Schweren Herzens: Tesla verklagt – Gutachter bestätigt erhebliche Qualitätsmängel

Hallo zusammen,

ich möchte meine Erfahrung mit einem Tesla Model S Plaid teilen – als jemand, der seit Jahren überzeugter Tesla-Fahrer ist und sich nie gedacht hätte, dass ein Fahrzeugkauf so ausarten kann.

Vielleicht hilft dieser Beitrag dem einen oder anderen, insbesondere hier in Österreich, bei der Einschätzung von Abläufen, Service, Reklamationen und Kommunikation mit Tesla.


:zap: Mein Hintergrund:

Ich bin überzeugter Tesla-Fan – mein Unternehmen besitzt aktuell drei Fahrzeuge für unsere Mitarbeitenden: zwei Model 3 Long Range sowie ein Model 3 Performance. Der neue Tesla, ein Model S Plaid, ist mein persönliches Fahrzeug und ergänzt unsere Mini-Flotte als viertes Modell. Ich hatte das Fahrzeug im Januar 2021 bestellt und über 22 Monate lang geduldig auf die Auslieferung gewartet, bis ich es schließlich Ende Dezember 2022 übernehmen konnte. Laut Tesla war ich einer der ersten Kunden in ganz Österreich, die dieses Modell erhalten haben. Ich bin also jemand, der die Vision Tesla unterstützt – egal, was Elon Musk politisch macht. Ich finde ihn als Unternehmer eine „coole Socke“, auch wenn ich nicht immer einer Meinung mit ihm bin. Aber: Ohne ihn gäbe es Tesla wahrscheinlich nicht mehr – und dafür gebührt ihm Anerkennung.


:receipt: Bestellung & Fahrzeugübernahme:

Bestellt habe ich mein Model S Plaid im Januar 2021. Auf der offiziellen Tesla-Website war zu dieser Zeit die Höchstgeschwindigkeit mit 322 km/h angegeben – ohne Hinweis, dass ein teures „Track Package“ notwendig wäre, um diesen Wert tatsächlich zu erreichen. Diese Information wurde erst später, also nachdem ich das Fahrzeug bei Tesla bestellt hatte, ergänzt.

Im Dezember 2022 durfte ich endlich das Fahrzeug übernehmen. Schon bei der Übergabe sind mir und meiner Begleitung zahlreiche offensichtliche Mängel aufgefallen. Diese wurden alle sofort beanstandet und von einem Tesla-Mitarbeiter mit einem Tablet fotografisch erfasst und dokumentiert. Ich wurde am Tablet zur Unterschrift gebeten – aber eine Kopie oder Bestätigung der Mängelliste erhielt ich nicht, was mich bereits stutzig machte.


:clipboard: Alle Mängel bei der Übergabe (vollständig):

  1. Spaltmaße Kofferraum: Links tiefer, rechts höher – deutlich sichtbar
  2. Spaltmaße Motorhaube: Uneinheitlich, insbesondere vorne links
  3. Schiefe Rücklichter: Nicht auf gleicher Höhe, vermutlich wegen der schiefen Heckklappe
  4. Charge-Port-Deckel: Nicht bündig, sitzt tief versetzt – macht Geräusche beim Öffnen/Schließen
  5. Radkastenverkleidung hinten rechts: Locker bzw. nicht korrekt montiert
  6. Fahrertür: Sitzt zu tief, schließt nur mit starkem Druck, bleibt oft einen Spalt offen
  7. Fahrertür und hintere Tür (Fahrerseite): Nicht bündig mit der Karosserie – Durchzug spürbar
  8. Diverse Lackmängel: Pickel, Kratzer, unsauberer Farbauftrag – u.a. am hinteren Türgriff
  9. Tür hinten links: Verformt, auffällige Lackbeschädigung
  10. Unterboden vorne: Kunststoff nicht korrekt verbunden – sammelt während der Fahrt laufend Steine
  11. Innenraumprobleme: Kalter Luftzug, insbesondere im Fußraum
  12. Starke Windgeräusche beim Fahren – deutlich über dem, was man bei einem Elektrofahrzeug erwarten würde

:envelope_with_arrow: Schriftliche Nachmeldung – keine Reaktion:

Einige Tage nach der Auslieferung habe ich dem zuständigen Tesla-Servicecenter in meinem Bundesland in Österreich eine E-Mail mit allen Mängeln geschickt – zusammenfassend und klar formuliert. Ich habe nie eine Rückmeldung erhalten. Weder ein Terminvorschlag noch eine Rückfrage oder sonstige Reaktion. Das war für mich der erste echte Vertrauensbruch.


