Technologietrends/Forschung rund um das Elektroauto

Hallo zusammen,

weiß nicht, ob es so einen Faden schon gibt (eventuell habe ich nur schlecht gesucht), aber ich finde, wir sollten einen Faden haben, um über aktuelle Technologietrends aus seriösen Quellen bzw. aus aktuellen Forschungsvorhaben zu sprechen, um auch frühzeitig Informationen über interessante Entwicklungen rund um Motor, Batterie, Design, usw. zu sammeln und zu besprechen.

Wie bei jedem neuen Thread: Jeder, der das sinnlos findet, einfach nicht weiterlesen und keine Zeit verschwenden - Schaden tut ein Faden eigentlich nicht, wenn er nicht schon irgendwo in ähnlicher Form existiert.

Also gut, hier ein paar Beispiele, die mir aktuell durch den Kopf geistern bzw. über die ich gestolpert bin:

-> Generelle Diskussion rund um Batterie-Forschung / Lithium-Luft lese ich letztens immer wieder / Meinungen?

-> Rolle von Graphen in der zukünftigen Batterieentwicklung

-> Piezoelektrizität und Innovationspotenzial für Elektroautos. Potenzial? Forschung?

-> Potenzial von organischen Solarzellen in der Karosserie von Elektroautos (als Range Extender) / auch in Kombination mit Piezoelektrizität. Wo wird daran geforscht?

-> Was ich mich schon immer gefragt habe: Wie viel Entwicklungspotenzial hat der Wechselstrom-Motor? Oder kann man „bessere“ elektrische Motoren bauen? Wird daran geforscht?

-> Design von elektrisch-autonomen Fahrzeugen: Brauchen wir zukünftig (in 15-20 Jahren) noch Knautschzonen?

Freue mich über Input und Austausch!

Hallo.

Finde ich toll und sehe den Strang mit Schrecken auf die zweite Seite rutschen.
Leider ist mein Kenntnissstand gering und ich kann nicht wirklich qualifiziert beitragen.

Aber was bitte sind Lithium-Luft-Akkus? Das klingt esotherisch :wink:

Danke!

Bei Lithium-Luft-Akkus reagieren die Lithium-Ionen an der Kathode mit Luft (genauer: mit dem Sauerstoffanteil in der Luft).

Näheres dazu auch hier:
pro-physik.de/details/news/8 … yklen.html

Auszug:
"In einem Lithium-Luft-Akku wandern Lithiumionen von einer Lithium-Anode durch einen Elektrolyten zur Kathode und reagieren dort mit Sauerstoff zu Lithiumoxid. Bei diesem Prozess können große Strommengen abgegeben und umgekehrt beim Aufladen wieder gespeichert werden. Doch bisher wurden Poren in der Elektrode allzu schnell von Lithium­oxid-Kristallen verstopft und die Diffusion von Sauerstoff und Lithiumionen schnell unterbunden. Nach enttäuschend wenig Ladezyklen sackte die Speicher­kapazität der bisherigen Lithium-Luft-Systeme ab.

Grey und Kollegen konnten diese Schlüssel­probleme mit einer Elektrode aus porösen Kohlen­stoff­schichten aus Graphenoxid und dem Zusatz von Lithium­jodid und Wasser beseitigen. Wegen des Zusatzes von Lithium­jodid und etwas Wasser liefen in der neuen Akkuzelle etwas veränderte elektro­chemische Reaktionen ab. Beim Entladen bildete sich Lithium­hydroxid statt Lithiumoxid, das beim Laden deutlich leichter wieder Lithiumionen bereit stellen konnte. Wichtig war dabei der poröse Aufbau der Graphenoxid-Elektrode, auf der sich Lithium­hydroxid in groben Flocken absetzte. Analysen mit einem Raster­elektronen­mikroskop und NMR-Spektren von der Kathode bestätigten, dass sich bevorzugt Lithium­hydroxid und kaum Lithiumoxid gebildet hatte."

