Energiewende: Power-to-Gas, gesetzliche Hemnisse

Habe im Tagesspiegel einen interessanten Artikel gefunden, warum nach Meinung des Autors, eines Juristen, der sich auf das Thema Energiewende spezialisiert hat, die Energiewende zwar bei Strom gut voran kommt, jedoch die Sektorenkopplung des Strommarkts mit Wärme und Verkehr aufgrund rechtlicher Hemnisse lahmt:

tagesspiegel.de/politik/ener … 33776.html

Fokus liegt beim Autor auf Power-to-Gas. Ich bin bis dato davon ausgegangen, dass Power-to-Gas nicht in größerem Maßstab wird, weil es einfach unwirtschaftlich ist. Im Artikel heißt es, dass gesetzliche Hürden den Betrieb von Power-to-Gas-Anlagen durch Windparkbetreiber sehr stark einschränken würden und diese deshalb nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten.

Ich kennen mich mit der Thematik nicht gut genug aus, um zu beurteilen, ob die Argumentation stichhaltig ist oder nicht. Wie sehen die Experten hier im Forum diese Thematik?

Gruß Mathie

Power to Gas ist eine komplexe Industrie Anlage. Zu behaupten dass die im großen Maßstab NUR mach eventuelle kurzfristige lokale Überschüsse laufen kann halte ich aktuell für ein Märchen. Selbst wenn die Anlagen 24/7 laufen sind die weit von einem wirtschaftlichem Betrieb entfernt.

In der Schweiz hat ein MFH eine solche Pilotanlage mit Power to gas (Wasserstoff und Brennstoffzelle). Das MFH Brütten von Schmid. Erstes autarkes MFH-Haus der Welt.

Gemäss den Erbauern, wurde alles mit vorhandener Technologie gebaut und soll kostendeckend (Baukosten<–>Mieteinnahmen) gewesen sein. (Obwohl ich das nicht glaube mit dem kostendeckend, da haben ein paar Firmen wohl einiges gesponsert).

Der erste Winter soll reibungslos geklappt haben, trotz des strengsten Januars seit ~20 Jahren.

Ich habe nicht gesagt, dass das nicht grundsätzlich möglich wäre sondern eher darum wie das kostenmäßig gehen soll. Zudem bin ich in erster Linie von großen P2G Anlagen ausgegangen denn diese wären ja im Prinzip notwendig, da Erzeugung und Verbrauch nicht immer zusammen passt!

Genau das ist ja - soweit ich verstanden habe - das Problem der aktuellen Rechtslage. Der Betrieb von P2G-Anlagen durch Windparkpetreiben ist lt. Artikel ja nur im Ausnahmefall zulässig, eine wirtschaftliche Nutzung der Anlage ist deshalb nicht möglich.

Gruß Mathie

Ich bezweifle das! Die Anlage kann mit den paar Stunden nicht wirtschaftlich laufen, unabhängig von der Rechtslage.

Es geht eben wohl nicht um die paar Stunden, die nach EEG zulässig wären, sondern um eine weitergehende Nutzung auch wenn der Strompreis an der Börse niedrig ist. Außerdem beklagt der Autor, dass Strom für P2G trotzdem mit Steuern und Umlagen belastet wird, auch wenn er quasi nur Zwischenprodukt bei der Erzeugung eines anderen Energieträgers ist. Zumindest habe ich den unten zitierten Absatz so verstanden.

Gruß Mathie

Ich möchte erstmal eine Rechnung sehen wonach das funktioniert OHNE diese „BÖSEN“ Umlagen. Dann glaube ich dass es dran liegen könnte!

Umlagen sind fällig, das ist richtig. Aber auch wenn man seine Wärmepumoe mit selbsterzeugten PV-Strom versorgt, wären auch die anteilige 40% EEG Umlage zu entrichten es sei, man ist davon befreit (<10kWp und < 10.000kWh EV)

Wegen den paar Euro braucht Mann sich keinen Kopf zu machen. Ist viel zu über dramatisiert das Thema.
Ich würde mal gerne Fakten sehen wie
Investitionskosten
Leistung
Wirkungsgrad

Ein früherer Kollege von mir bekam anläßlich eines Besuches von hochkarätigen Vertretern eines Herstellers eines Brennstoffzellenautos (ist inzwischen auf dem deutschen Markt zu kaufen) die Aufgabe eine derartige Elektrolyseanlage betriebswirtschaftlich durchzurechnen. Zum Hintergrund: in dieser Firma werden weltweit Synthesegasanlagen mit einer jährlichen Kapazität von mehreren Milliarden Nm³ (=Normkubikmeter, im wesentlichen) für den Eigenbedarf betrieben.

Unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dieses Unternehmens sowie den benötigten Investitionsausgaben und dem üblichen Marktpreis für Wasserstoff hätte der Strompreis für den Elektrolyseinvestor negativ sein müssen um eine derartige Anlage wirtschaftlich betreiben zu können. Als Windradbetreiber würde ich in so einer Konstellation lieber mein Windrad abstellen und meine Anlage schonen als Stromentsorgungskosten zu bezahlen.

Elektrolysen rechnen sich wie im Beispiel einer NaCl(Steinsalz)-Elektrolyse wenn ich als Hauptprodukte Chlorgas (z.B. für PVC für Kabelisolierungen) und Natronlauge (z.B. für die Laugenbretzel :wink:) bekomme. Das bischen zusätzliche Wertschöpfung durch den ebenfalls anfallenden Wasserstoff hilft in der wirtschaftlichen Gesamtbilanz, ist aber alleine absolut nicht tragfähig.

