Hallo alle zusammen. Ich hatte am Wochenende nun endlich meine erste ausführliche Testfahrt mit einem Tesla Model 3. Ich möchte euch einmal von meinen Erfahrungen und vor allem Problemen mit dem Fahrzeug berichten, in der Hoffnung das ihr mir vielleicht sagen könnt ob das halt alles so ist, oder ob ich ein montags Auto erwischt habe, oder es andere Kniffe gibt die Probleme zu umgehen.
Ziel war es zu sehen ob das Model 3 in unserer Familie zukünftig für die Altgasfahrten eventuell gleich 2 Verbrenner ersetzen kann, da ich momentan 100% und zukünftig 50% im Homeoffice bin, und mein Vater nun in Rente gegangen ist, und damit nur noch 1-2x pro Woche fährt.
Besonderheit ist das ich noch eine geistig behinderte Schwester habe die mit muss, hier hatte ich hoffnungen auf Summon als alternative zur Schiebetür.
Ich beginne mal mit dem wichtigsten dem Auto Selbst. Am Ende kommt dann noch was zu Nextmove.
Autopilot Software
Navigate on Autopilot funktioniert quasi nicht. Spurwechsel werden viel zu spät eingeplant, oder völlig ignoriert. Das Auto bevorzugt es erst eine Vollbremsung von 150 auf 80 zu machen, um danach die Spur zu wechsel und wieder zu beschleunigen, anstatt vorher einfach mal die Spur zu wechseln. Und das bei Madmax Einstellung. Und wenn ich vorsorgliche den Blinker für einen Spurwechsel betätige, passiert nichts.
Erkennung von Tempolimits ist nicht nur unzuverlässig, sondern auch gefährlich falsch. Teils werden 60er abschnitte als unbegrenzt erkannt, oder während man bei unbegrenzt 150 fährt, springen plötzlich 30 rein, obwohl es nicht einmal irgendein Schild gab. Wäre schöner wenn das Auto zugeben würde das es die Geschwindigkeit nicht kennt, und sich weiter nach meiner Vorgabe richtet anstatt da was total falsches rein zu hauen.
Die Abstandseinstellung nach Fahrzeuglängen ist leider völlig sinnlos, permanent muss ich diese beim Geschwindigkeitswechsel anpassen. Dies müsste ein Abstand nach Zeit sein. Ich war von der A23 entlang der B77 zur A7 gefahren, dort wechselte es immer zwischen 100, 70 und 50. Entsprechend war ich fleißig damit beschäftigt die Abstände anzupassen.
Auch sollten doch rote Ampeln mittlerweile erkannt werden, bei mir wäre der Autopilot auch bei einfachsten Kreuzungen knallhart über rot gefahren. Da wurde keine einzige Ampel erkannt, egal ob bei Tag oder im dunkeln.
Das eigentliche Spurhalten hat meist ganz gut geklappt, auch wenn es sich oft eher wie ein ping pong zwischen den Begrenzungslinien anfühlte. Bei Einmündungen hat er manchmal Probleme gehabt, und in Baustellen hat er gelbe Linien ignoriert. Leider nervt das Auto alle paar Sekunden damit das ich am Lenkrad drehen muss. Beide Hände am Lenkrad sind offenbar nicht genug. Da komme ich leider zum Fazit, fahren ohne Autopilot ist entspannter.
Das der Autopilot so unbrauchbar ist, finde ich leider sehr schade. Das war für mich bisher immer so das Killerargument für einen Tesla, und ich bin ein Mensch der viele technische Spielereien mag, und auch gerne mal Experimente mit macht. Aber ich verstehe nicht wie das Auto in den USA in der Beta Version schon diverse Kilometer in der Stadt ohne Eingriffe schafft, und hier nicht einmal die absoluten Basics wie Tempolimits auf die Reihe bekommt.
Des weiteren gibt es da noch die Sumon/Herbeirufen Funktion in die ich viel Hoffnung gesteckt hatte. Da für meine Schwester die Tür immer bis auf Anschlag geöffnet werden muss, damit sie hinein kommt. Bisher haben wir dafür immer auf Fahrzeuge mit Schiebetüren zurückgegriffen, damit sie auch in Parklücken einsteigen kann. Leider funktioniert auch sumon quasi gar nicht.
Testszenario war ein Sonntag Nachmittag bei leichtem Sonnenschein auf einem komplett freien Parkplatz mit gut erkennbarer Markierung. Der Tesla stand in der Mitte in einer Parklücke innerhalb seiner Markierungen, links daneben das Auto eines Freundes. Der Abstand war so groß das ich noch bequem ein und aussteigen konnte.
