Mal wieder was in der Welt bzw. Welt Online:
[url]http://ps.welt.de/2015/12/02/der-grosse-irrtum-mit-dem-tesla/[/url]
Eigentlich ist es nur noch ermüdend und zum Kopfschütteln. Aber wenn niemand was sagt, ist es ja auch nicht gut. Ich habe daher einen etwas ausführlicheren Kommentar dazu verfasst, der wohl noch auf Freischaltung wartet. Hier schon mal für die Runde (falls DAS jemand lesen will ).
Das ist ja lustig. Da sagt mir jemand anders, dass ich mir das falsche Auto gekauft habe. Und sagt gleichzeitig, dass ja die Tesla-Fahrer so arrogant sind und das über die Fahrer anderer Fahrzeuge sagen? Passt irgendwie nicht, oder?
Ansonsten ist der Beitrag leider eine Ansammlung von Unwissenheit (was ich bei Journalisten gar nicht mag) und falschen Einschätzungen.
Wo fangen wir bloß an? Ach ja - die Windräder für die 1 Mio Elektroautos. Tatsächlich 250 Windräder sind dafür notwendig? Stimmt - dafür wird Deutschland echt richtig leiden. Nur zum Vergleich: Wir haben derzeit ca. 400 Landkreise in Deutschland. Also in jedem Landkreis stellen wir ein zusätzliches Windrad auf und damit haben wir schon die Energie für 1 Mio Fahrzeuge? Klar - es gibt dicht besiedelte Gegenden, in denen das nicht so gut ist - aber wir brauchen ja auch keine 400, sondern nur 250. Mit Stand Ende 2014 haben wir derzeit in Deutschland ca. 25.000 Windenergieanlagen. Also 1% mehr - das macht es wirklich aus? Und selbst die 11.000 für ALLE Fahrzeuge (von denen niemand spricht) wären nur 50% mehr. Nur damit das mal im richtigen Verhältnis steht.
Und wenn schon die Nachteile der Energieerzeugung bei sauberem Strom angeführt wird - wie sieht es denn mit den fossilen Antrieben aus? Was könnte man alles vermeiden, wenn keine oder zumindest weniger Verbrenner auf den Straßen unterwegs sind? Schädliche Abgase, Feinstaub, Lärm. Es gäbe viel zu gewinnen.
Zum Batteriegewicht: Warum wird immer die halbe Tonne Batteriegewicht erwähnt - aber nicht, dass man ansonsten viel einspart? Warum wiegt mein Model S nur ca. 100 kg mehr als mein früherer Audi A7 - bei fast denselben äußeren Abmessungen (mal davon abgesehen, dass das Model S innen viel mehr Platz bietet). So ein Benzin-Motor und ein Getriebe wiegen eben auch schon einiges, das spart man.
Tesla hat übrigens mit jedem verkauften Model S eine sehr gute Bruttomarge. Allgemein ist von ca. 25% die Rede. Mit dem Auto an sich verdient Tesla also gutes Geld. Aber Tesla investiert weiter - in neue Modelle, in Batterieproduktion, in Infrastruktur (für welche die deutschen Hersteller nach dem Staat rufen).
Das Totschlagargument mit der Anzahl an benötigten Ladestellen kommt dann auch immer wieder. Hier passiert die Rechnung auf einmal auf der Basis von 100% Elektroautos. Selbst wenn es dazu kommt - von wie vielen Jahrzehnten sprechen wir? Aber selbst dann ist diese Rechnung falsch. Die allermeisten Fahrten sind keine Langstreckenfahrten. D.h. die erforderliche Anzahl von Ladesäulen, die unterwegs zur Verfügung stehen (und dabei ist vollkommen unerheblich, ob diese kostenlos sind oder nicht) ist viel geringer als hier prognostiziert.
Rechnen wir doch erst mal mit den 1 Mio Elektroautos. Wir haben also 150.000 Tanksäulen (die Zahl halte ich für zu hoch - bei uns in der Gegend hat keine Tankstelle diese Anzahl - aber nun gut) - und das für ca. 40 Mio Autos. Bezogen auf 1 Mio Autos macht dies 3.750 Tanksäulen/Ladepunkte. Bei einer normalen Autonutzung gehe ich davon aus, dass tendenziell eher 90-95% der Ladevorgänge zu Hause stattfinden können (warum sollte ich lange herumfahren und meine Zeit vergeuden?). Macht also noch 375 erforderliche Ladesäulen. Und das jetzt noch mit dem Faktor 6 wegen der Zeit - macht 2.250 Ladepunkte.
Aktuell (Stand jetzt) hat Tesla in Deutschland 57 Supercharger-Standorte mit 353 sog. Stalls (Ladesäulen). Aufgebaut in ziemlich genau zwei Jahren. Nur Tesla. Aber nun fahren ja nicht alle Tesla - und es gibt auch andere nette E-Autos. Und allgemeine Ladestellen. Schauen wir dort doch mal in die Statistik. Da sind wir aktuell bei ca. 11.000 - 12.000 Ladesäulen. Ups - das sind jetzt ja schon mehr als für die 1 Mio E-Autos benötigt werden. Sogar ca. 5x so viel.
Aber natürlich ist es dann undenkbar, dass über Jahrzehnte hinweg in dieser Richtung etwas passiert. Vielleicht entwickelt sich ja auch die Technik weiter. Mit höherer Kapazität, schnellerem Laden usw.
Aber - ich weiß es jetzt: Ich habe mich geirrt. Mein Model S ist ein Fehlkauf. Ich bin reingelegt worden. Was ich nur nicht sehe. Und jegliches Gegenargument wird mit dem weiteren Totschlagargument abgebügelt, dass die Tesla-Fahrer ja niemals zugeben würden, dass sie sich geirrt haben. Ist ein wenig zu billig, oder?
Ciao,
Gerhard