Stromanbieter mit netzdienlichen E-Auto-Tarifen

Wir kennen alle den dummen Spruch, dass die Lichter ausgehen würden, wenn alle Nachbarn gleichzeitig um 18 Uhr von der Arbeit nach Hause kommen und ihr E-Auto einstecken würden. Die Argumentation mit der Netzlast wird gern gegen die Emobilität ins Feld geführt. Leider wird allzu oft übersehen, dass man dieselbe Argumentation durchaus auch für die Emobilität verwenden kann: Wenn man das Laden von Elektroautos netzdienlich steuern würde, wären mehr E-Autos ein Teil der Lösung und nicht ein Teil des Problems. Daher bin ich der Überzeugung: So lange die Vertreter der Stromindustrie noch jammern, ohne Tarife mit dynamischen Endkundenpreisen (Stichwort SmartMeter bzw. smarte Wallboxen) anzubieten, ist das Jammern wohlfeil und der Schmerz eindeutig noch nicht groß genug.

Die Stromlobby hat sich selbst dabei einige besondere Hürden aufgebaut, die den Endverbraucher vom Strommarkt abkoppeln und somit eine dynamische Steuerung unterwandern. Ich bin überzeugt, dass dieselbe Lobby gerade in der aktuellen politischen Situation (Stichworte Dieselskandal und Klimawandel) innerhalb kürzester Zeit dafür sorgen könnte, die politischen Voraussetzungen für einen echten Strommarkt beim Endverbraucher zu schaffen. Das würde allerdings die ebenso wohlfeile Argumentation mit der „Grundlast“ und der anhaltenden Notwendigkeit von Kohle- und Atomkraftwerken ad absurdum führen, und das ist bislang nicht im Interesse der Großen und Mächtigen.

Es gibt aber einige kleine, unkonventionelle Anbieter, die nichtsdestotrotz versuchen, uns E-Auto-Fahrern ein netzdienliches Laden schmackhaft zu machen. Die erst kürzlich erfolgte Einstufung von E-Autos als „Abwerfbare Lasten“ (analog zu Nachtspeicherheizungen) hat die Tür dafür zumindest ein kleines bisschen aufgestoßen. In diesem Thread möchte ich über Anbieter diskutieren, die sich für einen Strommarkt beim Endkunden und für eine netzdienliche Integration von Elektroautos stark machen. Los geht’s!

Der Anbieter „natürlich grün“ hat spezielle E-Auto-Tarife, die auf Zweitarifzählern basieren. Leider bekommt man Informationen darüber nicht tabellarisch, sondern nur homöopathisch, wenn man sich durch die individuelle Tarifberechnung klickt:
:arrow_right: natuerlich-gruen-strom.de/de/

Man sollte sich da in die sogenannten Wärmepumpentarife einklinken können, die auch dem Lieferanten eine Spitzenlastabschaltung ermöglichen.

Andere Anbieter bilden gleich ganze virtuelle Stromnetze. Dadurch sind unterwandern sie in gewisser Weise die starren Regularien für den Stromverkauf und können ihren Kunden innerhalb des eigenen Netzes innovative Tarife anbieten. Nach meiner Kenntnis sind folgende Player in diesem Bereich unterwegs:
:arrow_right: sonnen
:arrow_right: lichtblick.de/schwarmenergie/
:arrow_right: gridx.de/

EDIT 15.11.2018:
:arrow_right: enyway

EDIT 04.12.2018:
:arrow_right: Nordgröön
:arrow_right: aWATTar

Gibt es noch mehr? Und: Hat einer von Euch schon persönlich Erfahrungen mit einem dieser Anbieter sammeln können?

Ich habe keine Lösung für wirklich netzdienliches Laden, aber wer zumindest CO2-arm laden will, der kann auf

electricitymap.org/

nachschauen, wie viel CO2/kWh im eigenen Land gerade produziert wird und kann entsprechend „manuell“ laden.

Das wäre dann so ein Wärmepumpentarif für unsere rund 20.000 Kw/h Verbrauch!

