16 g/mol. Ja, 400ppm ist halt nicht das Gelbe vom Ei.)

Der reale Wirkungsgrad dürfte also noch weitaus schlechter liegen als in deinem Beispiel. :slight_smile:

Stimmt hab ich vergessen. Es fehlt die Umkehrung des Prozesses „Kohlekraftwerk“ :blush:

Revidiertes Ergebnis: 1to CO2 + 6678kWh => 500L Sprit. Oder über 13kWh pro L.

Weiß jemand (mit Quelle) was die Audi Power2Gas Anlage in Werlte kostet?

Hallöchen!

Also doch keine Kraftstoffrevoluzzion :wink:

Es ist jedenfalls Fakt, dass diese Maschine schon jetzt unnütz ist…
Nur die alteinhergenannten Fachbüddels bei den grossen Stinkekonzernen würden das gerne als „grüne Revoluzion“ vermarkten, ist aber schon jetzt wiederlegt…

Grüße

Mario

Ich hab da mal einen neuen Thread angelegt, weil wir über zwei Themen im gleichen Thread diskutieren:
viewtopic.php?f=22&t=4335

Ev. könnte ein Admin noch ein paar der Posts verschieben? Danke, und sorry für den Aufwand.

Mod Note: erledigt.

Ja. Bin aber erst am Sonntag wieder im Büro. Morgen gehts erstmal nach Ulm in Biergarten…

(Kann dir aber jetzt schon sagen: it´s one of the worst ideas in the world. Gerade Elektrolyse hat die höchsten spezifischen Anlagenkosten, mach also nur für Kleinstanlagen Sinn. Im Übrigen gelten die Hauptsätze der Thermodynamik zusammen mit dem Satz von Hess auch für diese „Grünen Technologien“. Und gerade bei diesen scheint mir die Scharlatandichte recht hoch zu liegen…)

Gruß SRAM