Rückwärts: Auto fängt an zu blinken, dann hört man die Handbremse, es passiert für einen Moment nichts, und dann ist wieder die Handbremse zu hören. Auf dem Display erscheint Herbeirufen abgeschlossen. Das Auto hat sich keinen mm bewegt. Das ganze mehrfach versucht, immer gleiches Ergebnis.
vorwärts: Auto fängt an zu blinken, man hört die Handbremse, es bewegt sich ein paar cm vor, und stoppt dann wieder samt Handbremse.
Smart Summon: jedes mal sehr lange Wartezeiten, erst mehrfach die Meldung das die Funktion derzeit nicht verfügbar ist. Nach vermutlich dem 10. versuch parkte er dann tatsächlich aus, aber nur so lange ich so dicht am Auto war das ich es auch hätte anfassen können. 4 Punkt Wendemanöver und wildes umher blinken. nach ca. 2 Wagenlängen hieß es dann maximale Distanz zurück gelegt. Dabei wäre das ziel ganz ohne wenden erreichbar gewesen.
Hardware
Kommen wir mal zu „Hardware“. Die Türgriffe haben bei Temperaturen unter 3°C geklemmt. Man musste sie immer manuell wieder zurück drücken, sonst blieb die Tür einfach offen. Deutlich zu merken wenn die Sonne auf eine Seite schien, dann funktionierten die Griffe auf der einen Seite normal, auf der anderen Seite klemmten sie hingegen.
Die Sitze empfanden sowohl ich, als auch der Rest meiner Familie als super unbequem, ich hatte nach einer Stunde fahrt schmerzen in Rücken und Beinen. Das hatte ich noch nie bei einem Auto. Selbst mein alter 2004er Hyundai Getz ist bequemer. Auffällig war für mich das die Sitze extrem niedrig sind, und die Rückenlehne im unteren Bereich drückt. Weitere kleine Mankos waren sehr kleine Sonnenblenden, geringe Spiegelflächen und ein großer toter Winkel im Bereich der A Säule.
Für meine Oma fehlte auf der Beifahrerseite ein Handgriff zum einsteigen. Sowohl für meine Oma als auch meiner Schwester war beim Einstieg das Dach entweder zu flach oder zu stark geneigt.
Die Heizung im Fußraum war viel zu warm, und den Fahrgästen auf der Rückbank war Kalt. Ich konnte keinen Regler finden mit dem ich dem hinteren Bereich mehr Luft zuführen kann.
Der Bildschirm gefällt mir, das Lenkrad geht so. Gestört hat das nicht einrasten der Blinkerhebel. Ein schnell zu erreichender Warnblinker fehlt mir ebenso. Ich finde der muss ähnlich wie die Hupe blind bedienbar sein. Das Handschuhfach ist einfach nur eine Lachnummer. Viel zu klein für irgendwas. Aber dafür gibt es genug anderen Stauraum.
Den Kofferraum empfand ich als sehr geräumig, aber die Öffnung etwas zu klein geraten.
Die hinteren Türen passten von der Form nicht wirklich zum Rest des Fahrzeuges. Wäre es auf einer Seite hätte ich gesagt da war ein Unfall und das Fahrzeug ist verzogen, diese Unförmigkeit war jedoch auf beiden Seiten gleich. Von hinten aufs Fahrzeug geschaut sah es immer so aus als wenn die Türen nicht ganz zu wären.
Über die Scheinwerfer hatte ich vorher schon viel schlechtes gehört, jedoch war ich mit denen sehr zufrieden. Es war ein sehr helles und weißes licht. Ich konnte alles sehr gut erkennen, und das Fernlicht reichte auch sehr weit.
Reichweite und laden
Beim Mietbeginn dachte ich noch ich müsste überhaupt nicht laden. LR soll 580km Reichweite haben, in der Miete sind nur 400km drin. also 180km puffer für etwas flotteres fahren und Heizung.
Die Reichweite viel leider deutlich geringer aus als erwartet. Ich dachte eigentlich immer die Reichweite de SR+ wäre für mich ausreichend, aber nach der Testfahrt mit dem LR muss ich feststellen, das selbst die zu gering ist. Der Stromverbrauch auf der Autobahn ist einfach viel zu hoch. Das laden am Supercharger hat gut geklappt, aber jede stunde eine halbe Stunde laden ist zu viel.
Wenn ich mit meinen GT86 (Sommer only Spaßauto) Richtung Stralsund meine Cousine besuchen fahre, fahre ich da 3h und tanke vor Ort einmal, um dann abends wieder die 3h zurück zu fahren. Wenn ich nach Dänemark in den Urlaub fahre tanke ich für gewöhnlich einmal kurz auf dem hinweg an der Grenze, das genügt dann auch für den Rückweg. (Ich mache grundsätzlich nur Tagesausflüge)
Zum zu Hause laden bin ich eigentlich in der Angenehmen Situation das ich eine 400V 16A Dose habe. Leider hatte das Auto nur ein einphasiges Ladekabel, und dies hat auch noch auf 13A limitiert. Ein laden war hiermit kaum möglich. Vormittags eingesteckt um mittags los zu fahren brachte, permanent 0km/h Ladegeschwindigkeit.