=> Die Forscher haben hier Graphen-Oxid an den Elektroden verwendet, was den Fortschritt bei den Ladezyklen brachte. Bislang gingen Lithium-Luft-Akkus nach 25-100 Ladezyklen kaputt. Jetzt haben sie es auf 2000 Ladezyklen gebracht, was in etwa den Tesla-Akkus oder anderne Lithium-Ionen-Akkus entspricht. Das spannende ist aber die erreichte Energiedichte der Li-Luft-Akkus: bis zu 5000 Wh pro kg! Aktuelle Elektroautos fahren mit ~200 Wh pro kg herum. Das bedeutet, wenn die Lithium-Luft-Akkus serienreif werden, wiegt ein Tesla-Akku mit 85kwh keine 20kg mehr. (aktuell irgendwo bei 400kg oder so ähnlich)

weitere news dazu:
welt.de/motor/news/article14 … autos.html
ecomento.tv/2015/11/03/forscher- … batterien/

Ergänzung:
Aktuell forschen sie daran, nun die unerwünschten Nebenwirkungen von der Reaktion mit der Luft zu lösen - also Reaktionen mit Stickstoff, CO2, usw. . Der o.g. Labortest war mit reinem Sauerstoff durchgeführt worden, was in der Praxis ja nicht möglich ist…daher sind die Forscher auch realistisch und rechnen mit der Lösung der Probleme in den nächsten 5-10 Jahren.

Hallo Niubie,

Interessiert mich auch diese „neuen Entwicklungen“ , aber wenn man dann wieder sieht, wieviel Zeit vergeht, von der Ankündigung bis zur Serienreife, dann dauert das einfach viel zu lange.

Genau wie in diesem Beispiel, das wie ich finde sehr interessant klingt. Zumal ich darüber mal irgendwo ein Diagramm gefunden habe, das diese Technologie „angeblich“ keine Degradation aufweist.
powerjapanplus.com/
teslamag.de/news/power-japan-plu … tterie-698

Aber wer weiß, wie in dem Artikel von Teslamag beschrieben, vielleicht ist Tesla da mit der Gigafactory schon dran, oder kann dann auf neuere Technologien schneller reagieren?

Gruß

Kurt

Kurt, danke für das Beispiel. Ich habe versucht, mehr über die Firma und deren Graphen-Batterie herauszufinden, aber sie haben offenbar seit ca. 1 Jahr nichts mehr von sich hören lassen - bin gespannt, ob da noch was kommt. Graphen hat viele Vorteile bezüglich Ladegeschwindigkeit und auch Energiedichte und viele Forschergruppen experimentieren mit Graphen-Kathoden oder -Anoden oder wie hier gleich beide Elektroden, aber es ist anscheinend ziemlich tricky, unerwünschte Nebeneffekte zu umgehen, die die Zelle zunichte oder unsicher machen. Ankündigungen von Firmen sind daher für mich eher mit Skepsis zu betrachten - wissenschaftliche Publikationen in renommierten Fachzeitschriften sind dagegen interessanter, weil Wissenschaftler nach Renommée streben und „etwas zu verlieren haben“ - neuere oder unbekannte Firmen haben nicht viel zu verlieren, daher ist es immer leicht mal schnell eine Pressemeldung rauszuhauen, die fantastisch klingt.

Ich habe mir mittlerweile - aufgrund des Interesses an EV- etwas Akku-Wissen angeeignet und nach allem, was ich bisher so gelesen haben, sind Lithium-Schwefel-Akkus offenbar deutlich näher an der Automotive-Tauglichkeit als z. B. Lithium-Luft-Akkus.
Kürzlich wurde eines der wesentlichen Probleme überwunden, zumindest im Labor: das „polysulfide crossover problem“, siehe newscenter.lbl.gov/2015/10/15/pi … batteries/

Übrigens suche ich aktuelle Infos oft nicht über Google, sondern auf Twitter mit Eingabe der Suchbegriffe, z.B. lithium sulfur in das Suchfeld eingeben, oder eben lithium air. Hat den Vorteil, dass man gleich die neuesten Artikel sieht und schnell lesen kann, worum es geht, ohne weitere Webseiten zu öffnen.

Wer sich in Akkutechnik einarbeiten möchte: am Anfang können die Begriffe Anode / Kathode verwirren. Die Begriffe werden statt Minuspol (Anode) bzw. Pluspol (Kathode) verwendet, obwohl nur beim Entladen der Minuspol die Anode ist (dort findet Oxidation, d.h. Elektronenabgabe, statt). Beim Laden ist der Minuspol Kathode. Dennoch wird der Minuspol - insbesondere im Englischen - praktisch immer als Anode bezeichnet, selbst dann, wenn es nur ums Laden geht.

Bis neue Technik kostengünstig verfügbar ist, kann es übrigens sehr lange dauern: die ersten ‚modernen‘ Solarzellen - auf Siliziumbasis mit pn-Übergang - wurden 1954 gebaut. Selenzellen (die kann man in gewisser Weise auch als Photovoltaik ansehen) gab es sogar schon im 19. Jahrhundert.

