Hallo,
nach einem halben Jahr Tesla fahren und sehr viel lesen möchte ich ein bisschen Feedback und dem Forum etwas zurück geben, insbesondere neuen Tesla interessierten und potentiellen Käufern soll dieses Thema bei der Entscheidung helfen.
Da man die Kaufberatungsthemen häufig liest meine persönliche Zusammenfassung und Meinung zu dem Thema. Sehr wahrscheinlich wird der eine oder andere den einen oder anderen Punkt anders sehen.
Vor einem halben Jahr musste ich mich entscheiden, kaufe ich mir ein Model S oder Model 3. Das Budget von (max.) ~50.000€ stand zur Verfügung und die Entscheidung war alles andere als leicht.
Beide Autos sind klasse und letztlich entscheidet dann eher die Fahrzeugklasse was man haben möchte, ich habe mir zu den folgenden Punkten Gedanken gemacht und sehr viel recherchiert, wie gesagt bei vergleichbarem Invest.
Invest – Vergleich:
M3 Standardreichweite Plus: mind. 44t€
M3 LR AWD: mind. 54t€
(+mögliche Aufpreise FSD: 6000€; Farbe: 1000-2000€; Winterreifen: 2000€; Performance: 6000€)
Vergleichbare Invest: 45.000€ - 55.000€ → Model S75; S85, 4-5 Jahre alt, 100-250tkm gelaufen.
Bei Gebrauchten Model S bekommt man häufig Winterreifen mit dazu, Farbe etc.
Neupreis Model S lag jenach Ausstattung bei um die 100.000€
Garantie
Model 3 LR 80.000km oder 4 Jahre auf alles + 192.000km oder 8 Jahre auf Batterie und Antriebsstrang
Model S, die Standard Garantie auf „alles“ ist abgelaufen, 8 Jahre Garantie auf Batterie und Antriebsstrang (Motor) Km unbegrenzt.
Bei einem gebrauchten Model S bleiben noch 3 - 4 Jahre Garantie auf Batterie und Antriebsstrang, für Vielfahrer sind 80tkm bzw. ~192tkm beim M3 ebenfalls auch in 3 - 4 Jahren schnell erreicht. Daher ist der Garantieschutz bei einem gebrauchten Model S auf die wirklich teuren Systeme gar nicht so schlecht.
Heutzutage ist vielen Menschen die Garantie sehr wichtig, mir persönlich ist die Absicherung von Batterie und Motor die wirklich relevante. Aber auch hier ist meine Erfahrung, dass wenn ein System erstmal Jahrelang problemlos funktioniert, dass dann in der Regel auch keine Probleme mehr kommen.
Haltbarkeit und Laufleistung
Angeblich legt Tesla seine Fahrzeuge auf 1 Millionen Meilen, also 1,6 Millionen Km aus, was erstmal sehr beruhigend ist und auch die hohen Gebrauchtpreise der Model S erklärt. Hat ein Gebrauchtes Model S 200-300.000km gelaufen ist es ja demnach gerade erste eingefahren.
Model 3 gibt es bislang wenig bis keine „Erfahrungen“.
Meiner Meinung nach ist die Wahrscheinlichkeit aber groß, dass es sich auf Dauer als genauso robust und haltbar heraus stellt. Das fördert natürlich die Gebrauchtwagenpreise in 3-4 Jahren.
Das Model S hat sich bis auf Kleinigkeiten die aber inzwischen in den Griff sind als Absolut Robust herausgestellt.
Es gibt einige Fahrzeuge die schon 300 – 500tkm haben und sogar eins mit über 1 Millionen Km.
Kinderkrankheiten, die bekannten Themen wurde in der damaligen 4 jährigen Garantie in der Regel behoben, Tesla hat stets verbessert und dazu gelernt. Betrachtet man z.B. die Türgriffe, heute kein Thema mehr und falls doch, der Mikroschalter kostet bei Conrad ~2,50€. Anderes Beispiel, falls mal der MCU Speicherchip ein Thema wird gibt es auch hier inzwischen günstige Reparaturmöglichkeiten von Experten. Meiner Meinung nach nichts wovor man Angst haben sollte. Ich fahre auch mit gebrauchten Autos generell nicht mehr wegen Kleinigkeiten zur teuren Werkstatt des Herstellers sondern bevorzuge qualifizierte freie Werkstätten die sich spezialisiert haben.
Ansonsten laden & fahren!
Ein Worst Case Szenario, was passiert wenn man einen größeren Defekt nach der Garantie (8 Jahre) hat (egal ob M3 oder MS).
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es nach der Garantiezeit einige Unternehmen geben wird die sich auf E-Fahrzeug Reparaturen spezialisiert haben, die z.B. Batteriemodule wechseln können und somit vermeintlich teure Reparaturen doch „günstig bzw. bezahlbar“ werden.