Ich hatte den Tesla mit geschätzt 80% Akku bekommen (Reichweite zeigte 434km), nach ca. 60km fahrt zeigte es abends 320km. (Wo sind die anderen 54km geblieben?)
Stand die Nacht dann neben dem Haus und am nächsten morgen waren es 287km angezeigte Reichweite. (Also 33km in einer Nacht verloren) Gegen Mittag hatte ich dann ein 400v 16A Kabel durchs Kellerfenster zum Auto gelegt, um etwas zu laden. Laden ging dann aber nur mit einer Phase und 13A, mehr konnte ich nicht einstellen. Hat dann eine Stunde mit 0km/h (immer mal kurzes aufblinken von 1km/h) geladen. (Außentemperatur -3°C)
Danach los gefahren und die Meldung bekommen das regenerieren eingeschränkt ist.
150km später mit halb Autobahn & halb Landstraße zum Supercharger (Mit Navigation zum Akku vorwärmen) zeigte die Reichweite noch 91km. Hab dann eine halbe Stunde auf ca. 80% geladen (Schätzung, da leider vergessen davon ein Foto zu machen, Einstellung war ein strich über „Trip“).
Hinterher dann wieder zurück, diesmal etwas mehr Autobahn. (Hin A23 & B77, zurück A7)
Zu Hause dann direkt wieder zum Laden angeschlossen (ca. 18 Uhr). Akku zeigte 212km und lud mit 15km/h. Nach 2h wurden 243km angezeigt. Um 23 Uhr waren es dann nur noch 0km/h Ladegeschwindigkeit. Ich habe das Laden dann abgebrochen da ich den verdacht hatte das hier die restliche Nacht fleißig der Akku geheizt wird, ohne das auch nur ein Watt in dem Akku kommt.
Fahrverhalten
Nach all dem, negativen habe ich auch etwas positives. Das Fahrverhalten finde ich absolute super. Das fahren mit nur einem Pedal ist in der Stadt richtig angenehm. Ich wohne sehr dicht an einer Autobahn mit vielen Abfahrten direkt hintereinander, die kurzen Autobahnsprints machen mit der lautlosen Beschleunigung richtig Spaß. Beim Lenkrad würde ich mir mehr Feedback von der Straße wünschen, aber da habe ich auch schon schlimmeres bei anderen ebenfalls teuren Autos erlebt.
Sonstige Software
Das Vorheizen und auch auf und zu schließen mit der App finde ich sehr gut. Auch die Bedingung im Fahrzeug mit dem Großen Bildschirm finde ich sehr gut, deutlich besser als bei jedem anderen Auto das ich bisher gefahren bin. Allerdings finde ich die Kontrollleuchten bei Tageslicht zu schlecht zu erkennen (nachts ist es ok) und die Gangwahlanzeige zu klein. Die kleinen popup Meldungen z.b. für den Autopiloten werden leider von meiner Hand am Lenkrad verdeckt.
Die große Kartenansicht ist für die Routen Planung super, schöpft ihr Potential aber während der Fahrt überhaupt nicht aus, da die Karte viel zu weit raus gezoomt wird. In der Stadt hatte ich das Problem nicht zu sehen wann ich abbiegen muss, da mir der gesamte Stadtteil auf der Karte gezeigt wurde.
Zusammenfassung
Die schlechte Langstreckentauglichkeit überrascht mich doch sehr. Schlechte Reichweite und unbequemes Sitzen sorgen dafür das ich mit dem Auto nicht auf lange Strecken möchte.
Das FSD Paket ist zwar spannend, aber in Deutschland derzeit völlig unbrauchbar, und somit der Preis viel zu hoch. Würde die Funktion an mir als Person und nicht am Auto hängen wäre es durchaus eine Investition in die Zukunft, aber ich glaube derzeit nicht das ein heute bestelltes Auto das autonome fahren in Deutschland erleben wird.
Bleibt nur noch der Weg zur Arbeit. Aber wenn ich meinen eigenen Strom nicht in den Akku bekomme, ist das Auto auch dafür ungeeignet. Und 60k€ für ein Auto das nur als Zweitwagen taugt ist etwas sehr viel Geld.
Ich bin durchaus davon ausgegangen das ich im Winter langsamer lade, aber nicht das meine Reichweite sich halbiert und sogar die Nacht den Akku leer saugt. Ich verstehe auch nicht warum 2-3kW Ladestrom nicht einmal genügen um einen warmen Akku warm genug zu halten das auch etwas Strom rein geht.
