Power to Liquid (PtL) - Wirkungsgrad und Strombedarf

Aus Interesse (und auch für „Munition“ in Diskussionen) würde mich das Thema Power to Liquid (PtL) interessieren. Insbesonders der dafür nötige Energiebedarf bzw. Wirkungsgrad.

Ich habe im Internet folgenden Artikel aus 2015 gefunden: ahrens-solar.de/downloads/dl … tstoff.pdf

Hier spricht die Firma sunfire von einem Diesel aus PtL mit 9,2kWh/Liter Energiegehalt
und einem Wirkungsgrad (ohne die Weiternutzung der Abwärme) von unter 60%.

=> man braucht mind. 15,3 kWh um 1 Liter PtL Diesel zu erzeugen

Kann dies stimmen? Falls ja, würde ein Diesel-PKW mit einem Verbrauch von sagen wir 6l/100km also ca. 92kWh Primärenergie/Strom benötigen.
Damit könnten wir mit 20kWh/100km fast 500km fahren. Faktor 5.

Wenn man nun annimmt, dass die Studien recht haben, dass eine vollkommene Umstellung auf EVs einen Strommehrbedarf von ca. 18% in Deutschland erfordern würde, und lt. de.wikipedia.org/wiki/Bedarf_an … er_Energie Deutschland 2015 ca. 600TWh benötigte, bräuchte man also mit EVs 708TWh. Andererseits mit vollkommener PtL Flotte somit 1140TWh (108TWh*Faktor 5 = 540TWh Mehrbedarf). Das Entspricht >90% Mehrbedarf an Strom.

Frage: Stimmen die Zahlen? Kann die jemand aus seiner Knowledgebase verifizieren?

Mit dem Wirkungsgrad ist das so eine Sache… 60% von Strom zu Brennwert klingt extrem niedrig da man ja alleine schon ein Produkt erzeugt das eine deutlich geringere Energiequalität hat. Hier sollten eigentlich Wirkungsgrade von nahe 100% möglich sein oder sogar deutlich höher…

Wenn man aus einer kWh Exergie nichtmal eine kWh etwas bessere Anergie schaffen kann dann wäre das sehr sehr schade… Der Roundtrip wäre dann über einen Motor zu Strom ja wieder nur bei 30% also 18%…

Zum Wirkungsgrad des Prozesses kommt noch der Energieaufwand der Rohstoffbeschaffung dazu.

Um 1 kg CO2 aus der Luft zu Filtern sind 400 Wh Strom und 1,8 kWh thermische Energie mit etwa 100 Grad nötig.
Die thermische Energie kann teilweise von anderen Prozessen ausgekoppelt werden.
Bei einer Photovoltaik/Thermo Kombination - PVT - kann man auch 50 Grad raus holen und dann
günstig mit der Wärmepumpe auf 92 Grad gehen.

So allgemein dürfte die Gewinnung von 1 kg CO2 1 kWh Strom kosten.
Bei einem Liter diesel wäre der Aufwand dann

9,8 kWh / 0,6 Wirkungsgrad + 2,66 kWh für CO2 Beschaffung = 19 kWh.

PtL macht energetisch überhaupt keinen Sinn, um damit den Treibstoffverbrauch im Verkehrswesen zu erfüllen, auch weil die Verbrennung in Motor oder Turbine den Gesamtwirkungsgrad weiter nach unten drückt.

Stoffsynthese mittels Grünstrom macht dagegen sehr wohl Sinn bei der Substitution fossiler Rohstoffe aus Erdgas oder Erdöl durch synthetische Kohlenstoff-Verbindungen. Wir wollen ja auch in 100 Jahren noch Kunststoff benutzen, Schmiermittel und Lösemittel einsetzen oder Arznei-Wirkstoffe schlucken.

Wenn man die Syntheseleistung dafür aufbaut, werden nochmal ein paar hundert GW Solar pro Industrieland fällig.

Für den Luft- und Schiffsverkehr auf Langstrecke wird aber nichts anderes übrig bleiben.

In der aktuellen AutoBild (ja, wirklich!) ist ein zweiseitiger Bericht, der synthetische Kraftstoffe (PtL), Brennstoffzelle und Batterie im Hinblick auf den Wirkungsgrad beim Einsatz in Fahrzeugen vergleicht. Klarer Sieger: die Batterie. (ja, wirklich!)

Ich habe den Artikel jetzt leider nicht vor mir, kann also keine Zahlen nennen. Allzu viel Anlass zu Kritik gibt der Artikel m.E. nicht.

OT: die AutoBild scheint mir aktuell unten den klassischen Autozeitschriften diejenige zu sein, die sich am objektivsten mit Elektromobilität auseinandersetzt und auch beim Dieselskandal dran bleibt. Glaubt man nicht unbedingt, ist aber so.

