Diskussion E-Mobilität in Heidelberg

In Heidelberg startet gerade die „Politische Diskussion“ zu der evtl. Förderung von Gas- und/oder Elektroautos
[url]SessionNet | Stadt Heidelberg - Gremieninformationssystem für Bürgerinnen und Bürger (BI)<br /> Umweltfreundliche Kraftfahrzeuge: Ökobilanz

(Ich wollte dies in diesem Forum gerne anbringen, weil von den politischen Diskutanten Tesla als besonderes Negativbeispiel verwendet wird)

Hier sticht besonders ein Herr Teufel von der AG Klimaneutrale Mobilität hervor. Seine zentrale Position ist der finanzielle, mentale :laughing: und funktionale Rebound, bei dem - kurzgefasst - sich alles Schlechte der Welt in Elektroautos manifestiert.

Besonders gelungen sind seine Folien, die er am 30.6. im Umweltausschuss des Gemeinderats präsentieren wird, bei denen er Elektroautos wie folgt angreift:

  • bei der Stromerzeugung nimmt er den deutschen Primärenergiemix (S. 4 ), um den Anteil der Erneuerbaren gering aussehen zu lassen (sog. Primärenergielüge). Bei ca. 30% Anteil der Erneuerbaren Energieträger wie derzeitig am Stromverbrauchs bekommen die Erneuerbaren Energieträger in der Primärenergie-Grafik nur ca. 10% Anteil, weil bei den Kohlekraftwerken der Input (ca. das 3fache der erzeugten Strommenge) mitgerechnet wird.

  • das Elektroauto schlechthin (er führt eine Studie der THEKLA/ETH Zürich ins Feld, hier dürfte nicht Tesla Model S gemeint sein) benötigt angeblich 24,3 kWh/100 km (S. 7);

  • da das Elektroauto schlechthin einen Mehrverbrauch von Strom bedeutet, führt dies unmittelbar und ausschließlich zu 100% Braunkohleverstromung;

  • damit errechnet er für das Elektroauto schlechthin eine CO2-Emmission von 330 Gramm/km, die noch über dem guten Verbrennermodel liegt (am besten schneidet bei ihm der Diesel ab. Bekanntermaßen überschreiten Euro-6-Diesel die NOx-Grenzwerte im realen Stadtbetrieb um den Faktor 12).

  • wird das Elektroauto schlechthin über eine eigene PV geladen, hätte man den Strom ja auch einspeisen können! Daher bleibt es bei den 330 Gramm CO2/km auch bei eigener PV-Versorgung (S. 8);

  • das Elektroauto schlechthin ist nur ein Zweit- und Drittwagen; fährt man mit dem Elektroauto, kann man nicht mit ÖPNV fahren, was höherem CO2-Verbrauch führt (S. 12); Die Stadtbusse fahren ja mit dem guten Diesel, und die Straßenbahn mit dem bösen(?) Strom?

  • durch die niedrigen Betriebskosten von Elektroautos wegen steuerliche Ungleichbehandlung von Benzin und Elektrizität fährt man am Ende gar mit dem Elektroauto; (umso schlimmer bei Tesla Model S (S. 13)). Mit Ungleichbehandlung meint er aber genau das Gegenteil der Realität: Die Kilowattstunde Strom ist mit ca. 18, die Kilowattstunde Diesel mit ca. 4 Eurocent Steuern & Abgaben belegt.

  • jedes Elektroauto schlechthin führt aufgrund der Flottengrenzwertregelung zu 5 zusätzlichen SUVs, deren Emission dem Elektroauto schlechthin anzurechnen wären;

  • durch das Elektroauto schlechthin entstünden besondere Unfallrisiken im Stadtverkehr, vor allem für Kinder. Dafür unterschlägt er natürlich die Vorteile durch durch leiserne Elektroautos im Stadtgebiet, die in bessere Gesundheit der Stadtbevölkerung resultiert.

