Sind Wohngebiete auf eine starke BEV-Nutzung vorbereitet?

In letzter Zeit wird mir verstärkt erklärt, daß eine komplette Umstellung auf batterieelektrische Fahrzeuge alleine schon daran scheitern muss,
daß zum laden der Fahrzeuge gigantische Strommengen in Wohngebieten vor allem nachts benötigt werden, wenn alle Fahrzeuge
„in der Garage stehen“ und zeitgleich geladen werden müssen. Weder Hausanschlüsse, noch die übergeordnete Struktur sei dafür ausgelegt.

Jetzt habe ich selber von dieser Thematik leider zu wenig Ahnung, um beurteilen zu können, ob diese Aussage haltbar ist.
(Aber selbst ich kann ein Elektroauto laden. :laughing: )

Kann mir jemand bitte in diesem Punkt etwas Aufhellung verschaffen. Ich habe bei Elektrizität in der Schule leider nicht aufgepasst. :confused:

Bei den alten Stromnetzen war die Hauptlast am Mittag wenn in den Haushalten gekocht und in der Industrie gearbeitet wurde.
Da war der Strom am teuersten und die Energieunternehmen haben daran gut verdient.
Nachts war die Stromabnahme so gering das es Sondertarife für Nachspeicherheizungen gegeben hat um den Verbrauch in der Nacht zu erhöhen und die Kraftwerke gleichmäßiger auszulasten.

Mit den Zubau von Photovoltaik wurde das geändert, heute sind die Spitzen am Abend und am Morgen. In der Nacht gibt es den Strom immer noch billiger (Tag-/Nachtstromtarife), zusätzlich gibt es Tarife mit Spitzenlast Abschaltungen (WP-Tarife).

Ein gleichmäßiges laden aller Auto in der Nacht wäre auch heute kein Problem.
Alle Autos am frühen Abend parallel zum Herd, Heizung und Durchlauferhitzer mit 22kW laden geht nicht.

Das ganze kann mit flexiblen Preisen relativ leicht geregelt werden.
Dabei stellt sich die Frage der Steuerung und der Datensicherheit und Datennutzung.

Wo bisher alle gleichzeitig den Herd und die Kaffeemaschine einschalten konnten, können in Zukunft auch alle ihr E-Car übernacht laden. In 10 Std kann man mit 2kW 20kWh ins Auto laden, damit kann man 90-150km Fahren. Im Schnitt fahren die Autos pro Tag weniger.

Wenn alle PKW in D elektrisch betrieben würde, bräuchten wir im Schnitt 10% mehr Strom als heute… alles kein Problem

Wie war das damals mit dem Benzin? Musste in kleinsten Mengen in der Apotheke gekauft werden. Schon damals hat man für das Automobil keine Zukunft gesehen. Und wie ist es gekommen? Klar es mussten Tankstellen gebaut und eine Verteilungs-Infrastruktur geschaffen werden. Das gleiche sollte heute mit Strom auch möglich sein. Man muss es nur machen (wollen)!

Die Netzbetreiber haben damit tatsächlich ein Thema. Es wird insbesondere nicht funktionieren, daß jedes Haus eine 22 kW Ladestation bekommt. Abzusehen ist dass die technischen Anlussregeln so abgeändert werden, dass Ladestationen meldepflichtig, bei hohen Leistungen auch genehmigungspflichtig werden. Das hat den Sinn, dass die Netzbetreiber den Überblick behalten und ggf mit Netzausbau reagieren können.

Ich habe dieses Jahr eine Masterarbeit betreut, dabei wurde der Einfluss von PV Anlagen und Ladestationen auf ein Stadtnetz untersucht. Im untersuchten Fall war das Netz sehr stabil, so dass in den meisten Gebieten ein starker Ausbau auf PV möglich war, aber auch ein Großteil der Fahrzeuge auf E umgestellt werden konnte, wenn die Ladung mit reduzierter Leistung über Nacht oder noch besser am Tag lief. Ladung am Tag, während der Arbeitszeit - zur Nutzung der PV bedeutet Ladestationen beim Arbeitgeber.

Ideal wird die gesteuerte Ladung, dann müssen wir unsere PV und Windkraftanlagen nicht mehr abregeln.

