Sentry Aufnahme in DE als Beweismittel erlaubt?

TL;DR:

Lieber Mathie, ich wollte weder dich persönlich beleidigen, noch habe ich in meinem letzten Kommentar in irgendeiner Weise für die Zulässigkeit des Sentry-Mode im öffentlichen Raum argumentiert.

Das stimmt. Und der Weg, den das BVerfG hier einschlägt, ist auch durchaus interessant. Es sagt einerseits, dass § 4 BDSG neben Art. 6 Abs. 1 Uabs. 1 Buchst. f) DSGVO keine Anwendung findet, scheint dann aber die Wertung aus § 6 BDSG a.F., welcher wortgleich zum § 4 BDSG ist, in die Interessenabwägung des Art. 6 Abs. 1 Uabs. 1 Buchst. f) DSGVO einzubeziehen. (Ähnlich wie es sich im Verhältnis KUG und DSGVO immer mehr durchzusetzen scheint)

Angewendet auf Sentry muss man sich also die Frage stellen, ob die schutzwürdigen Interessen der Passanten (sind das alle oder nur die, die gefilmt werden? wann wird genau gefilmt?) das Interesse des Tesla-Eigentümers an der Unversehrtheit seines autos überwiegt. Ich denke auch, dass die Interessenabwägung zulasten des Tesla-Eigentümers ausgehen dürfte, habe aber ehrlich gesagt in den einschlägigen Kommentaren noch nicht nachgeschaut, ob es einen Unterschied macht, dass die Kameras nicht dauerhaft (mein Verständnis) sondern erst in einer Gefahrensituation aufzuzeichnen.

Eigentlicher Zweck meiner ursprünglichen Äußerung war aber - und den habe ich zugegebenermaßen verfehlt - mal deutlich zu machen, dass es nicht so einfach ist, wie einige hier meinen: „DSGVO gilt nur für Unternehmen und Videoüberwachung ist eh im BDSG geregelt, deswegen kann ich machen was ich will!“

Erstmal sorry, ich wollte Dir persönlich natürlich kein solches „Kompliment“ machen. Auch dieser Kommentar war eher an diejenigen gerichtet, die ohne „Wenn“ und „Aber“ und auch ohne irgendwie das leiseste Verständnis für die m.E. nicht trivialen rechtlichen Probleme zu zeigen, eine absolute Aussage zu treffen. Bei Dir sieht man ja deutlich, dass Du sowohl Ahnung hast, als auch die Sache schon durchdacht hast.

Wenn Du ganz an den Anfang dieses Threads gehst, wirst Du sehen, dass ich auch der Meinung bin - auch wenn ich das Problem noch nicht abschließend durchdacht habe - dass es mangels Rechtsgrundlage unzulässig sein dürfte und mangels Erfüllung der Informationspflichten darüber hinaus eine fehlerhafte Datenerhebung wäre.

Du gehst schon wieder davon aus, dass ich vehement für die Zulässigkeit des Sentry-Mode plädieren würde. Das habe ich doch nie getan. Ja, ich würde mich als Datenschutzprofi bezeichnen, weil ich u.a. damit mein Geld verdiene (was natürlich über die Qualität noch nichts aussagt :confused: ) und deswegen kann ich auch locker sagen: „ICH WEISS NICHT, OB ES ZULÄSSIG IST!“ Meine Tendenz dahingehend, dass es unzulässig sein dürfte, habe ich jetzt oft genug betont. Meine Aufforderung, das gerichtlich durchzufechten, galt auch denen, die ohne Begründung mittlerweile seitenlang ausführen, dass es zulässig sein MUSS! Und der letzte Teil meiner Aufforderung war bei zweitem Hinschauen natürlich Blödsinn: Wenn einer das durchficht und ein kreatives Gericht es vielleicht sogar für zulässig erklärt, würde das meinen Job gar nicht einfacher machen. Wie ich eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben dürfte, mache ich eben nicht den ganzen Tag Videoüberwachung :unamused:

PS: on a personal note. Ich persönlich würde ihn wahrscheinlich einschalten, wenn man das irgendwie mit Art. 6 Abs. 1 Uabs. 1 Buchst. f) DSGVO verargumentieren kann. Durch die mangelnde Information nach Art. 13 DSGVO wird ja die Datenerhebung an sich nicht unzulässig und allenfalls fehlerhaft, was m.E. einen geringeren Verstoß darstellt als gleich völlig unzulässigerweise Daten zu erheben. Mit dem Restrisiko muss ich dann halt leben. Mal schauen, so ganz bin ich mir aber auch da noch nicht sicher.

