Zu den Einschüchterungsversuchen „Ihre Garantie erlischt dann“ bei Zubehörteilen wie Räder/Distanzscheiben/Fahrwerken etc.
Ein Kunde von uns, der selbst begeisterter Model-S-Fahrer ist, ist Rechtsanwalt und hat uns in div. Angelegenheiten schon mehrfach erfolgreich geholfen.
Ich bat Ihn vor kurzem, einmal „kurz“ etwas zu dem lästigen Thema zu schreiben, vielen Dank dafür. Für alle, die nicht gerne alles lesen wollen: Im Fazit ist alles zusammengefasst
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Erlöschen der Herstellergarantie bei Modifikation am Beispiel von Tesla-Fahrzeugen
von RA Dr. Christoph Lindner und Franz Knorr (Dr. Lindner Rechtsanwälte, Rosenheim)
Nicht für jeden Anspruch und Geschmack bieten die Fahrzeughersteller die richtige Lösung, seien es
Fahrwerk, Reifen oder Karosserieteile. Immer mehr Kunden möchten daher ihr Fahrzeug mit
Zubehörteilen nach ihren individuellen Bedürfnissen anpassen. Hier soll auf die Frage eingegangen
werden, wie sich solche Modifikationen auf Garantievereinbarungen auswirken.
I. Rechtsnatur der Garantievereinbarung
Garantien werden grundsätzlich vertraglich vereinbart. Es ist zwischen verschiedenen Formen der
Garantie zu unterscheiden: Unselbstständige Garantien werden vom Verkäufer selbst im Rahmen
des Kaufvertrags gewährt. Selbstständige Garantien dagegen werden in der Regel vom Hersteller
gewährt, der nicht am Kauf beteiligt ist.1 Sie stellen einen eigenen Vertrag dar und können
beispielsweise zustande kommen, indem der Hersteller der Kaufsache eine „Garantiekarte“ beilegt.2
Es handelt sich dabei häufig um Haltbarkeitsgarantien gemäß § 443 Abs. 2 BGB. Der Garantiegeber
möchte also dafür einstehen, dass die Sache für eine Bestimmte Dauer eine bestimmte
Beschaffenheit behält.
Im Fall von Tesla scheinen Verkäufer und Garantiegeber auf den ersten Blick identisch zu sein. Das ist
jedoch nicht der Fall. Während Kaufverträge hierzulande meist mit der „Tesla Germany GmbH“
geschlossen werden, ist Garantiegeber ausweislich der Garantiebestimmungen3 „Tesla Motors
Netherlands B.V.“. Es handelt sich somit um eine selbstständige Haltbarkeitsgarantie mit der
genannten Firma. Nach unserer Auffassung kann jedoch ein Garantieanspruch auch gegenüber der
Tesla Germany GmbH direkt bestehen, da diese faktisch wie ein Garantiegeber am Markt auftritt.
II. Inhalt der Garantie
Auch wenn dies gemeinhin üblich ist, so besteht keine Pflicht für den Hersteller oder den Verkäufer,
eine Garantie zu gewähren. Auch was Umfang und Dauer der Garantie angeht, hat der Garantiegeber
freie Hand. Deshalb ist für die Beantwortung der Frage, welche Rechte dem Käufer aus der Garantie
zustehen, vor allem die Garantievereinbarung maßgeblich.4 Nur unter bestimmten, seltenen
Umständen kann es passieren, dass Klauseln in Garantievereinbarungen unwirksam sind.5
Zur Frage nach Modifikationen an Tesla-Fahrzeugen findet sich in den Garantiebedingungen
folgender Satz:
„[…] deckt diese beschränkte Neuwagengarantie NICHT ab: […] jede direkte oder indirekte
Beschädigung, die verursacht wurde aufgrund oder infolge der Installation oder der Verwendung von
Teilen oder Zubehör, die keine Tesla-Originalteile sind“.
1 Lorenz: Garantien und Sachmängel beim Autokauf(DAR 2014, 627, 629)
2 MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, BGB § 443 Rn. 6.
3 Tesla Neuwagengarantie, abrufbar unter https://www.tesla.com/sites/default/files/downloads/tesla-newvehicle-
limited-warranty-de-de.pdf, Stand: 03.11.2020.
4 MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, BGB § 443 Rn. 11
5 BGH NJW 2011, 3510: Abhängigkeit der Garantie von Durchführung der regelmäßigen PKW-Wartung in einerVertragswerkstatt des Herstellers.
III. Beweislast
Fraglich ist schließlich, wie diese Grundsätze in der Praxis Anwendung finden. Dabei gilt die
Beweislastregel des § 443 Abs. 2 BGB. Will der Käufer Rechte aus der Garantie geltend machen, muss
er beweisen, dass6
- eine Haltbarkeitsgarantie vereinbart wurde,
- der Mangel eine Eigenschaft betrifft, die von der Garantie umfasst wird und
- der Mangel innerhalb der Garantiefrist aufgetreten ist.
