Ist die Reichweite wirklich so entscheidend?
Immer wieder ist die begrenzte Reichweite von E-Autos Grund für Debatten. Im Grunde ist das ja auch logisch. Oft aber wird entsteht Eindruck erweckt, man könne sich kein E-Auto kaufen, solange die Reichweite nicht mindestens so wie die von Verbrennern sei. Das ist in meinen Augen absolut kein Argument.
Heute kann es ja nicht mehr ernsthaft um die Frage gehen, ob ich mit einem E-Auto ans Ziel komme. Es gibt fast überall auf der Welt ausreichend Lademöglichkeiten. Die „weißen Lade-Flecken“ werden immer kleiner. Ausschlaggebend ist doch allein die Frage, wie lange es dauert, bis ich mein Ziel erreiche:
Fahre ich Kurzstrecken, bin ich mit dem E-Auto schneller als mit dem Verbrenner, weil ich nachts zu Hause auflade und gar nicht mehr zur Tanke fahren muss. Das betrifft bei mir etwa 80% meiner Fahrten.
Auf geschäftlichen mittellangen Strecken bis 600 km, die ich auch öfter mal fahre, muss ich mit einem Verbrenner vorher und - je nach Fahrtstrecke - auch nachher tanken. Mit einem E-Auto lade ich einmal unterwegs und dann wieder zuhause. Der Zeitunterschied ist also etwa eine Ladephase unterwegs von vielleicht 30 min. Die kann ich für Kaffee, Emails, Telefonate etc. nutzen. Also kommt es für mich darauf an, ob mein Terminkalender es zulässt, ein paar Mal im Jahr 30 min. zu tanken. Ich habe damit nicht das geringste Problem, zumal ich ja im Rest des Jahres nicht mehr zur Tanke fahren muss.
Für Langstreckenfahrten z.B. in 1500 km den Urlaub tanke ich einen Verbrenner vor der Abfahrt, einmal unterwegs und dann noch mal am Zielort. Fahre ich mit einem E-Auto, brauche ich unterwegs mehrere Stromladungen. Die Ladungen verlängern die Fahrtzeit realistisch um 3 Stunden. Die Kaffeepausen, die ich ohnehin einlege, kann ich von der Verlängerungszeit wieder abziehen. Wenn ich auf der Fahrt einmal übernachte, kann ich am Hotel laden, so dass eine weitere Ladephase entfällt. Also stellt sich für mich die Frage, ob ich es einrichten kann und will, von Bremen bis nach Italien ca. 2-3 Stunden länger zu fahren als mit einem Verbrenner, oder ob mir der ganze Urlaub verhagelt ist, wenn ich zwar entspannt, aber etwas später ankomme. Für mich steht die Antwort fest, ohne dass ich lange darüber nachdenken muss. Und ich wette, dass die Meisten von Euch - wenn sie ehrlich sind - genau so denken.
Ein Problem können natürlich die beruflichen Viel- und Langstreckenfahrer haben. Wer täglich mehrere hundert Kilometer mit hohem Tempo und ohne Pausen von einem Kunden zum anderen fährt, ohne immer wieder mal an einer Schnellladestation vorbeizukommen, wird mit einem E-Auto noch nicht so recht glücklich, auch wenn für ihn ein E-Auto ein Weg zu einer stabileren Gesundheit wäre.
Klares Ergebnis:
Jeder Mensch, der beruflich und privat überwiegend Kurzstrecken fährt, manchmal auch ein paar Kilometer mehr, und der drei bis viermal im Jahr längere Strecken in Urlaub fährt, ist mit einem E-Auto in Europa problemlos unterwegs, auch wenn er manchmal vielleicht ein wenig mehr Zeit braucht als ein Verbrennerfahrer.