In den USA gibt es das Beispielsweise schon längst.
Auch sollte man sich bewusst machen, dass E-Fahrzeuge mit „geringerer“ Motorleistung die Batterie nicht so fordern wie die maximal Motorisierten Modelle. Hat sicherlich auch Einfluss auf Verschleiß der Zellen.
Ansonsten war meine persönliche Devise bei Gebrauchten Model S: Weniger Ausstattung ist manchmal mehr, eine nicht vorhandene Luftfeder oder Panoramadach kann auch nicht kaputt gehen.
Reichweite und Ladegeschwindigkeit
Das Model 3 SR+ spielt von der Reichweite auf ähnlichem Niveau wie ein S75 und das Model 3 LR ist das Reichweitenwunder von Tesla in der Preisklasse. Der EPA Zyklus kommt im Sommer für mich ganz gut hin, fährt man allerdings nur Autobahn auf Langstrecke rekuperiert man sehr wenig und kämpft bei hoher Geschwindigkeit gegen den Luftwiederstand und die Reichweite reduziert sich etwas, jenachdem wie schnell man auf der Autobahn fährt. (EPA Reichweiten unterscheiden sich auch hier wieder ob DualMotor oder Performance Modelle, als Beispiel: Beim S85 ~434km, M3 SR+ 404km, MR LR 560km).
Laut einigen anderen Erfahrungsberichten sind aber die angegeben 560km nicht ganz die Realität und vergleicht man die Model S75 oder S85 mit einem LR habe ich die Aussage mitgenommen, dass das Model 3 maximal 100km mehr auf Langstrecke schafft.
Der Normverbrauch vom M3 scheint gegenüber der „Angabe“ etwas mehr nach oben zu streuen als beim Model S.
Die Ladegeschwindigkeit eines Model 3 ist sehr viel höher als die eines älteren Model S (insbesondere, da die Model S via Softwareupdate von der Ladeleistung leicht reduziert wurden, was aber ggf. auch kein Dauerthema ist, es ist möglich, dass ein Großteil der Ladeleistung zurück kommt, aktuell dauert das Laden von 5-70% SoC bis zu 5min länger im Vergleich zu Früher).
Auch zu bedenken ist die Tatsache, dass die Supercharger sehr viel höher frequentiert werden als noch vor 2 Jahren, so dass man sich einen „Stall“ teilen muss (2 Ladesäulen werden von einem ~150kW Stationärladegerät betrieben) ist inzwischen häufig der Fall. Somit bekommen beide Fahrzeuge nur halbe Ladeleistung ~75kW. Die mögliche hohe Ladegeschwindigkeit eines M3 spielt dann keine ganz so große Rolle mehr falls so ein Fall eintritt.
Sehr viele Model S sind mit einem 22kW Doppellader ausgestattet, ein Model 3 hat ein 11kW Onboardlader (Normale Ladesäulen sind meist mit Kraftstrom bzw. Drehstrom ausgestattet, 32A Kraftstrom->22kW oder 16A Kraftstrom->11kW), somit hat man am Reiseziel die Möglichkeit verhältnismäßig schnell aufzuladen. Was durchaus ein großer Vorteil sein kann, wenn man nach einem 2h Termin, Abendessen oder was auch immer mit einem nahezu vollen Akku die Rückreise antreten kann. Das spart natürlich auch ungemein Zeit, wenn man dafür keinen Supercharger auf der Rückreise anfahren muss. Der Ausbau an öffentlichen Ladesäulen soll ja voran getrieben werden, somit sicher ein interessanter Punkt.
Fährt man wirklich häufig Langstrecken und diese sind deutlich größer als 4 bis 500km kann der Zeitersparnis eines Model 3 LR nicht unerheblich werden. Die höhere Reichweite und hohe Ladegeschwindigkeit sind beim Model 3 LR schon genial. Am besten kann man seine häufigen Langstrecken bei Abetterrouteplanner.com und den potentiellen Fahrzeugen vergleichen.
Kostenloses Laden
Oft nur ein reines „Kopfthema“, aber der Psychologische Effekt ist nicht zu unterschätzen.
Wenn man während des Ladevorgangs am Supercharger warten muss ist es nur halb so schlimm wenn es dafür wenigstens (für immer) kostenlos ist.
Auch bei einem möglichen Wiederverkauf kann das Lebenslange kostenlose Laden eine große Rolle spielen, „unique selling point“. Es ist meiner Meinung nach auch viel interessanter ein Model S von Privat zu kaufen als ein CPO Fahrzeug, weil beim CPO das lebenslange Supercharging von TESLA entzogen wird. (Ich persönlich lerne auch gerne den Vorbesitzer kennen)
Mal angenommen man fährt um die 30.000km im Jahr und ist 1/3 auf Langstrecke unterwegs ergibt sich grob gerechnet ein Jährliches Ersparnis von um die 750€ pro Jahr. Es gibt sicherlich auch Menschen die mit ihrem Fahrprofil deutlich über 1000€ pro Jahr sparen können.