@just_cruise: Wenn ich die Forschung der Helms Research Group richtig verstehe, sind das Membrane für Redox-Flussbatterien und keine klassischen Akkumulatoren, oder habe ich etwas überlesen?

Lithium-Schwefel-Batterien haben zudem (zumindest in der bisherigen Entwicklungspraxis) keine so deutlich höheren Energiedichten - Sion Power ist aktuell die weltweit führende Firma, die Li-S-Batterien entwickelt und testet:
sionpower.com/technology.html
Hier auch ein interessantes Datenblatt ihrer aktuellen Batterie:
sionpower.com/pdf/articles/L … 0-3-08.pdf

Aktuelle Forschung zu Li-S:
greencarcongress.com/2015/04 … nyang.html

Hier wird aber mal wieder deutlich, wie weit Lithium-Schwefel (ähnlich wie Lithium-Luft) von der Marktreife entfernt ist. Die Probleme sind aktuell dieselben: Geringe Zyklenfestigkeit und Stabilität. Es wird zwar weiter daran geforscht, weil die theoretischen Energiedichten bei Schwefel-Elektroden sehr hoch sind (ca. 2500-3000 Wh/kg), aber ich sehe hier keine Chance für Marktreife in den nächsten 10 Jahren - wie bei Lithium-Luft auch.

Interessanter wird’s wenn man schaut, was Panasonic vor ein paar Jahren in der Entwicklung hatte, das recht zeitnah auf den Markt kommen wird (so wird in manchen Foren/Blogs spekuliert). Hier ein Vorgeschmack:
greencarcongress.com/2009/12 … 91225.html

Durch eine Silizium-Anode wird die volumetrische Energiedichte um ca. 10% verbessert. Das Gewicht steigt aber um etwa 15%…aber vielleicht hat man das Problem inzwischen gelöst - die Angaben sind ja von 2009. Mal schauen, welche Zellen die Gigafactory produzieren wird, aber ich würde auf diese neuen tippen.

Akku-/Batterieforschung:

Nanodrahtbatterien mit Elektroden aus Goldnanodrähten mit Mangandioxidbeschichtung überstanden im Labor jetzt dank Einbettung in „Plexiglas“ bis zu 200.000 Ladezyklen.

Q: spektrum.de/news/plexiglas-a … en/1408703

Das hier klingt vielversprechend: Strom aus Stoßdämpfern per Magnet und Spule.
interpatent.de/unsere_innova … erung.html

wiwo.de/technologie/green/te … 08044.html

Aus dem ersten Link:

Das sagt alles oder?
Man hat also nur auf einer Wellblechpiste eine nennenswerte Energierückgewinnung … bei forscher Fahrt …
m.E. völliger Quatsch in zivilisierten Staaten, aber für Afrika womöglich interessant … oder auch für deutsche Autobahnen bei weiter zunehmender Schlaglochdichte … :wink:

Und dieser Absatz lässt dann doch erhebliche Zweifel an der Fachkompetenz des „Ingenieurs“ aufkommen:

Wieder einer, der ein Perpetuum Mobile erfunden hat, und es nicht wahr haben will. :laughing:
Naja, Esoteriker haben nun mal eine „feste technisch-physikalische Überzeugung“, die unumstößlich ist, auch nicht durch die Realität der Physik. :laughing:

Ich grabe mal diesen alten Thread wieder aus - oder gibt es einen noch spezifischeren für Batterieforschung?

Neues Anodenmaterial aus Silizium für höhere Energie- und Leistungsdichte:

heise.de/newsticker/meldung … 36489.html

Ja, ich stehe all den „Batterie-Durchbrüchen“ auch sehr kritisch gegenüber, da man nach dem Press Release meist nie mehr etwas davon hört. Aber hier habe ich irgendwie das Gefühl, dass es anders sein könnte. Mal schauen…

Wenn ich den letzten Satz des Artikels lese (Einsatz seltener Erden minimiert) dann zweifle ich doch etwas. Zumindest an den journalistischen Fähigkeiten des Autors.
Heutige LiIon Akkus enthalten keine seltenen Erden, was will man da minimieren?
Und der plakative Faktor 10 in der Energiedichte ist relativ zu welcher der heutigen Technologien?
Ich will den Fortschritt an dieser Stelle nicht kleinreden. Würde aber trotzdem gerne verstehen worauf du dein Gefühl gründest.