Kann der Käufer diese Umstände beweisen, so wird der Garantiefall gesetzlich vermutet. Ist der
Garantiegeber der Ansicht, dass aus anderen Umständen keine Garantie (mehr) besteht, so muss der
Garantiegeber das beweisen. In Betracht kommt hier z.B. das Erlöschen der Garantie wegen
unsachgemäßer Behandlung der Kaufsache durch den Käufer. Sogar vor Einführung dieser
gesetzlichen Beweislastregel in § 443 Abs. 2 BGB ging der BGH bereits davon aus, dass ein
Garantiegeber beim Gebrauchtwagenkauf dem Käufer die unsachgemäße Behandlung des Wagens
beweisen muss.7
So verhält es sich auch, wenn der Tesla den Standpunkt vertritt, durch Modifikationen am Fahrzeug
sei die Garantie erloschen. Solang dies nicht eindeutig vereinbart ist, muss Tesla im konkreten Fall
beweisen, dass ein vom Käufer geltend gemachter Mangel infolge einer Modifikation am Wagen
entstanden ist. Die allgemeine Behauptung, allein wegen einer Modifikation sei die Garantie für
ganze Bereiche am Fahrzeug erloschen, entspricht nicht der Garantievereinbarung. Sollte mit
dieser Behauptung seitens Tesla eine Garantieleistung abgelehnt werden, so ist es ratsam dagegen
vorzugehen.
IV. Verhältnis zu Gewährleistungsrechten
Es ist möglich, dass neben Garantieansprüchen gegen den Hersteller Gewährleistungsansprüche
gegen den Verkäufer bestehen, die der Käufer nach seiner Wahl parallel geltend machen kann.8
Diese sind vom Inhalt her ähnlich, denn auch sie sind meist auf Nachbesserung oder Lieferung einer
neuen Sache gerichtet. Ansprüche aus Garantie- und Gewährleistung unterscheiden sich jedoch
insbesondere in einem wichtigen Punkt: Gewährleistungsrechte beziehen sich nur auf Mängel, die
schon bei Gefahrübergang vorgelegen haben.9 Tritt ein Mangel erst später auf, so bestehen
grundsätzlich keine Rechte aus kaufrechtlicher Gewährleistung. Kauft ein Verbraucher von einem
Unternehmer, wird diese Unterscheidung zugunsten des Käufers etwas abgemildert. Gemäß § 477 BGB wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn ein Mangel
sich innerhalb von 6 Monaten zeigt.10
Ist das der Fall, so laufen während der ersten sechs Monate nach Gefahrübergang Garantie und
Gewährleistung weitgehend gleich (abgesehen davon, dass sie sich gegen unterschiedliche
Anspruchsgegner richten). Der Käufer muss die vertraglichen Voraussetzungen und das Vorliegen
eines Mangels beweisen. Daraufhin muss der Verkäufer darlegen, dass der Mangel entgegen der
gesetzlichen Vermutung erst nach Gefahrübergang aufgetreten ist. In diesem Zusammenhang müsste
der Verkäufer gegebenenfalls auch beweisen, dass der Mangel erst im Nachhinein durch ein
Verhalten des Käufers, wie z.B. den Verbau von Zubehörteilen entstanden ist.11
Sind die sechs Monate verstrichen, oder liegt von vornherein kein Verbrauchsgüterkauf vor, dann
sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte höher. Der Käufer
muss dann selbst beweisen, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag12 und dabei
gegebenenfalls darlegen, dass er den Mangel nicht erst durch sein Verhalten ausgelöst hat. Unter
diesen Umständen kann die Abwicklung über eine Garantie günstiger sein.
6 Staudinger/Matusche-Beckmann (2013) BGB § 443, Rn. 49.
7 BGH NJW 1995, 516, 517.
8 Staudinger/Matusche-Beckmann (2013) BGB § 443, Rn. 51 ff.
9 MüKoBGB/S. Lorenz, 8. Aufl. 2019 Rn. 2, BGB § 477 Rn. 2.
V. Fazit
Es zeigt sich, dass die Modifikation am Fahrzeug durch hochwertige Teile aus dem Kfz-Zubehörhandel
durch anerkannte Fachbetriebe rechtlich keinesfalls so problematisch ist, wie es Hersteller,
insbesondere auch Tesla, den Kunden glauben machen wollen. Hinter Aussagen wie „… Sie wissen aber schon, bei Montage einer Fremdherstellerfelge erlischt die Garantie“ stecken rein
wirtschaftliche Interessen des Herstellers, die rechtlich nicht haltbar sind.
Die Kanzlei Dr. Lindner Rechtsanwälte in Rosenheim vertritt bundesweit Mandanten bei
zivilrechtlichen Problemen mit Tesla-Fahrzeugen. RA Dr. Christoph Lindner, selbst begeisterter Model
S-Fahrer, hat es sich zur Aufgabe gesetzt, dass Tesla auch hierzulande die geltenden
Verbraucherrechte respektiert. Die Kanzlei erreichen Sie wie folgt:
www.teslaw.de – 08031-6156618 – [email protected]
10 MüKoBGB/S. Lorenz, 8. Aufl. 2019 Rn. 2, BGB § 477 Rn. 6.
11 MüKoBGB/S. Lorenz, 8. Aufl. 2019 Rn. 2, BGB § 477 Rn. 6.
12 MüKoBGB/S. Lorenz, 8. Aufl. 2019 Rn. 3, BGB § 477 Rn. 3.