Möchte man natürlich kostenlos Europareisen unternehmen ist sowas natürlich genial
Strompreisänderungen; Ionity hat es vorgemacht, schnelles Laden ist technisch aufwendig und teuer und damit es sich rechnet nimmt Ionity aktuell 79Cent/kWh.
Am Tesla Supercharger kostet es aktuell ~30Cent/kWh, mit einem freien kostenlosen Laden braucht man sich über steigende Strompreise und eine Anpassung seitens Tesla keine Gedanken machen.
Unterhaltskosten
Versicherung, laut Autoampel.de sind Model 3 (KH20 TK28 VK27) und Model S (19 28 30) nahezu gleich eingestuft. Die Versicherung beim Model S dürfte trotzdem leicht teurer als beim Model 3 sein, aber auch hier findet man Versicherungen die ein Model S günstig versichern (Mein Beispiel ~950€/Jahr Vollkasko SF12).
Steuern sind befreit, Service nicht notwendig.
Energiekosten, angenommen: Strompreis 0,3€/kWh, Model S 19kWh/100km; Model 3 16kWh/100km; → Model S: 5,7€/100km; Model 3: 4,8€/100km; Verglichen mit einem 6Zyl 3Liter Benziner ähnliche Fahrzeugklasse 14€/100km oder 10€/100km beim 3Liter Diesel sehr günstig.
(Dazu kommen dann noch beim Verbrenner Themen wie Servicekosten die man beim Tesla einfach nicht hat (Öl-, Filter-, Zahnriemen-, Zündkerzen-, Bremsen, Getriebeöl- wechsel.))
Reifen können sowohl beim Model S als auch beim Model 3 teuer sein. Ich habe aktuell Reifen eines Chinesischen Herstellers auf meinem Model S, welche 60€ pro Stück kosten. Sicher nicht ideal aber es funktioniert und sind günstige Alternativen zu den Premiumherstellern.
Autopilot
Der Autopilot 1 war lange Zeit besser als der AP2 oder AP2,5. Inzwischen kann der AP3 des Tesla Model 3 mit FSD aber mehr als der AP1 und bekommt auch einige knifflige Situation auf Landstraßen oder in der Stadt hin wo der AP1 Probleme hat (z.B. Mittellinie die fehlt).
Der AP1 hat dafür Funktionen wie Automatisches Überholen auf der Autobahn, Automatisches Einparken und Verkehrsschilder Erkennung sowie Geschwindigkeitsanpassung und Herbeirufen Serienmäßig integriert, beim Model 3 braucht man dafür das FSD Paket welches 6000€ Aufpreis kostet.
Letztlich funktioniert der ältere AP1 auf der Autobahn und Bundesstraßen, sowie Landstraßen meiner Erfahrung nach über 95% super und reicht für diese Anwendung mehr als aus. Insbesondere auf der Autobahn funktioniert er so gut, dass man sich entspannt zurück lehnen kann.
Beim AP3 mit FSD wird man die nächsten Jahre große Fortschritte erwarten können, aber auch hier wird man das System stetig überwachen müssen.
Fahrkomfort und Fahrdynamik
Das Model S ist auf der Autobahn sehr viel komfortabler und durchaus sehr langstreckentauglich (sowohl Akustisch als auch vom Fahrwerk). In Kurven bemerkt man das es kein Sportwagen ist sondern eine Reiselimousine. Die Längsdynamik, also die Beschleunigung ist aber trotzdem beeindruckend. Das Model S schießt nach vorne wie eine abgeschossene Kanonenkugel. Man rechnet beim ersten mal fahren auf gar keinen Fall mit dieser brutalen Beschleunigung und dem Ansprechverhalten. Auch die kleinsten Motorisierungen der Model S sind mit einem V8 Verbrenner zu vergleichen und trotzdem höchst effizient.
Das Model 3 ist straffer, sportlich direkt, die Längsbeschleunigung ist genauso beeindruckend wie beim Model S. Dafür oberhalb von 130km/h deutlich lauter und das Fahrwerk härter und bietet weniger Komfort.
Genauso wie das Design ist das Geschmackssache.
Neuerer „Stand der Technik“
Das Tesla Model 3 ist das neuere Auto mit der neueren Technologie.
Der Bildschirm funktioniert hervorragend flüssig und es gibt einige Extrafunktionen, sowas wie integriertes Netflix (diese Funktion kostet aber Aufpreis).