Danke für diese differenzierte und wertschätzende Auseinandersetzung auf Augenhöhe!

Lies dir bitte den von dir verlinkten Artikel nochmals durch, da steht unter anderem:

oder

Es geht in dem Artikel nur darum, dass aufgrund einer Dashcam Aufnahme ein Verkehrsrowdy verurteil wurde. Es war nicht die Aufgabe des Richters zu beurteilen, ob der Fahrer mit der Dashcam sich eines Verstosses gegen den Datenschutz schuldig gemacht hat. Das ist dann ein eigenes Verfahren. Wie schon mehrfach hier geschrieben, es gibt bei uns kein Beweisverwertungsverbot für illegal erlangte Beweise. Nur weil man im einen Prozess recht bekommen hat, heißt das nicht, dass man nicht für seine illegale Aufzeichnung belangt wird. Muss man halt selbst abwägen, ob man in der Summe Gewinn macht oder nicht. Wobei seit der Gültigkeit der DSGVO auch die Datenschützer ein Bußgeld verhängen können und da wird es in der Regel teurer als die 150 Euro aus dem Prozess (und die Strafe war auch nur so günstig, weil der Klägerin nur 1.500 Euro Monatseinkommen hatte)

Die Rechtslage hat sich im Übrigen seit 2017 nicht geändert (auch wenn viele das wegen der DSGVO meinen)

Wenn Du die Person identifiziert hast, dann schlage ich ein klärendes Gespräch vor. Solche Arten von Fahrerflucht entstehen ja, weil die Personen sich unbeobachtet fühlen. Sobald klar wird, dass es gesehen wurde, lenken die meisten vermutlich ein.

Die Drohung mit Videomaterial, Anzeige und Gericht wäre meines Erachtens nach erst Schritt zwei.

Sehr interessanter Thread. Wann darf man, wann muss man oder ist es gänzlich illegal.
Leider habe ich, wie vom Threadersteller eingangs gewünscht, keine Antwort und nur „den gesunden Menschenverstand“
1.Digitale Aufnahmen der Öffentlichkeit vs analoge Aufnahmen ist schonmal ein eklatanter Unterschied.
2.Hier wird, wie erwähnt das Begehen einer Straftat dokumentiert. (wie soll es denn sonst wirklich bewiesen werden?)
3.Problematisch würde ich sehen, dass der Tatbegeher nicht wissen konnte, dass er/sie gefilmt wird und ob dieser dann sein Verhalten möglicherweise angepasst hätte.
4.Würde es direkt drauf ankommen lassen. Meines Erachtens wird das Aufzeichnen von Straftaten nicht aufzuhalten sein. Da würde nach entsprechenden Urteilen das DSGVO eher angepasst (Druck der Versicherungen z Bsb) als das man als einziger Staat hier einen digitalen Alleingang wagt.

Aber - wie gesagt - sehr interessanter Thread. Danke dafür

Bei diesen ganzen Diskussionen um Sentry Mode bemerke ich, das wir gesellschaftlich schon soweit zu sein scheinen, das das Wohl eines Einzelnen gnadenlos über dem der Gesellschaft steht.

Niemand aber auch Niemand kommt hier auf die Idee das unsere Kinder in eine Welt hineinwachsen bei der rundum Überwachung im öffentlichen Raum total ok und verhältnismässig ist. Und wenn nicht, sind die geringen Bußgelder ja hinnehmbar.

Ich habe mir mal Sentry an verschiednenen Orten und Zeiten angesehen und festgestellt das ich nachts durchaus 6 und mehr Stunden fast lückenlos aufgezeichnet habe. Dabei filmten die Kameras auch Knutschende von denen ich weiß das sie nicht zusammen gehören, einen mehr oder minder bekannten Politiker dem in Filmweite ohne erkennbaren Grund die Hose runterrutscht und er sehr lächerlich aussah. Eine Rentnerin die ihre Brieftasche verlor und ein paar andere eher banale aber nicht minder kompromitierende Dinge.
Mir ist klar das die Wenigsten genau das machen. Aber es stellt sich mir schon die Frage ob wir hier nicht dennoch in eine Sackgasse rennen. Immerhin könnte schon bald jemand auf die Idee kommen das Ganze durch KI rennen zu lassen um genau die delikaten Stücke heruaszufiltern… Ach…gibt’S ja schon. :wink:

Das Nachbarn sich in Eigentumshäusern gegenseitig spionieren das ok finden kennen wir ja schon… Der/Die ist ja Böse.