Darum ging es mir nicht. Diese Zahl ist mir bekannt und damit lässt sich leicht argumentieren.

Mir ging es speziell um die Situation der Wohngebiete, bzw. der Wohnhäuser.

Die Strommenge pro Haushalt wird vermutlich deutlich stärker steigen, als nur um 10 %.

Was machen dann die Netze?

Wie schon geschrieben, es muss verhindert werden das alle gleichzeitig mit hoher Leistung laden.
Ein gleichmäßiges Laden in der Zeit mit geringer Last ist kein Problem.
Die Frage ist wie man das gleichzeitig Laden mit hoher Last verhindert:

  • flexible Preis
  • Leistungsbeschränkungen je Anschluss
  • verpflichtende Steuerung von privaten Ladestadionen
  • usw.

Hier wird von den Netzbetreibern wieder mal nur reagiert anstatt im Voraus zu agieren. Das Thema ist schon seit ewigen Zeit bekannt und jetzt wird erst damit begonnen darüber nachzudenken.

Es muss sowohl eine technische als auch eine tarifliche Lösung her um das in den Griff zu bekommen.

Die technische Lösung sind SmartMeter oder bis dahin der alte Rundsteuerempfänger. Der daran angeschlossene Stromkreis darf dann nur eine bestimmte maximale Leistung haben, so dass das Verteilnetz nicht überlastet wird.

Der Tarif sollte sich deutlich an der tatsächlichen Verfügbarkeit von Kraftwerksleistung orientieren, d,h. mit Faktor. Dazu sollte der Staat die Abgaben auch deutlich reduzieren, so dass die Preise an der Strombörse auch eine signifikante Auswirkung auf den Endpreis haben.

… Das Problem ist doch heute das es in den Verteilnetzen zu viele Einspeiser und zu wenig Abnehmer gibt.

Sent from mTalk

Die Abnehmer sind haben doch eine deutlicher Überzahl, oder?

Ja aber die Verteilnetze sind auf den starken Anstieg der PV / KwK / Bio Einspeisungen gerade im ländlichen Gebiet nicht eingerichtet…

Das ist richtig, aber genau das umgekehrte Problem.
Wobei KwK, Biogas und Windkraft wunderbar zu geregelter Ladung bei Autos passt.
Die heute nicht verwendbaren Überschüsse dieser Anlagen fallen hauptsächlich in der Nacht oder an Wochenenden/Feiertagen an.
Genau in der Zeit stehen aber die meisten Autos in den Wohnsiedlungen und könnten diese Energie aufnehmen.

Und diese Energie (abgesehen vielleicht von der Windkraft) müsste nicht durch ganz Deutschland transportiert werden sonder würde relaltiv nahe beim Abnehmer erzeugt werden.

Eine relativ einfache Lösung wäre doch ein Wohnbezirk/Straßenakku in ordentlicher Dimension für den Peak, wo Netze nicht reichen.

Zwar teuer, aber einfach zu integrieren.
Oder denke ich zu einfach?

Auch wenn die gesamten Strommengen über ein grösseres Gebiet gesehen kein Problem darstellen, es wird wohl durchaus einiges an Investitionen in den Mehrfamilienhäusern benötigen. Es gibt doch einige, die nicht erst gestern gebaut wurden und deren Elektroinstallationen zu Wünschen übrig lassen. Wie zeitnah die Vermieter und Verwaltungen diese vornehmen werden…Ich bin skeptisch ob es sein wird bevor sie die Garagenplätze aufgrund der fehlenden Lademöglichkeit schlicht nicht mehr vermieten können. Und wenn alle so denken, dann wird das noch sehr lange dauern. Im allerschlimmsten Fall werden die Lademöglichkeiten erst mit dem Totalum- oder Neubau der Häuser eingebaut.
Wir lassen momentan auch eine CEE in der Garage eines Miet-Mehrfamilienhauses einbauen. Der Elektriker hat bei der Frage nach 22kW abgewunken, dies sei dort nicht möglich. Solange wir das einzige Elektroauto sind reichen 11kW ja, aber wenn die anderen zwei Dutzend Autos dann auch eine Batterie haben werden…

Hier wird sowas in der Richtung schon pilotiert: lew.de/energiezukunft/smart-operator/

Als Komponenten kommen Smartmeter und auch ein zentraler Batteriespeicher zum Einsatz.