„Ganz nebenbei würde der Einsatz seltener Erden minimiert.“

Genau der Satz ist mir in dem „Fachartikel“ auch aufgestossen.

Ja mir auch. Ich hoffe, dass die Technologie hinter der Innovation etwas seriöser ist als die heise-Berichterstattung. Wir werden sehen.

Der Artikel beschreibt Forschungen zur Silizium-Anode an der Universität Kiel.

Kurze Suche nach Seltenen Erden in Akkus bringt mich nach Jülich, dort wird an einer Feststoff-Zelle geforscht:
fz-juelich.de/SharedDocs/Pre … terie.html

Hervorhebung durch mich. Lanthan gehört zu den Seltenen Erden. Von denen mittlerweile jeder meint zu wissen, dass die gut sind, oder böse, oder selten, oder teuer, oder was… :mrgreen:

Dass die Kieler Forscher auf Unterschiede ihres Ansatzes hinweisen, finde ich OK. Zellen mit 100% Silizium-Anode und 0% seltene Erden würden die Diskussion um die Verfügbarkeit der Rohstoffe für flächendeckende E-Mobilität deutlich entschärfen.
Natürlich wünsche ich mir, dass eines der vielen Forschungsvorhaben mal in einer für Massenfertigung brauchbaren Zelle mündet. Ohne eigene Zellfertigung in Deutschland fehlt aber vermutlich die Kompetenz aus und die räumliche Nähe zur Produktion.

Der Autor des Artikels schliesst von der Anode (Si-Strukturanode: bis zu 3,5Ah/g Si gegenüber Graphit: bis zu 0,33Ah/g C) auf die Energiedichte der Zelle. Das ist natürlich Blödsinn!

MMn haben die Li-Metallanoden wie von Volker angeführt mehr Zukunft als die Si-Anoden (egal in welcher Form).

Ich kann nicht beurteilen, welche Technik mehr Chancen hat. Wenn man die Liste der Veröffentlichungen des Forschungszentrums Jülich quer liest, bekommt man man einen Eindruck, wie steinig solche Forschungsarbeit ist. Da geht es um Untersuchungsmethoden, wie man Ionendurchtritte durch die Feststoff-Membran beobachten kann.

Ich beobachte den Markt der Akkutechnik schon seit vielen Jahren.
Immer wieder kommen Nachrichten über neue Wunderakkus, die aber bisher nie in Serienproduktion gingen und man hört auch nach Jahren meist nichts mehr davon.
Bis es tatsächlich die ein oder andere neue Chemie / Zusammensetzung gibt, dauert es viele Jahre bis zur Serienproduktion. Es kommen ja auch noch Testphasen, wenn sich bei Silizium die Chemie ausdehnt etc. pp.
Bis dahin müssen wir mit der aktuellen LithiumIonen Technik auskommen und hoffen durch eine höhere Produktion auch einen besseren Preis hinzubekommen um daduch höherer Reichweiten zu erzielen. TESLA macht das ja auch den anderen Unternehmen gut vor.
Sinvoll finde ich es an alternativen Range Externdern zu arbeiten, die ohne Verbrennungstechnik arbeiten.
Der Ansatz des Ampera war ja gut, rein mit Elektromotor zu fahren und wenn der Akku leer ist, wird der unterwegs wieder geladen und man bleibt nicht liegen.

Z.B:
elektromobilitaet.fraunhofe … len-RE.pdf

Was bei der Si-Strukturanode gerne verschwiegen wird ist die Tatsache, dass die Fertigung gegenüber z.B. der Si-Pastenanode deutlich teuerer ausfällt (CVD/Ätzen).

Darum glaube ich dass eher die Li-Metallanode mit Festkörperelektrolyt Zukunft hat, denn da könnten sich neben der höheren Energiedichte gleichzeitig auch Kostenvorteile ergeben?

Kannst ja mal den Artikel des Forschungszentrums Jülich querlesen. Wichtigstes Problem scheint mir der Innenwiderstand. Die Li-Ionen tun sich einfach schwer, durch einen festen Elektrolyten zu diffundieren - wenig überraschend.
Nun haben die Forscher schon erreicht, den Innenwiderstand von 20kOhm/cm² auf 2kOhm/cm² zu senken. Heutige Lithium-Ionenbatterien haben 50 Ohm/cm² - da fehlt also noch ein Faktor 40.

Eine Batterie mit hoher Energiedichte aber hohem Innenwiderstand wäre für Mittel- bis Langzeitspeicherung interessant, aber nicht für Elektromobilität.