Schon eine Salzsäureelektrolyse (dann fehlt die Natronlauge als Verkaufsprofukt) war als ich vor zugegeben vielen Jahren mit einer Wirtschaftlichkeitsrechnung betraut wurde weit entgernt von einer Wirtschaftlichkeit. Die beste Lösung war damals dass man die Salzsäure zum Preis 0 €/t verschenkte. Man lieferte sie sogar kostenlos über eine Distanz von einigen 100 km zum Abnehmer, d.h. der „ab Werk“ - Erlös war deutlich negativ, aber immer noch besser als eine Elektrolyseanlage dafür zu bauen.

Wenn jetzt aus einer Elektrolyseanlage aber nur noch Wasserstoff kommt (die beiden wertvollsten Produkte erst gar nicht produziert werden) ist man weit weg von einer Wirtschaftlichkeit.

Und wenn eine derartige Anlage nicht 8760 Stunden im Jahr ununterbrochen betrieben wird ist es eigentlich überflüssig sich über eine Wirtschaftlichkeit ohne (versteckte) Subventionen zu befassen.

Daher ist dieses Thema für micht absolut tot und bestensfalls eine Ressourcenverschwendung, an der ich mich aber mittels Greenpeace Energy kostenmäßig beteilige (0,4 cts/kWh geht vom Erdgaspreis in diese Subvention).

Oft wird auch vergessen dass man das vorhandene Erdgasnetz nicht einfach in ein Erdgas&Wasserstoffnetz umwidmen kann. Einige Industrieanlagen vertragen keinen Wasserstoff als Verunreinigung und können auch nicht einfach umgerüstet werden. Diese Unternehmen haben Erdgaslieferverträge und darin sind ist die Erdgasspezifikation klar definiert. Ansonsten wird es schnell sehr teuer für den Lieferanten bzw. für den Verschmutzer.

@alupo
Danke für die Einblicke.
Du scheinst ja vom Fach zu sein. Was wäre denn, wenn man den Wasserstoff aus Biomasse herstellen würde. Hier wird das, zumindest für mich recht plausibel beschrieben bio-wasserstoff.de/html/h2-herstellung.html

@alupo Danke für die fundierte Antwort!

Gruß Mathie

Wenn ein WKA-Betreiber 24/7 seine P2G-Anlage mit Windstrom betreiben will, wofür braucht er dann die Förderung nach EEG?

Eigenstrom … Aber die Frage wird sein, bekommt er dafür genug Geld je kWh Gas?

„war mal“ trifft es etwas besser. Wobei ich nur BWL-er war, aber ich hatte aufgrund meiner Jobs intensive Kontakte zu Produktionsleitern, Technologen, Marketingleuten. Auch im Gebiet der Gaseerzeugung. Aber mit jedem Tag bin ich weiter davon entfernt :wink:.

Zu Deiner Frage: das Schaubild sieht auf den ersten Blick wie der heiße Teil einer ganz normalen Steam(unten wird der Dampf zum Rohstoff zugeführt)-Methan(der üblicherweise in der Industrie verwendete Rohstoff)-Reformeranlage aus. Alles passt, die sehr hohen Temperaturen (bis zu 1000°C), das ebenfalls entstehende Kohlenmonoxyd, die spätere Shift-Reaktion (auf deutsch auch Konvertierung genannt) in der mittels weiterem Wasserdampf zusätzlicher Wasserstoff gewonnen wird (und dabei dann aber alle C-Atome aus dem Rohstoff gänzlich als CO2 in die Luft gehen. Der Vorteil hier ist dass sie erst durch Pflanzen zeitnah aus der Luft geholt wurden. Zum Schluß kommt dann die H2-Reinigung über einen feinen Molsiebfilter, das dort PSA genannte Teil steht für Pressure-Swing-Adsorber, auf deutsch eine DWA (Druck-Wechsel-Adsorptionsanlage).

Insofern nichts Ungewöhnliches. Nur dass der Rohstoff ölige Substanzen generiert (ist bei Erdgas als Rohstoff kein Thema) ist wohl nicht gut und führt m.M.n. zu kontinuierlichen Reinigungs- und damit zu Reparaturkosten. Bei diesen Temperaturen würde ich immer auch mit Verkokungen rechnen und trotz Abbrand mit reinem Sauerstoff (was für ein Aufwand) werden wohl Reste nur bergmännisch abgebaut werden können, als allerletztes Mittel.

Diese Anlagen können im Prinzip alle Kohlenwasserstoffe verwenden. Vom Erdgas bis zur Kohle, wobei dann logischerweise besonders viel CO2 bezogen auf die Menge H2 anfällt. So eine Anlage gibt es in Südafrika. Raffinerien produzieren den für die Entschwefelung benötigten Wasserstoff meist aus eigenem Erdgas, Ethan, Propan, insbesondere im Sommer wenn man diese Moleküle aufgrund des Dampfdrucks nur extrem begrenzt ins Benzin zumischen kann.

Sorry, aus industrieller Sicht bin ich sehr skeptisch dem gegenüber. Ich denke den Humus sollte man lieber nicht den Böden entziehen sondern ihn den nächsten Generationen übrig lassen.

Ich glaube fest an Wasser, Wind und PV. Sie haben im Vergleich zur Natur einfach deutlich bessere Wirkungsgrade, siehe die pflanzliche Photosynthese. Ich habe u.a. aus diesem Grund immer E10 verweigert.

Quasi der

Gesendet von meinem SM-G950F mit Tapatalk

Anscheinend hat Dir Tapatalk in Verbindung mit deinem S8 das Wort abgeschnitten. :wink:

Gruß Mathie