:hammer_and_wrench: Werkstatttermin – und das nächste Debakel:

Im Februar 2023 brachte ich das Fahrzeug zu einem Tesla-Servicecenter in Österreich, ca. 85 km von meinem Wohnort entfernt. Ich hatte die berechtigte Erwartung, dass die zuvor zugesagte Mängelbehebung endlich erfolgen würde.

Doch es kam anders:

• Nur die Radkappen wurden montiert. Und selbst das ist eine Geschichte für sich:
Bei der Übergabe wollte man mir diese ursprünglich noch extra verkaufen, obwohl sie laut Beschreibung im Winterreifensatz inkludiert sein sollten. Erst später hat Tesla den Fehler erkannt und die Kappen ohne Aufpreis montiert.
• Alle anderen Mängel wurden abgelehnt. Der Tesla-Mitarbeiter erklärte mir, dass die Spaltmaße „für Tesla in Ordnung“ seien. Wenn ich eine Behebung möchte, müsse ich alles selbst bezahlen. Zudem bekam ich die Aussage zu hören, dass Tesla kein Premiumhersteller sei – und man dementsprechend keine Premiumverarbeitung erwarten dürfe.
Ein Satz, den man bei einem Fahrzeug mit einem Kaufpreis von knapp 140.000 Euro nicht erwartet und auf keinen Fall akzeptieren sollte.


:balance_scale: Gang vor Gericht:

Trotz mehrerer intensiver Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung blieb mir in Österreich letztlich keine andere Wahl, als den juristischen Weg einzuschlagen.

Ein gerichtlich bestellter, unabhängiger Sachverständiger begutachtete das Fahrzeug umfassend – und bestätigte nahezu alle Mängel.

Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass:

• die Spaltmaße unregelmäßig und überdurchschnittlich abweichend sind
• die Lackierung Mängel aufweist
• die Türverformung, Windgeräusche und der Luftzug klar belegbar sind
• der Unterboden technische Schwächen aufweist
• das Gesamtbild nicht der Preisklasse eines solchen Fahrzeugs entspricht

Die Reparaturkosten wurden mit mehreren Tausend Euro, je nach Variante bis über 15.000 EUR, geschätzt. Eine vollständige Beseitigung aller optischen und technischen Mängel kann nicht garantiert werden – nur eine deutliche Verbesserung.

Aktuell warten wir auf das gerichtliche Urteil.


:checkered_flag: Thema Höchstgeschwindigkeit:

Ein weiterer Punkt betrifft die von Tesla beworbene Höchstgeschwindigkeit von 322 km/h. Ich habe das Fahrzeug auf einer deutschen Autobahn getestet – bei rund 280 km/h war Schluss. Erst später wurde mir bekannt, dass hierfür ein kostenpflichtiges ‚Track Package‘ erforderlich ist, das über 18.000 EUR kostet. Dieses Paket war zum Bestellzeitpunkt auf der Website in keiner Weise ersichtlich – ich habe Beweise dafür, dass diese Information schlichtweg fehlte.

Hinzu kommt: Mit dem Einbau des Track Packages erlischt die Straßenzulassung des Fahrzeugs in Österreich – was für mich völlig inakzeptabel ist. Außerdem beinhaltet das Paket Keramikbremsen, die unter den typischen Wetterbedingungen meines Bundeslands – häufige Regenfälle, kalte Temperaturen sowie Salz auf den Straßen im Winter – weder die optimale Performance bieten noch langfristig alltagstauglich sind.


:raising_hand_man: Persönliches Fazit:

Ich bin Tesla gegenüber nicht feindlich eingestellt – ganz im Gegenteil. Ich liebe die Fahrzeuge, die Technologie, das elektrische Fahren. Aber das, was ich mit diesem Model S Plaid erlebt habe, war und ist enttäuschend.
Es geht nicht darum, dass ein Auto fehlerfrei ist. Es geht darum, wie ein Hersteller mit Mängeln umgeht. Und genau hier hat Tesla in meinem Fall auf ganzer Linie versagt.
Wäre mir das alles im Vorfeld klar gewesen, hätte ich das Fahrzeug nicht übernommen. Ich wurde mit Versprechungen zur Annahme gedrängt – wohl auch, damit man in der Auslieferungsstatistik zum Quartalsende gut dasteht.
Ich hoffe, dass dieser Bericht anderen hilft – ob beim Fahrzeugkauf, bei der Übergabe oder im Gespräch mit dem Service.
Falls jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat – schreibt gern hier rein oder per PN.
Danke fürs Lesen!

30 „Gefällt mir“

8 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: Diverse Mängel Model S Plaid