Allerdings noch ein zartes Pflänzchen, was eMobilität betrifft. Es sieht sicher anders aus, wenn alle elektrisch unterwegs sind.

@dan
Das ist genau so ein Problem wie hier auch herrscht. In Deutschland/Österreich mag das eventuell schon etwas weiter sein, hier allerdings weniger. Bei uns in der Region ist das Netz nicht auf solche Ströme ausgelegt. Ein Normales EFH wird hier im Normalfall mit 3x25A angeschlossen, die Leitung ist auf 3x32A ausgelegt. Unsere Wohnung (5 Wohneinheiten, 7 Stellplätze) war mit 3 x 63A am Netz… Leitungen im Boden für 3x80A ausgelegt. Und das ist hier überall in der ganzen Region so. Hier muss massiv ausgebaut werden.
Für unser EFH haben wir uns entschieden dass wir gerne 3x63A hätten. Ging aber nicht, da auch der Quatierverteiler solche Lasten für ein einzelnes Haus nicht zulässt. Als Kompromiss haben wir uns darauf geeinigt dass wir dennoch die Zuleitung ins Haus für 63A bereits auslegen und derzeit im Hausanschluss statt der 3x25A auf 3x40A zu gehen. Aufpreis dafür waren hier in CH-4625 rund 10.000 CHF plus noch mal ne Summe für die dicke Erdleitung.

Solange sehr viele Wohnungen gebaut werden und diese möglichst günstig sind sind leider so gut wie keine Genossenschaften oder sonstiges bereit hier 10tausende zusätzlich auszugeben um eventuell irgendwann mal Parkplätze mit Ladestationen auszustatten. Weil derzeit kann man das ja nicht verlanden. Oder würde jemand der gar kein Elektroauto hat freiwillig 150 mehr für nen Parkplatz zahlen den er gar nedd braucht?

Zumal solche Bauvorhaben schnell mal Jahre dauern können… ich erinnere da nur an die Windräder die man im Jura bauen wollte… nach 12 Jahren der Planung und Einsprachen hat man dann 40 km weiter in Frankreich ein Gaskombikraftwerk hingestellt… nach 2 Jahren Planung :unamused:

Hi !

Das sind tlw. sehr lokale Betrachtungen, die man da führen muss. Wir wohnen in einem Dorf - da hängt es davon ab, WO exakt man wohnt - Altbebauung / Neubaugebiet. Mit Nichten funktioniert das grundsätzlich. Örtlich begrenzt müssen die Netzbetreiber das Netz verstärken / ertüchtigen. Auf Landes / Bundesebene muss man sich über intelligente Konzepte unterhalten und schlussendlich wären auch Schnellladungen mit geringen Strömen langfristig gut. M.M.n. ist das Thema grossflächig verschlafen worden - auf allen Seiten. Niemand kümmert sich nach vorn gerichtet wirklich um eine Lösung. Ich sehe da beim möglichen Erfolg der E-Mobilität mittelfristig Probleme in DE ! Aktuell verwalten wir hier nur den status quo ! Wir entwickeln uns aber nicht in die richtige Richtung…

Ich stimme den Meinungen voll zu, die in die Richtung gehen, es wurde und wird zu wenig proaktiv investiert und gebaut (also Netze und Hausanschlüsse verstärkt). Eine Einschränkung jedweder Art, also nur zu bestimmten Zeiten und nicht mit mindestens 11 kW laden zu können, würden wir nicht akzeptieren! Und jemandem, den der ganze techn.Hintergrund nicht interessiert, also ein durchschnittlicher Verbrennerfahrer liefert man damit wieder ein KO Kriterium gegen E-Mobilität. Es kann nicht sein, dass wir uns einschränken sollen, nur weil die Vorraussetzungen für eine neue Technik nicht geschaffen werden! Könnte man heute noch Benzin in 1L Flaschen in Apotheken verkaufen, 1 Fl pro Tag und Auto, weil wir sonst nicht jeden beliefern können?

Wie meinst du das?