Das klingt spannend! Wäre super, wenn du davon etwas mehr berichten könntest, sobald du die Zeitschrift wieder vor dir hast.

Wieso denn nicht Wasserstoff und Brennstoffzelle, dort wo Platz und Leistungsdichte nicht so die Rolle spielen?

Zur Brennstoffzelle.

Mit Methan lassen sich bis knapp über 60% Wirkungsgrad für thermisch → elektrisch erzielen.
Das ist preiswerte bewährte Technik. Investitionskosten 660 EUR pro kW Kraftwerk.
Im Vergleich dazu haben Brennsoffzellen absolut exotische Preise.

Wasserstoff:

Extrem schwierig zu transportieren. Sieh Dir mal die Mühen an, um beim BMW 7er Wasserstoff 8 kg unter zu bringen. Dieses Monster geisterte in einer Zeit herum, als man bei Tesla die Planung vom Modell S begann.

Beim Flugzeug spielen Platz und Leistungsdichte eine große Rolle.
Kann der Wasserstoff nur mit einer gröeren Frontfläche untergebracht werden, steigt der Treibstoffverbrauch.

Bei großen Schiffen kann man an CNG oder LNG denken, also komprimiertes oder flüssiges Methan. Aber auch hier gilt, Methan speichert beim gleichen Druck 3,2 mal mehr Energie.

Diese Vorteile machen den kleinen Nachteil, Rohstoffbeschaffung CO2 aus der Luft filtern bei weitem wieder wett.

Gerne.

Der Artikel in AutoBild Nr. 46 vom 17.11.2017 greift eine Studie von PwC auf, der Redakteur hat die Zahlen also nicht selbst ermittelt. Leider wird nicht genannt, von wann die Studie ist oder womit sie sich genau befasst. Es wird nur berichtet, dass PwC die CO2-neutralen Alternativen [zu Diesel und Benzin] aus ökologischer Sicht betrachtet. Diese Alternativen sind: Li-Ion-Batterie, Brennstoffzellen mit Wasserstoff aus Elektrolyse, synthetischer Kraftoff (aus Wasserstoff gewonnenes Methanol).

Die Kernthese des Artikels lautet: Antrieb der Zukunft - darum kommt die Batterie

  1. Weil wir weniger Windräder brauchen [um den zusätzlichen Strom für die neuen Verbraucher zu erzeugen, Anm. von mir] – BEV +34%, FCEV +66%, PtL +206%
    Der zusätzliche Energiebedarf in TWh wird dann noch umgerechnet in „Anzahl der zusätzlich benötigen Windräder“.
    Hier fehlt anscheinend der Aspekt, dass wir bereits jetzt mehr Energie produzieren, als wir benötigen. Außerdem fehlt mir, dass alle drei Alternativen dazu geeignet sind, Produktionsspitzen aufzufangen und dies ebenfalls zu einem geringeren Zubau führt. Hier wäre es spannend, die Studie zu lesen, um zu sehen, ob das eingeflossen ist oder nicht.

  2. Weil die Energieversorger weniger in Produktionskapazitäten und Infrastruktur investieren müssen.
    Hier geht es um Pufferspeicher, Ladesäulen, Elektrolyseure, H2-Tankstellen, Fabriken für synthetischen Kraftstoff und neue Kraftwerke.
    BEV +301 Mrd., FCEV +479 Mrd., PtL +1371 Mrd. €

  3. weil sie am effizientesten arbeitet.
    Hier geht es um die Energieverluste nach der Stromerzeugung, und zwar über Produktion und Speicherung, Verteilung und Einspeisung und den Antriebsstrang.
    Ergebnis: BEV 70% Gesamtwirkungsgrad, FCEV 36%, PtL 11%(!)
    Schade, dass zum Vergleich nicht der W2W-Wirkungsgrad eines Diesel oder Benziners genannt wird.

  4. Weil sie für Autofahrer im Betrieb am günstigsten ist.
    PwC hat hier in die Energiepreise auch Investitionen(welche?), Steuern und Gewinnmargen eingerechnet.

Erwartete „Kraftstoffkosten“ in € pro 100 km: BEV 5-7 €, FCEV 7-11€, PtL 18-26€, Benzin/Diesel 7-12€

Natürlich sind diese Informationen sehr oberflächlich. Für die Zielgruppe einer unterhaltenden Zeitschrift - nicht zu verwechseln mit einer Fachzeitschrift - ist die Darstellung mit viele Grafiken aber gut. Die Stammtischargumente von VDA & Co., nach denen der Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen die Superdupernonplusultralösung für die Zukunft ist, stehen damit ziemlich nackt da.

Vielen Dank!

Ist die PwC Studie im Artikel verlinkt? Wo kann man die finden?