Wie wärs wenn wir jetzt mal anfangen jedem Teslafahrer Datenschutzvorstöße pauschal zu unterstellen? Welchen Anfangsverdacht bräuchte es nun um die „Nicknames“ hier im Forum anzeigen zu können? Weiß es Jemand?
Einschlägige Aussagen sind ja nun dokumentiert.

Ich frag nur… :wink:

Die Frage ist doch, ob die Aufnahmen als Beweismittel erlaubt sind.
Ob dein Handy den Staatstrojaner beherbergt, deine „Daten“ bei FB geschützt sind oder Instagram mit deinen Urlaubsfotos Geld macht. Cookies hin und her. —> Sind Sentry Aufnahmen als Beweis erlaubt?

Meine Erfahrung im dem Sentry Mode ist da etwas anders. Es wurde wirklich nur dann aufgezeichnet, wenn sich Personen in unmittelbarer Nähe des Autos aufgehalten haben. Und in diesem Fall wird im Auto ja auch sehr deutlich ein Hinweis angezeigt, dass Video aufgezeichnet wird.
So wie ich es sehe, ist es also kein „anlassloses“ Aufzeichnen, wie es z.B. bei einer üblichen Dashcam der Fall wäre. Zudem wird derjenige, der sich am Auto zu schaffen macht, darauf hingewiesen, dass er aufgezeichnet wird, und dies sehr deutlich. Ob dieser Hinweis der DSGVO entspricht, kann ich nicht beurteilen, aber anscheinend reicht ja z.B. an einer Tankstelle auch der allgemeine Hinweis auf einem Aufkleber, dass generell dauerhaft aufgezeichnet wird.

ich denke also, man kann den Sentry Mode nicht direkt mit einer Dashcam vergleichen, was den Datenschutz angeht.

Das kommt darauf an.

Wenn die Aufnahmen legal erfolgten, dann sind die Aufnahmen als Beweis sicherlich zulässig (ob auch tauglich ist eine andere Frage).

Wenn die Aufnahmen rechtswidrig erfolgten, findet eine Abwägung statt, diese kann, abhängig von den Umständen durchaus auch zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Ein entsprechendes Urteilt hatte ich weiter vorne verlinkt. Wenn der zu beweisende Tatvorwurf im Vergleich zur illegalen Aufnahme schwerwiegend ist, wird der Beweis auch mit illegal angefertigten Aufnahmen vermutlich zulässig sein.

Was ich halt für ungeschickt halte, ist unnötigerweise mit mutmaßlich illegal angefertigten Aufnahmen zur Polizei zu gehen, wenn man schon weiß, wer das Fahrzeug beschädigt hat.

Gruß Mathie

@AtotheJ Danke für die ausführliche Antwort.

Kein Problem, hab Deine Äußerung nicht als Beleidigung empfunden. Hatte etwas weiter unten in der Antwort noch einen ironisches Emoticon angefügt, um klar zu machen, dass ich die Anmerkung mit der Ahnungslosigkeit eher sportlich sehe.

Bin mir halt in diesem Fall sehr sicher, dass die Aufnahme illegal ist, weil mir trotz der vielen noch ungeklärten Fragen um das neue BDSG und die DSGVO kein Weg einfällt, wie man den Sentry im öffentlichen Bereich gesundbeten kann.

Deshalb stimme ich Dir zwar zu, dass das Thema sehr komplex ist und viele Grauzonen hat, die von der Techtsprechung ausgeleuchtet werden müssen. Aber der konkrete Fall ist für mich trotzdem sicher illegal, egal wie man ihn betrachtet.

Dass ein Verstoß gegen Informationspflichten weniger schwer wiegen kann als eine grundsätzlich illegale Datenerfassung ist sicher richtig und spielt sicherlich bei der Äbwägung der Verwendbarkeit einer Aufnahme als Beweis eine Rolle oder bei einer Entscheidung über ein Bußgeld.

Gruß Mathie

Hier mal ein Artikel aus Österreich. Fazit dort: Wer nichts Illegales tun will, verwendet keinen Datenträger.

futurezone.at/produkte/warum-de … /400522801

@gregorsamsa Wenn Du Dich dem Auto von vorne näherst und in der Lücke zwischen den Auto und dem davorstehenden Auto durchgehst, wirst Du mit ziemlicher Sicherheit von der Kamera erfasst und erhältst vor dem Durchgehen keinen expliziten Hinweis auf die Aufnahme.

Wieso soll mein Nachbar wenn er seine Gigabyte von Sentry-Aufnahmen durchforstet, sehen, dass meine Ex-Freundin nachts um drei zwanzig Meter von unserem Hauseingang entfernt die Straße überquert hat, während meine aktuelle Freundin gerade ein Auslandssemester absolviert?