Richtig, genau so funktioniert das z.B. auch bei „natürlich grün“. Leider gibt es immer noch einige Anbieter, darunter die legendären „schönauer Stromrebellen“ (ElektrizitätsWerke Schönau), die keinen solchen Tarif anbieten. Andere bieten zwar einen „Wärmepumpentarif“, vermarkten ihn aber nicht explizit als E-Auto-Tarif. Das ganze Thema hat aber auch eine politische Komponente und daher finde ich es besonders interessant, zu beobachten, wer die E-Auto-Fahrer als Zielgruppe bereits entdeckt hat und wie Tarife speziell auf diese Zielgruppe zugeschnitten werden.

Bei „natürlich grün“ heißt der Tarif dann „charge up“, obwohl vermutlich genau dasselbe drin ist, wie im „Wärmepumpentarif“. Das finde ich einen legitimen Ansatz. Gibt es noch andere Anbieter, die spezielle Tarife für E-Auto-Fahrer haben?

Bequem und ohne aufwändige Doppelzählerinstallationen bzw. Abwurfrelais im Zählerkasten wäre es doch, wenn über das oft schon vorhandene GSM-Modul der Ladesäule/Wallbox der (über das Pulsweitensignal im Typ 2-Kabel) an das Fahrzeug übermittelte Maximalstrom vom Stromanbieter geregelt werden würde.

Die Installation derart ausgerüsteter Ladesäulen/Wallboxen wäre dann Voraussetzung für einen merklich günstigeren Stromtarif, und der Stromanbieter kann, wenn es z.B. am Winterabend kurzzeitig notwendig sein sollte, von max. 24 A auf 16, 12, 10, 8 oder 6 A zurückschalten und so die Netzlast verringern.

@Spürmeise, das wäre so eine Art Idealvorstellung. Welche konkreten Anbieter machen bereits erste Schritte in dieser Richtung?

Meine Idealvorstellung ist, dass ich eine Lademenge und einen Zeitpunkt angebe, zu welcher diese geladen sein soll und der Hersteller dann heuristisch den besten Zeitpunkt für die Ladung ermittelt. Das gekoppelt mit einem SmartMeter und einem Tarif, der wirkliche unterschiede zwischen den Zeiten hat.

Ich hab mal diverse HT/NT-Tarife durchgerechnet. Selbst wenn ich komplett nur zur NT-Zeit laden würde, hätte ich noch Mehrkosten. Durch die sehr kleine Differenz zwischen HT und NT kann ich die monatlichen Mehrkosten verbunden mit den leicht höheren HT-Kosten nicht ausgleichen.

Ich fürchte, da ist insbesondere der Gesetzgeber gefordert. So lange Stromsteuern unabhängig vom den Stromkosten erhoben werden und Netzentgelte für Endverbraucher immer gleich sind, wird daraus kein Geschäftsmodell.

Bei der Süwag gibt es Autostrom:

suewag.de/web/cms/de/199633 … zum-laden/

20,61C/KWh

Genau solche Angebote suche ich. Interessant daran ist, dass Süwag offenbar letztlich RWE ist… Das würde mich möglicherweise davon abhalten, dort einen Vertrag zu unterschreiben, auch wenn die Bedingungen deutlich in die richtige Richtung zeigen. (Nur mal angenommen, man könnte diesen Tarif auch in Berlin bekommen, was offenbar nicht der Fall ist.)

volker hatte doch hier über den Ladepunktbonus des Netzbetreibers Netze BW geschrieben. Bei diesem Modell bleibt der eigene Stromversorger erhalten, Netze BW berechnet diesem dann aber ca. 4,11 ct/kWh weniger Netzentgelt, dass dieser dann natürlich an den Kunden weitergeben muss. Erforderlich wäre dann ein zweiter Zähler für die Ladestation, welcher 24,21 € pro Jahr kostet.

Danke für den Querverweis!