Vielleicht möchte sich der eine oder andere Heidelberger Teslafahrer ja mal mit der AG Klimaneutrale Mobilität auseinandersetzen…

Da hat sich der gute Herr aber wirklich Mühe gegeben. Er beweist damit eindrucksvoll und eindeutig, dass man keiner Statistik trauen darf, die man nicht selbst manipuliert hat.

Leider habe ich die Befürchtung, dass sich einige Politiker davon überzeugen lassen.

Der Typ rührt im Erbrochenen

Stellenweise sehen die Zahlen überzeugend aus. Dass zB die Supercredits der Subventionierung von SUVs Vorschub leisten, wissen wir und da hat er Recht.
Kleinere BEV wie e-Golf/I3 etc eignen sich wirklich nur als Zweitwagen -> stimmt auch dass es dann eher mehr PKW gibt.

Das wird e-Golf only-, i3 only- und Smart ED only-Fahrer kaum überzeugen.

Und ich dachte Heidelberg ist so grün :wink:

Was will Herr Teufel damit bezwecken? „Verbrenner schlecht, Elektroautos schlechter, Öffentliche auch nicht gut …“ sollen noch mehr Radfahrer die Stadt belagern :mrgreen:
Wird Zeit das mal aktuelle CO2 Bilanzen kommen in denen deutlich wird das unser Strom immer „grüner“ wird.

Die Heidelberger Bürgerschaft ist seit jeher tief gespalten in die (ehemaligen) Anhänger der nationalistischen Früh-FDP und die der „Linken“. [url]http://blog.stuttgarter-zeitung.de/zeitreisen/2010/07/28/schluss-mit-entnazifizierung-wahlt-fdp/[/url]

Ich weiß aber nicht zu welcher Fraktion dieser Teufel gehört. Den ÖPNV stellt er glaube ich nicht negativ dar, er fordert ja gesponserte ÖPNV-Jahrestickets, wenn man den Führerschein hinterlegt. Ich glaube aber nicht, dass dies die verkehrlichen Auswirkungen hätte, von denen er träumt.

Die Stadt Heidelberg hat bereits hervorragende 63% Nicht-MIV im Modal-Split (also nur 37% der Wege werden mit KFZ zurückgelegt), das Potential dürfte so gut wie ausgeschöpft sein (außer Mitnahmeeffekten passiert da nicht viel). Bei anderen deutschen Städten liegt der KFZ-Wegeanteil viel höher: Essen 69%, Freiburg 63%, Nürnberg 52%. International gesehen bei den Metropolen steht Deutschland ziemlich gut da: Berlin 31%, München 33%. In den USA gibt es eine Reihe von Metropolen mit >85% KFZ-Anteil. Paris (Kernstadt) liegt mit durch viel Fußgängerverkehr bei hervorragenden 9%.

Ich will eine Anmerkung zu diesem Punkt machen:

Die Folie 5 zeigt die Grenzkostenbetrachtung bei der Stromerzeugung. Es ist zu erkennen, dass der Preis für Braunkohlestrom niedriger ist als der Preis für Steinkohlestrom.Die ist auch klar, wenn man bedenkt, dass der Rohstoff „Braunkohle“ zu 100% in Deutschland abgebaut wird und nicht importiert (Transportkosten nach Deutschland) werden muss. Deshalb werden erst die Steinkohlekraftwerke runtergeregelt.

Somit würde der Stromanteil aus Steinkohle zunehmen bzw. bei einem funktionierenden Emissionshandel der Anteil aus Erdgas bis die Erneuerbaren diesen Anteil auch übernehmen.

Aber machen solche Ansätze mit der behaupteten Herkunft des Strommehrverbrauchs und dem damit berechneten CO2-Anteils überhaupt Sinn? Zum einen ist es ja ein Augenblicksverbrauch, der abgedeckt werden muss, wenn ein Elektroauto geladen wird. Es ist aber nicht mehr ein Augenblicksverbrauch, wenn viele Elektroautos geladen werden. Denn dann kann man die installierte PV- und Windleistung erhöhen, z.B. via Nachfrage über richtige Ökostromprodukte, ohne befürchten zu müssen, Überschüsse billig oder gar gegen Kosten „ins Ausland“ verkaufen zu müssen.

