Schifffahrt im Wandel

Hallo zusammen

Schifffahrt und die dabei verbundenen Emissionen waren schon mehrere Male Gegenstand von Diskussionen hier im Forum. In diesem Thread möchte ich deshalb aktuelle Entwicklungen im Bereich der Antriebstechnik für Schiffe diskutieren.

Die Technik von Schiffen ist ebenso im Wandel wie der PKW- oder Flugsektor. Teilelektrisierungen sind bereits für Schlepper oder OSVs (offshore supply vessel, Schiffe für Wartung von Windkraftanlagen beispielsweise) in der Planung bzw. im Einsatz. Vollelektrifizierung gibt es bei Kurzstreckenfähren bereits wenigen Jahren und schon 2018 soll das erste vollelektrische Mini-Containerschiff zum Einsatz kommen.

Warum verläuft der Wandel zur emissionsarmen Schifffahrt so zögerlich? Dazu gibt es viele Gründe: zum einen sicher die eher lasche Gesetzgebung und eine konservative Käuferschaft. Dazu kommt die noch nicht absehbare Krise, in der sich die Schifffahrt befindet. Ein weiterer, zentraler Punkt ist der enorme Energiebedarf. In grossen Containerschiffen sind über 60MW Gesamtleistung installiert, selbst bei slow steaming ist ein Bedarf von 10MW nötig.

Im Neubaugeschäft spielen Gas betriebene Anlagen eine immer wichtigere Rolle. Allerdings ist Gas nicht in allen Häfen in den grossen Mengen verfügbar. Die Henne - Ei Situation ist vergleichbar wie bei E-Ladenstationen für Fahrzeuge. Mit der besseren Verfügbarkeit von Gas kommt auch die Brennstoffzelle wieder als mögliche Antriebsquelle zum Zug.

Beispiel 1: “Viking Princess”
Bei diesem OSV wird einer der 4 mit LNG betriebenen Motoren durch ein Batteriepack (leider ungenannter Grösse) ersetzt. Die restlichen Maschinen können gleichmässiger und im Bereich mit höherem Wirkungsgrad betrieben werden. Geplante Einsparungen betragen 13-18 % CO2. Weiterführender Link in Englisch.

Beispiel 2: Mit LPG betriebene Fähre mit kombiniertem Gas- und Dampfturbinenantrieb.
Ein spannendes Projekt ! Der Gesamtwirkungsgrad dürfte mit der COGES-Anlage über 60% liegen, mit LPG sind erheblich emissionsärmere Abgase als mit Diesel bzw. Schweröl zu erzielen. Weiterführender Link in Englisch.

Beispiel 3: die rein elektrische Fähre mit Siemens-Antriebstechnik. Weiterführender Link zu Wikipedia. Batteriegrösse 1 MWh

Beispiel 4: die neuen Schiffe für Hurtigruten
Die beiden neuen Schiffe bekommen Batteriepacks für einen Hybridantrieb. Im ersten Schiff kommen 2x627kWh LG1 Lithium-Ionen Batterien zum Einsatz, im 2. Schiff bereits 5 MWh ! Der Betreiber rechnet mit NOx-Reduktion von 82%, CO2 ca. 25% und SOx 97% gegenüber Schwerölbetrieb. Weiterführender Link in Englisch.

Beispiel 5: rein elektrisches, autonomes Containerschiff
Mein Favorit ! Der batteriebetriebene Feeder (mini-Containerschiff) soll nächstes Jahr zum Einsatz kommen und nach 2 Jahren Einsatz vollautonom unterwegs sein. Eingespart werden auf der kurzen Route über 14’0000 LKW-Fahrten pro Jahr für Yara. Weiterführender Link in Englisch.

Wann steigt Tesla ein ins Geschäft mit Batterien für Schiffe?

Liebe Grüsse, Simon

Edit: Links repariert

Interessant!

Leider sind alle Links zu green4sea broken.

Auch von mir danke für diese interessanten Informationen.