Bei uns in Hannover hat Enercity schon 2014 genau so etwas in einem Pilotversuch mit einer speziellen Ladebox getestet:
enercity.de/presse/presseme … ch-e-auto/

Hier ein Video, in dem man die Ladebox sieht:
youtube.com/watch?v=zpZ2SsegLYo

Leider ist bisher davon noch nichts für die Öffentlichkeit angeboten worden [emoji20]

Hallo Volker,

bei ”New Energie" aus Mönchengladbach wird so etwas angeboten: new-energie.de/strom/elektr … bilityhome

Allerdings nur in deren Netz-Gebiet.

Schöne Grüße

kwi

Ich sehe darin das Dilemma, wohin soll die Intelligenz? Netzbetreiber können SmartMeter und intelligente Wallboxen anbieten, aber halbwegs bequem oder automatisch kann man Lademenge und Zeitpunkt nur im Auto ermitteln. Da haben wir ja heute unseren Lade-Timer.

Wie soll das an den Netzbetreiber übermittelt werden, wer normt diese Kommunikation zwischen E-Auto und Energieversorger? Wer entsendet Mitarbeiter in ein solches Normierungsgremium? Aus welchem Interesse heraus?

Ich sehe keine Player im Markt, die das in diese Richtung aktiv steuern. Eher werden „smart home“ Lösungen das Auto in das Energiemanagement des Heims integrieren.

Die Intelligenz muss ganz klar in die Ladebox!
Jeder Energieversorger (nicht Netzbetreiber) könnte eine intelligente Ladebox für seine Stromkunden anbieten.
Man sieht eine solche intelligente Ladebox in dem von mir oben verlinkten Video von Enercity. Ich habe daraus mal ein paar Screenshots gemacht:
Die Ladebox hat nur 2 Optionen.

A) sofortiges Laden -> ich zahle den normalen Strompreis:


B) Laden zu Zeiten geringer Netzlast -> ich erhalte eine Prämie


Das schöne daran: beide Seiten profitieren finanziell davon! Der Kunde und der Energieversorger sparen bei Option B) Kosten.

Das ist erstmal eine sehr einfach Wahlmöglichkeit mit den beiden Optionen aber im Video wird ab 2:50 erwähnt, dass im nächsten Schritt auch eine Vorauswahl möglich sein soll, bis wann das Auto geladen sein soll und die Box selbstständig den Start der Ladung regelt.

Ich würde mir wirklich wünschen, dass die Energieversorger endlich erkennen, was da für ein Potenzial drinsteckt und die Ladestation-Hersteller entsprechende Ladeboxen entwickeln!

Ich stelle mir das wie beim Mobilfunkmarkt vor:

Es gibt intelligente Ladeboxen (-> Handys), die mit dem Internet verbunden sind und es gibt Stromanbieter (-> Mobilfunkanbieter), die ihre eigenen Tarife bestimmen.
Ich kaufe mir also eine intelligente Ladebox und wähle mir den passenden Stromanbieter aus.

Ganz klar: Geld!

Die Stromanbieter müssen erkennen, dass sie Geld damit verdienen können, wenn sie die Lasten, die durch das Laden von E-Autos entstehen, steuern können!

Klar, das lohnt sich ja im Moment auch nicht. Wenn E-Autos irgendwann mal 10% des Gesamtstromverbrauchs nutzen und die Erneuerbaren weiter ausgebaut sind, sieht das vielleicht anders aus. Vielleicht auch nicht. Ich wollte nur sagen, dass meine Vorstellung von „ideal“ eine andere ist, wenn auch natürlich (aktuell) total unrealistisch.

Realistisch würde ich mir einen SmartMeter Tarif wünschen, bei welchem ich zu Hause am PC meinen aktuellen Strompreis, sowie die historischen Strompreise in meiner Wohnung einsehen kann. Aber auch darauf werde ich noch einige Jahre warten müssen…

Genau darauf will ich hinaus. So lange sowas nicht angeboten wird, kann es mit der „Gefahr“ für die Netzstabilität durch die bösen Elektroautos nicht weit her sein. Und umgekehrt wäre ich der erste, der an dieser Stelle seinen Beitrag zu einem Ausgleich der Netzlast leisten würde, wenn man mir nur die Möglichkeit dazu geben würde.