Außerdem bleibt bei Teufels Betrachtung unerwähnt, dass bereits heute sämtliche Elektroautos ihre Strombedarfslast beim Laden im Sekundentakt von 100% auf 37% oder gar 18% reduzieren können. Jedenfalls ist dies trivial möglich - falls in den nächsten Jahren ein Lastproblem erkennbar werden würde - diese bereits im Typ 2-Standard implementierten Steuerungsbefehle von den Ladestationen dynamisch an die Fahrzeuge weiterzugeben. Dem aktuellen Wind- und PV-Stromangebot kann so mit hoher Abbildungstreue gefolgt werden.

Von evtl. zukünftigen rückspeisenden E-Autoakkus, die den Strom vekaufen, um das Netz zu stabilisieren, braucht man da noch gar nicht zu reden. Davon hat der Teufel ohnehin noch nichts gehört. Schon mit der gewählten Primärenergiedarstellung des EE-Stromanteils wird der Manipulationsversuch an den Zuhörern klar.

Der Foliensatz dokumentiert m.E. die zielgerichtete Zusammenstellung von Daten. Es geht hier nicht darum, Vor- und Nachteile abzuwägen, sondern nur darum möglichst viele Nachteile von EV mit Zahlen zu untermauern, die ohne Beleg zusammengestellt werden. Warum der CO2 Beitrag bei der Herstellung eines EV so viel höher sein soll als bei Verbrennern, bleibt ohne Nachweis und ist doch die Basis aller lünftigen Behauptungen. Auch ein Motorblock muss gegossen werden. Vermutlich hat er nur den Energieaufwand der Fahrzeugmontage bei den Verbrennern berücksichtigt.

Kennt von Euch jemand evtl. Infos/Gegeninfos zu der auf S. 16 des Foliensatzes dargestellten US-Studie zu Unfallzahlen aus dem Jahre 2009?

Kommen die Tesla-Modelle in den USA ohne Geräuschgenerator in den Handel? Falls dem so ist (und evtl. auch bei anderen Elektroautos mit hohem Marktanteil in den USA so sein sollte), aufgrund welcher evtl. Gegenstudie wappnen sich die Produktanbieter gegen die i.d.R. als extrem angesehene Produkthaftung in den USA?

Hier ein Update der Diskussion. Herr T. hat für die Ausschusssitzung noch einen Foliensatz nachgelegt, wohl als er von abweichenden Meinungen Kenntnis bekam.
[url]https://ww1.heidelberg.de/buergerinfo/getfile.asp?id=254133&type=do[/url]

Ich als Nicht-Heidelberger war nicht in der Ausschusssitzung anwesend, hatte die Damen und Herren Räte allerdings vorab mit meiner Stellungsnahme beglückt (die sich i.W. an meinen Eingangspost anlehnen). Antworten bekam ich nur von den „Bürgerlichen“ sowie „dem“ Piraten.

Von den beiden Grünen Fraktionen kam ich keine Antwort, sie haben meine Mail aber offenbar an Herrn T. weitergeleitet, damit er eine Gegenstellungnahme anfertigen kann. Diese muss ich noch durchschauen. Vielleicht möchte mir dabei jemand zur Hand gehen?

Bei der Diskussion geht es ja um kommunale Förderung für alternative Kraftfahrzeuge. Ich würde das als Kaufförderung nicht machen, sinnvoll halte ich bei einer Kommune die Förderung von Ladeinfrastruktur im Stadtgebiet. Herr T. möchte lieber ÖPNV-Jahresabos verschenken. Ich halte das in dieser Stadt mit einem recht hohem Nicht-MIV Modal-Split für rausgeworfenes Geld (Mitnahmeeffekte).