Nach dem Semi fehlt jetzt eigentlich nur noch ein eklektisches Transportschiff, dann könnte Tesla die eigene Produkte komplett elektrisch ausliefern. Gerade auf so einem Schiff müssten doch ganz viele Solarzellen platz haben? Mit den Ziegeln haben sie ja auch eine Produkt im Sortiment :slight_smile:
Wie viel Energie verbrennt eigentlich so ein Transportschiff auf eine Transatlantiküberquerung?

Also Fähren gibt es schon :slight_smile:

solche Überlegungen gibt es bereits. In den koreanischen Großwerften ist man bereits dabei teil- oder komplett autonome Schiffe mit alternativen Antriebstechniken zu entwickeln. auch der Antrieb und die Energiegewinnug mittels versetzt arbeitenden Fallschirmen ist halbfertig in einer Schublade. Da es hier schlicht und ergreifend um Kosten geht wird auch da sich in den nächsten 10 Jahren bereits sehr viel bewegen. Wir leben in interessanten Zeiten!

Da gab bzw. gibt es doch schon etwas von SkySails - hat(te) doch damals Beluga, wenn ich mich recht entsinne.

wenn die Mannschaften durch Autonomie fast oder gar komplett abgeschafft werden, kann man auch wieder über kleinere Schiffe nachdenken die dann flexibler, sicherer, schneller und universeller einsetzbar sind als die Riesenkähne von heute. Wieder ein roter Faden den man spinnen kann.

ja, beluga hatte damals damit versuche gefahren. aber beluga ist ja geschichte …

ecoliners.eu ← entwickeln Frachtschiffe mit Rahsegeln.

Die wollten ein Schiff für VW bauen zum Autotrabsport. Das Projekt wurde Anfang des Jahres leider gekippt. Einer der Gründer kommt aus Flensburg und hat hier am der Uni mal einen Vortrag gehalten, sehr interessant.!!

Wieder was gelernt:-)
Das mit den kleinen, autonomen Transportschiffen liest sich spannend.

Elektrische gross Schiffe sind keine so große Herausforderung wie Flugzeuge.

Für den Anfang könnte man ja elektrische Schlepper machen, damit die Diesel schon vor/im Hafen nicht mehr laufen. Da ist Leistung wichtiger als Reichweite.

Für ein 180000t Containerschiff bräuchte man für den 70MW Motor (400 Modell 3 Motoren) ca. 35000 Tonnen Akkus (ca. 15% der Gigafactory Jahresproduktion) und/oder das 70MW-Solardach der gigafactory oben drauf (leider kann man auch hier höchstens 10% des Stroms an Bord erzeugen wenn man die Konstruktion nicht grundlegend überdenkt).

Der Preis der Akkus wäre derzeit nur noch Faktor 2 höher als das was der Schiffsdiesel plus Treibstoff über die Lebensdauer kostet.

… Eine schwimmende gigafactory hätte auch was.

Zum Betanken brauchts auch nur 100 mega charger oder schwimmende Solartankstellen entlang der Route.

Alles Machbar :wink:

Mist, kann meine Fehler nicht editieren: das sollte MW heißen, nicht GW.

Mit dem Stiftsymbol ob er Deinem Beitrag kannst Du Feinen Beitrag immer selbst editieren.
LGH

es geht weiter:

In China geht ein rein elektrisches Frachtschiff in Betrieb. Ausgerüstet mit einer 2.4 MWh Batterie können bis zu 2’000 Tonnen Fracht transportiert werden, das Schiff ist rund 70.5m lang. Link zu Artikel bei Green4sea in Englisch.

Auch in der VLCS-Klasse (very large container ship) kündigt sich eine Revolution an. Die französiche Reederei CMA CGM hat 9 Stück 22’000TEU Containerschiffe mit Dual Fuel Antrieb bestellt. Die DF Motoren vom Winterthurer Hersteller WinGD sind primär auf den Betrieb mit Gas ausgelegt, können aber auch mit herkömmlichen Flüssigbrennstoffen wie Diesel oder Schweröl betrieben werden.
Link zu Artikel bei Motoship in Englisch.
Diese Motoren benötigen im DF-Betrieb eine sehr kleine Menge an Flüssigbrennstoff, um das Gasgemisch zu zünden. Im Gasbetrieb sollen rund 99% weniger SOx anfallen als beim Dieselbetrieb. Maschinenleistung rund 63.8MW.