Hätte zu meinen Studienzeiten, als ich in einem Vierparteienhaus mit Parkmöglichkeit nur am Straßenrand wohnte durchaus passieren können, wenn es damals schon Sentry gegeben hätte.

Gruß Mathie

Wenn Sentry aktiviert wird, merkst du das an den Lichtern vorne und hinten die angehen. Und am Screen im Auto wenn dann einer schaut was los ist, sieht er das er aufgenommen wurde und wird :slight_smile: Also der Sentry Mode hat nichts mit einer versteckten Kamera zu tun.
Vielleicht sollte Tesla EU mal Anzeigen schalten das die Tesla aufzeichnen :slight_smile: Dann wissen es alle und die DSGVO ist abgemildert. Auf jeden Fall bleibt mein Sentry Mode an und zeichnet schön auf für den Fall der Fälle.

Viele Grüsse
Eric

Ich denke das liegt daran, dass diese Frage einfach nicht Gegenstand dieses Threads ist. Hier geht es darum, wie man sich innerhalb der von der Gesellschaft selbst vorgegebenen Rahmenbedingungen im konkret vorliegenden Fall – ein Schaden ist bereits eingetreten und eine Videoaufzeichnung liegt vor – verhalten soll.

Wir können gern darüber diskutieren, ob die aktuell geltenden Rahmenbedingungen gut oder schlecht sind und wie sie zu verbessern wären, aber das gehört in einen anderen Thread!

Das sind ja grundsätzliche gesellschaftliche Wandlungsprozesse. Die Privatsphäre im öffentlichen Raum ist schon lange dahin - mittlerweile werden in allen öffentlichen Verkehrsmitteln und auch schon auf öffentlichen Straßen und Plätzen, z.B. Geschäfte, Bahnhof, Tankstellen, Haltestellen… Videoaufzeichnungen gemacht. Dies geschieht sowohl im sogenannten „öffentlichen Interesse“, um angeblich die allgemeine Sicherheit zu gewährleisten, als auch zu ganz banalen privaten Vorteilen, z.B. damit sich Tankbetrüger oder Ladendiebe besser ermitteln lassen, die ja zunächst einmal nur das jeweilige Einzelhandelsunternehmen schädigen.

Dein Ex-Freundin könnte auch in der Bahn auf der Fahrt zu Dir aufgezeichnet worden sein, oder sie könnte auch zufällig von Passanten beobachtet werden. Der Wunsch, das solche Sachverhalte unter Euch beiden bleiben, ist natürlich verständlich, aber schon heute eine Illusion. Es ist klar, dass ich diese fortschreitende Zerstörung der Privatsphäre nicht gutheiße.
Andererseits finde ich es aber auch ungerecht, wenn das massenhafte Sammeln von Daten und die Überwachung des öffentlichen Raums das Privileg von großen Unternehmen bleibt, die dies zum Schutz ihres Eigentums einsetzen. Warum soll ich dann so etwas wie den Sentry Mode nicht in gleicher Weise auch zu meinem Vorteil einsetzen dürfen, unter den gleichen rechtlichen Bedingungen? Vor allem, wenn ich mein Fahrzeug auf meinem eigenen Grundstück oder auf einem eigenen Abstellplatz nutze, oder wenn die Überwachung nur das direkte Umfeld meines Autos umfasst, da sie nur bei Annäherung aktiviert wird.

Bitte macht zu diesen Grundsatzfragen einen separaten Thread auf, der hier gern verlinkt werden kann! Bitte bleibt in diesem Thread beim konkreten Fall und den aktuell geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen.

Da ich diesen Hinweis nun schon zum zweiten Mal gebe, weise ich zudem darauf hin, dass weitere Beiträge, die hier off-topic sind, ohne großes Aufhebens von einem Moderator entfernt werden können.

Das Forum ist sicherlich ein Ort wo man dies diskutieren kann und auch sollte, wenn mir das passiert würde ich aber …

  1. einen Rechtsanwalt beauftragen und mit ihm besprechen was zu tun ist
  2. eine öffentliche Diskussion solange vermeiden wie die Sache sich in Klärung befindet (die Gegenseite kann ja mitlesen)

Bitte keinen neuen Thread. Es gibt bereits diesen hier:
Datenschutz & Wächtermodus (Sentry Mode)

Hier wurden eigentlich schon alle relevanten Gesetzestexte und Fälle rauf und runter diskutiert inklusive den gesellschaftlichen Auswirkungen einer Massenüberwachung und der Abwägung mit den Freiheitsrechten des Einzelnen.

Perfekt. Danke für den Querverweis!