Aber zuallererst geht es mir um die Thesen gegen Elektromobilität, die Herr T. im Einklang mit einem Großteil der der Bürgerschaft aufzustellen scheint. Er zieht gerne Studien heran, z.B. im neuen Foliensatz auf S. 22

Geräuschemissionen im Straßenverkehr können durch einen steigenden Anteil an Elektrofahrzeugen kaum reduziert werden, da bei neuen Kfz bereits ab niedrigen Geschwindigkeiten das Motorgeräusch durch das Fahrgeräusch übertroffen wird.

oder auch eine öffentlich nicht zugängliche THEKLA Studie der ETH Zürich (Siehe S. 6), die Elektroautos exorbitante Energieverbräuche unterstellt.

Kennt jemand diese Studien und kann näheres dazu sagen? Bei der Thekla/ETH gibt es glaube ich Verbindung zur Schweizer Erdöl-Vereinigung, da gabe es mal einen Webseitentreffer.

7.6Mio CHF Forschungsgelder von Petrobras an die ETH Zürich:
tagesanzeiger.ch/wissen/natu … y/21066579

Ein Schelm…

Ach ja, diese Fundstelle hatte ich gemeint. Diese Thelma/ETH-Studie wird im ebenfalls als Grundlage der Ausschusssitzung genannt (S. 3).

Hier nun also das Ergebnis der Gremiumssitzung des Heidelberger Gemeinderats:
[url]http://ww1.heidelberg.de/buergerinfo/getfile.asp?id=251530&type=do[/url]

Eine der zu Papier gebrachten Vorschläge lautet wie folgt (S. 4):

Aufgrund der Umweltbelastungen, die bei der Herstellung und der Entsorgung der Batterien und der Elektromotoren entstehen, stellt sich die Frage, ob eine Förderung von E-Fahrzeugen überhaupt sinnhaft ist, zumal offensichtlich die Industrie die Problematik nicht in den Griff bekommt. Die Förderung von Erdgas- und Hybridfahrzeugen solle hingegen beibehalten werden. Zukünftig solle auch eine etwaige Förderung der Wasserstoff-Technologie in Betracht gezogen werden.

Oh du meine Güte!

Da hat die Verbrennerlobby aber echt mal Erfolg gehabt und leider einen blöden Präzedenzfall geschaffen.

Frank

Da muss ich wohl die Tage mal wieder durch Heidelberg fahren und die Blicke auf mich ziehen :mrgreen: Geld gibt es dort je nach Stadtteil genug, die Fahren nur (noch) lieber Verbrenner. Selbst der Europäische Hof hat eine „Porsche Ladesäule“ im Innenhof stehen für die Panamera Hybrid.

Och Gott o Gott. …
Wir fahren ja alle mit Bleibatterien und Sâurefüllung rum…
Gefährlich…

Gerade die Batterien sind doch für eine Zweitverwendung als Stromspeicher super geeignet…

Na ja, es braucht noch ne Menge Aufklärung.

Gruss

Mario

Wie kann man so ein Scheiss überhaupt schreiben, ohne mal drauf einzugehen, welche problematischen Inhaltsstoffe denn gemeint sind?
LiIon-Batterien sind zu über 99% recyclebar, Asynchron-E-Motoren wie im Tesla enthalten keine seltenen Erden…

Aber recht haben sie schon, schliesslich haben Hybride keine Batterien und Benzin rezikliert sich von alleine, direkt beim Gebrauch :frowning:

Hat Tesla Motors als zukünftiger Gigabatteriehersteller eigentlich was zu der Ökobilanz der LiON-Akkus veröffentlicht?
Z.B. Aufwand Rohstoffgewinnung, Herstellungsenergiebedarf, davon Anteil regenerativer Energie, geschätzte Lebensdauern als Fahrzeugakku und im Second Life als stationärer Stromspeicher, Recyclingfähigkeit?

Normalerweise dürften Batteriehersteller das nicht veröffentlichen, um die Produktionsprozesse nicht offen zu legen. Bei Tesla könnte das anders sein?