Die Batterietechnologie ist neuer (sehr hohe Ladegeschwindigkeiten sind möglich). Die Haltbarkeit der M3 Batterien müssen sich bei der hohen Belastung aber noch beweisen, beim Model S weiß man, dass sie sehr haltbar sind.
Wertverlust und Wiederverkaufswert
Der Entscheidende Punkt für einen hohen langfristigen Gebrauchtmarktwert ist für mich einfach die Tatsache, dass die Fahrzeug vielfach solange halten wie normale Verbrennerfahrzeuge.
1Mio Meilen also 1,6 Millionen Km ist da schon ein Wort zum Sonntag. Kein anderer Hersteller bietet seinen Kunden solch hohe Haltbarkeit.
Wie schon am Anfang geschrieben ist es dann auch kein Wunder wenn ein 200-300tkm Model S hohe Gebrauchtwagenpreise liefert, weil der Wagen theoretisch gerade erste „eingefahren“ ist und locker nochmal das doppelte oder dreifache erreicht ohne viel Geld investieren zu müssen wie es bei einem Verbrenner der Fall wäre. Hohe Laufleistungen sollten daher nicht abschrecken.
Eine Degeneration von ~ 8% bei 200.000km und ~16-20% Degeneration bei um die 500.000km sorgen dafür, dass auch nach einer halben Millionen Km die Batterie immer noch in die Lage ist das Fahrzeug 80% der ursprünglichen Reichweite bewegen zu können.
Aktuell werden die ersten gebrauchten Model 3 auf Neuwagenpreis bei Mobile etc. angeboten. Ich glaube, dass es bald eine Sättigung der Model 3 auf dem Markt einstellt und die M3 dann einen ersten Wertverlust erfahren. Nicht so hoch wie man diesen bei Verbrennern kennt aber er ist vorhanden. Auch werden 2020+ einige Vergleichbare Fahrzeuge zum SR+ verschiedener Hersteller auf dem Markt die Konkurrenz beleben. „Leider“ fehlt in der Fahrzeugklasse des Model S noch die Konkurrenz von anderem OEM’s.
Bei einem 4 Jahre altem Model S welches Neu 100.000€+ gekostet hat und nun noch Gebraucht 45.000€ kostet hat das Fahrzeug schon mehr als 50% Wertverlust erfahren. Dank der hohen Haltbarkeit wird der Wertverlust nun aktuell noch sehr langsam voran schreiten. Die Tatsache, dass es bislang keine vergleichbaren Fahrzeuge anderer Hersteller gibt, eine Reichweite von ~400km immer noch Stand der Technik ist und das lebenslange kostenlose Laden, welches es ja nicht mehr gibt, Sorgen sicherlich dafür, dass der weitere Wertverfall sehr eingebremst wird.
An dieser Stelle wäre folgende Annahme mal interessant: Was ist ein gebrauchtes Model S in 4 Jahren Wert vs was ist ein neues Model 3 SR+ in 4 Jahren Wert.
Dort würde ich mal die Behauptung anstellen, dass ein Model S einen deutlich höheren Wert hat. Wahrscheinlich spielt auch dann das Lebenslange Kostenlose Laden eine größere Rolle als heute (Thema steigende Energiepreise).
Schlussendlich sind beide Fahrzeuge toll und unterscheiden sich Hauptsächlich durch die Fahrzeugklasse.
Das Model S kann man eher Richtung 5er BMW, Mercedes E Klasse oder Audi A6 einordnen und ein Model 3 ist der Golf, 3er BMW oder MB C-Klasse einzuordnen. Weiterhin muss man sich entscheiden ob man eher ein Komfortables oder Sportliches Fahrzeug möchte, wie wichtig einem Lebenslanges kostenloses Laden ist, benötigt man den großen Kofferraum, fährt man eher Langstrecke und genau hier wird es meiner Meinung nach am schwierigsten (komfortableres Reisen vs schnelleres Laden).
Ich überlege ebenfalls oft, ob ich das Experiment mal Mache mein Model S gegen ein Model 3 einzutauschen, einfach weil ich es spannend finde die Unterschiede zu erleben.
Das Model S habe ich ein halbes Jahr lang gefahren, das Model 3 bislang nur ausgiebig Probegefahren.
Ich bin mit der Entscheidung ein gutes gebrauchtes Model S gekauft zu haben sehr zufrieden. Der Kauf eines Teslas war vielleicht sogar die beste PKW Kaufentscheidung überhaupt. Beim Kauf sollte man sich von höheren Laufleistungen sicher nicht abschrecken lassen.
Ich könnte mir vorstellen, dass der eine oder andere Punkt anders gesehen wird, dass hier war meine ganz persönliche Meinung zu dem Thema.
Viele Grüße