Dass eine so grosse Reederei wie CMA CGM auf Gas setzt, wird eine Signalwirkung in der Branche auslösen. Da werden andere mitziehen, die Infrastruktur wird wachsen etc. Analog zur E-Mobilität.

Der Kreuzkopf-Zweitakter wird wohl der am längsten „überlebende“ Verbrennungsmotor sein. Warum? Er lässt sich mit einer sehr grossen Vielfalt an verschiedenen Brennstoffen betreiben, ist einfach im Aufbau und der Wartung und kann vorallem in China kostengünstig hergestellt werden. Rund die Hälfte der Handelsschiffe kommen mittlerweile aus China.

Die meisten modernen Kreuzfahrtschiffe besitzen bereits elektrisch angetriebene Propeller bei herkömmlicher Antriebswelle oder zwingend bei Azipods. Dort dient der Diesel/LPG nur als Stromgenerator. Auf die Frage, warum selbst im Hafen die Motoren laufen müssen wurde mir gesagt, dass die Stromversorgung in vielen Häfen nicht gesichert sei und es Probleme bei den Kabel/Steckernormen gibt :open_mouth:
Einige Häfen (Hamburg) experimentieren mit LPG betriebenen „Floating“ Strom-Schiffen. Soweit ich weiss nutzt AIDA diesen Service bei einem Teil seiner Flotte. Für die 100% Umstellung auf Batterie sind die Speicherpreise wohl (noch) zu teuer…

Die Batteriepreise sind nur ein Teil der Problematik.
Containerschiffe haben je nach Umschlagmenge eine Liegedauer von vielleicht 8-36 Stunden, während dieser Zeit werden die auch betankt. Wenn die anschliessende Reise 2-3 Wochen dauert mit einem Leistungsbedarf von 20-40MW braucht es schon recht dicke Kabel.

Frage mich gerade, wie Tesla diese Schiffs-Ladestationen nennen würde. Megacharger wäre in diesem Zusammenhang ja nur für Kinderspielzeug geeignet :wink: Zetta- oder Yottacharger?

Gigacharger natürlich :wink:

Stimmt, zudem ist der Energieverbrauch eines Kreuzfahrers gigantisch, das sind mehrere Megawatt.

Du meinst vermutlich die LNG Barge von Becker Marine Systems. Wird momentan leider nur für die AIDAsol eingesetzt, der Rest der Flotte hat keinen Stecker.

Das ist übrigens ein sehr gutes Beispiel dafür, wie eine gute Idee durch völlig verrückte Auflagen zunichte gemacht wird. Während die Barge das Schiff mit Strom versorgt, muss permanent ein angedockter Schlepper mit laufender Maschine bereit stehen, um die Barge wegziehen zu können. Als ob das der erste LNG Generator wäre.

Grüße aus der Binnenschifffahrt

Das problem ist der schiere Energiebedarf!
Das andere ist die doch sehr strengen Regularien! Zsuk GL BNV ADN usw.

Aber es gibt sogenannte Greenliner auf Rhein die mit Gas fahren! Pilotprojekt

Auch wir haben uns schon lange Gedanken gemacht und in mehreren Etappen die Effizienz erhöht!

So werden keine Hilfsdiesel während der Fahrt benötigt
Das Grid wird vom Hauptmotor gespeist und durch 24kWh Bleigel Paket hybridisiert (Li hat keine Zulassung)
Dazu wurden zwei Landanschlüsse für die Hafeneinspeisung angelegt um denn Gebrauch des Hilfsdiesels weiter zu reduzieren.

Wenn dann noch überschüssige Energie ungenutzt ist wird der Tesla an ein von zwei Typ2 Station geladen.

Auf einem anderen kleinen Schiff wird der Diesel Elektrische betrieb eingesetzt. Fertig Stellung war dies Jahr, Inbetriebnahme läuft.

in Berlin fahren auch schon hybrid Fahrgast Schiffe und elektrische Fähren.

Und übrigens ganz nebenbei Binnenschiffe fahren nicht mit Schweröl! Auch wenn es gerne in Medien gestreut wird.