Nextmove
Zuletzt noch einmal etwas zu Nextmove. Entschieden haben wir uns für Nextmove da wir regelmäßig deren Videos schauen und dort unter anderem eine Korona sichere Übergabe versprochen wurde. Zu beginn brauchte ich meine Informatiker Kenntnisse um das CSS des Kontaktformulars zu korrigieren, damit ich die nötigen Checkboxen anklicken konnte. Die E-Mail Konversation war durchgehend freundlich, benötigte aber manchmal mehrere Anläufe bis alle Fragen geklärt waren. Die Bezahlung per Kreditkarte hatte wegen technischer Probleme nicht geklappt, die Mitarbeiterin bat mich dann nach ein paar Tagen um eine Banküberweisung. Kaution per Kreditkarte hatte hingegen geklappt. Die Zugangsdaten zur App kamen ca 1/2h vor Fahrzeugübergabe und haben auf Anhieb funktioniert. Vor Ort angekommen hatte ich Schwierigkeiten das Auto zu finden. Es gibt keine von der Straße sichtbare Beschilderung, nur ein kleiner Aufkleber an einem Fenster welcher auf eine nicht näher definierte Halle verwies. Nach dem Durchprobieren mehrere hallen (Teils mit Warnhinweise für Alarmüberwachung) fand ich dann die richtige.
Der Mitarbeiter war freundlich, hat aber leider keinerlei Korona Schutzmaßnahme eingehalten. Die Übergabe fand in der geschlossenen Halle statt, und er hat keinerlei Mund Nasen Bedeckung getragen (gut das ich vorsorglich mit FFP2 kam). Vorschäden wurden mir alle gezeigt. Das Auto war von innen absolut sauber, außen war es eher Katzenwäsche. Anschließend wurde mir ein Tablett zum unterschreiben hingehalten, was genau ich da unterschreibe war nicht zu sehen, das kam erst hinterher per Mail. Aus der Halle zwischen anderen Fahrzeuge raus rangieren musste ich dann auch selber. Draußen bei Tageslicht habe ich ihn mir dann noch vorsichtshalber genauer angesehen und Fotos gemacht. Auffällig waren sehr viele Kratzer und Hologramme im Lack. Der Akku war relativ voll, aber nicht wie im blind unterschrieben Protokoll auf 100%. Beim späteren fahren stellte sich heraus das der Reifendruck sehr gering war, und das Wischwasser fast alle ist.
Auch waren allerhand Profile eingespeichert bei denen ich nicht erkennen konnte ob es Mitarbeiter oder Vormieter waren. Nach der ersten Nacht bekam ich ein Software update angezeigt. Das Fenster poppte immer wieder auf. Da ich aber nicht heraus finden konnte ob ich es installieren darf habe ich es immer weg gedrückt.
Die Rückgabe erfolgte dann draußen, aber wieder ohne Maske beim Mitarbeiter, und wieder nur blind unterschreiben. Akkustand wurde mit 0% eingetragen obwohl 94km drin waren.
Schäden wurden mir keine angelastet.
Den Zugang zur App habe ich aber auch jetzt noch, und das Format von E-Mail Adresse und Passwort lassen darauf schließen das die E-Mail fest zum Auto gehört, und das Passwort nur zum Jahreswechsel geändert wird. Interessant zu sehen, Auto wurde direkt mit 400V 16A auf 100% geladen und dann abgestellt. Die ganze Woche gab es keine Miete. Leider könnte ich damit auch sehen wo eventuelle Nachmieter wohnen, was ich als großes Datenschutzproblem sehe. Das Passwort müsste eigentlich nach jeder Miete geändert werden.
(Update Freitag: Auto ist nun aus der App verschwunden, Zugangsdaten selbst funktionieren jedoch noch. Werde ich noch einmal weiter beobachten)
Den Mietpreis fand ich mit insgesamt 504,38€ trotz 20% Winterrabatt für ein Wochenende ziemlich hoch.
Falls jemand von nextmove mitlesen sollte. Ein paar Kleinigkeiten können das Gesamtergbniss von mulmiges Gefühl zu sorgenfrei ändern.
15 Minuten vor Übergabe einfach mal Wischwasser und Reifen kontrollieren. Fahrzeug nach draußen in die Sonne fahren. Mitarbeiter bei der Übergabe Maske tragen lassen. Unaufgefordert zeigen was unterschrieben werden soll, und eigenes Passwort für jeden Kunden. (Sollte bei 25€ Appgebühr drin sein), Akkustand entweder korrekt protokollieren oder weg lassen.
Und ich bin mir nicht sicher ob es so toll für den Akku ist eine Woche mit 100% zu stehen.