Danke Carsten für die ausführliche Zusammenfassung der Resultate. Das klingt wirklich spannend! Schade haben sie beim W2W-Wirkungsgrad den normalen Verbrenner weggelassen. Die Stammtischargumente dürften damit tatsächlich etwas entzaubert werden.

Gibt es, als mögliche Ressource für den Mythbuster, einen digitalen Zugang zur Zeitschrift, idealerweise als PDF mit hoher Qualität der Diagramme?

Der Artikel der Autobild beruft sich auf eine Studie von Pricewaterhouse Coopers (PwC), die sich hauptsächlich auf Deutschland bezieht und sehr interessant zu lesen ist sowie ebenfalls gute Grafiken beinhaltet:
alternative-fuels-powertrains-v2.pdf (540 KB)

Autobild hat aber meiner Meinung nach die richtige Balance gefunden, so dass die Leute das auch wirklich lesen. Die Grafiken sind also nicht ganz immer auf der Kreativität der Redaktion basierend :wink: Hier zwei Vergleiche:

autobild1.jpg

autobild2.jpg

Dazu Heute in Automobil Produktion: der ZF Chef will lieber synthetischen Treibstoff

Das zeigt ja ganz klar, warum sie das wollen: Nicht, weil es der vernünftigste und effektivste Weg ist, sondern um das Knowhow bei den Verbrennern nicht zu verlieren. Das die Chinesen in der Elektromobilität vorne sind, wird schon vorausgesetzt, armes Deutschland !!! :astonished:

Der Markt wird das Thema regeln. Wenn die Kostenverhältnisse der PwC Studie auch nur annähernd stimmen, hat PtL aus heutiger Sicht mit heutiger Technik keine Chance am Markt.

Ausser die Politik greift ein und zerstört den Markt.

Falls du dem Wasserstoff bzw. der Brennstoffzelle die technische Machbarkeit absprechen solltest, in Zukunft die konventionellen Treibstoffe in der Luftfahrt abzulösen, liegst du damit ziemlich daneben.
Hier mal der 20 seitige Basiskurs:
klspublishing.de/ejourns/e-Journ … rstoff.pdf
Hier ein schönes Beispiel, wie die vermeintliche Fool Cell schon heute dabei hilft Abgase und Lärm zu reduzieren:
dlr.de/dlr/desktopdefault.as … llery/2079
und hier das schönste Beispiel für emissionsloses Fliegen:
dlr.de/tt/desktopdefault.asp … ead-13587/

tl:dr
PtL oder Methan/Methanol ist der letzte Scheiß. Jede Aufgabe die heute Diesel/Kerosin übernimmt, kann Wasserstoff schon lange.

Machbar ist alles in Demonstrationsobjekten.

Entscheidend ist aber, ob man damit in der Lage ist den Konsumenten einen Langstreckenflug zu verkaufen.

Demoprojekte für Wasserstoff im Flugzeug hatte nur den selben Sinn wie
Demoprojekte für Wasserstoff im Auto:

Politik und Bürger zu täuschen mit einem „Wir arbeiten an den Problem, nur noch 20 Jahre Geduld“.

Wo man Treibstoff synthetisieren kann, gibt es keine Motivation mehr Geld in Täuschungsprojekte zu stecken.

Wasserstoff sehe ich in der kommerzielle Luftfahrt nicht gerade als zukunftsweisend, warum? Die Tanks müssen entsprechend des Druckes rund sein, ein großes Volumen haben, was gegen einen Einsatz in den Tragflächen spräche, wodurch Fracht- oder Passagierkapazität schrumpfen würde, was wiederum einen geringeren Erlös für die Airlines mit sich brächte.
Zudem wird ein Flugzeug mit flüssigen Treibstoff über den Flug leichter, es verbrennt ihn ja und damit wiederum effizienter zudem werden die Kräfte bei der Landung geringer auf die Struktur, was wiederum zu einer optimierteren und leichtern Bauweise führt.

Bei Nurflüglern könnte man die Flächen dicker gestalten, zumindest in Richtung Wurzel, da wäre ich mir nicht sicher, wie es sich bei der Auslegung verhielte. Konventionell gestaltete Airliner dagegen haben den Vorteil bei der höchstens 90-sekündigen Evakuierungsvorgabezeit, ein Aspekt der bei Nurflüglern schwieriger wird.

In der Luftfahrt, wie in praktisch jedem andern wirtschaftlichen Transportsektor zählen drei Dinge: Verbrauch, Frachtvolumen und Einsatzfähigkeit; ein Flieger der 5 Stunden am Boden ist (z.B. aufgrund langwierigen Nachtankens), verdient kein Geld. Ich muss dazusagen, dass ich mich auch gern anders überzeugen lasse.

Alles Gute!