Da wir unser Model S nun seit mehr als zweieinhalb Jahren fahren, wollte ich gerne mal meinen Erfahrungsbericht teilen:
Seit Mai 2015 bin ich stolzer Besitzer eines Model S 85 D und habe inzwischen mehr als 60.000 km zurückgelegt. Hierbei gab es nur ganz zu Anfang nach 3 Tagen auf Grund eines fehlerhaften Bauteils eine gravierende Panne, die zum Totalausfall aller Systeme führte. Die Tesla-Hotline hat mir damals aber sofort unkompliziert und rasch geholfen und ich bekam nach einer Stunde einen Ersatzwagen geliefert. Ansonsten lief der Wagen danach immer tadellos und fehlerfrei. Er war bisher nur einmal in der Routineinspektion und wird seine zweite Inspektion jetzt im Januar erhalten.
Grund für die Bestellung Ende 2014 war das Drängen unseres Sohnes, eine Probefahrt bei Tesla und die dann einfach und unkompliziert eingeräumte Möglichkeit, mal ein Model S für einen halben Tag ganz für mich alleine auszuprobieren.
Schon beim Kauf meines 5er BMW Touring 5 Jahre zuvor hatte ich mich gefragt, ob dies mein letztes Auto mit Verbrennungsmotor sein würde. Umso erstaunter war ich in 2014, dass es eigentlich immer noch keine richtige Alternative zum Verbrenner zu geben schien und dass mich die meisten meiner Bekannten herablassend belächelten, vielleicht aber auch ein bisschen bewunderten für den Mut, jetzt mit dem Kauf eines E-Autos Ernst zu machen.
Es gab dann aber nichts Rechtes auf dem Markt, das eine ausreichende Flexibilität und Reichweite bot mit Ausnahme des Tesla. Der Preis tat weh, allerdings stand bei der Bestellung der US-Dollar noch so günstig, dass wir bei guter Ausstattung knapp unter 100.000 € bleiben konnten. Selbstverständlich ist dies eine Menge Geld für ein Auto. Es kam mir aber auch zu keinem Moment in den Sinn, mir jetzt für so viel Geld ein anderes „richtig gutes Auto“ zuzulegen. Es sollte halt eine Investition in die Zukunft sein.
Mit jedem Tag, den die Auslieferung näher rückte, kamen mir dann aber doch immer wieder Zweifel, ob ich nicht eine total verrückte Entscheidung getroffen hatte, die mich viel Geld kosten würde: Was, wenn Tesla Pleite ginge, alle Supercharger abgeschaltet würden und ich da stände mit einem Auto, das niemand kennt und warten kann und das unterwegs keinen Saft mehr kriegt? Zum Glück ist dies bisher ja nicht eingetreten und wird hoffentlich auch nicht eintreten.
Das Model S hat mir dann vom ersten Tag an (bis auf den dritten Tag) immer großen Spaß gemacht. Es fährt sich easy, wir wohnen in einer bergigen Gegend, und gerade das Herabrollen von den Hügeln mit Bremswirkung der Rekuperation ist angenehm und sinnvoller, als das Runterschalten in einen kleinen Gang mit heulendem Motor oder auf der Bremse stehen. Ich muss beim Fahren immer an einen Autoscooter denken: Auch da benutzt man nur ein Pedal. Eben kinderleicht. Auch finde ich es toll, dass man immer wieder automatisch Updates erhält, wobei das beeindruckendste die Freischaltung des „Autopiloten“ war, dessen Nutzung gerade bei langen Autobahnstrecken sehr angenehm ist. Man hat durchaus weiter die Hand am Lenkrad, aber gerade die bei langer Fahrt zwangsläufig nachlassende Konzentration wird durch die digitale Technik sinnvoll unterstützt. Auch die nachträgliche Integration von Spotify war ein toller Schritt.
Mein Weg zur Arbeit beträgt 9 km. So lade ich einmal die Woche auf, meist an öffentlichen Ladesäulen in der Stadt, die ich für 10,-€ monatliche Flatrate unbegrenzt nutzen kann - oft während des Einkaufs oder beim Treffen von Verwandten. Die meisten anderen Fahrten für auswärtige Termine oder Besuch bei Freunden finden in einem Radius von 100 km statt und letztendlich sind wir nur 5-6 Mal im Jahr auf einer längerstreckigen Tour mit dem Auto unterwegs, die ein Nachladen während der Fahrt notwendig macht. Dies ist dann aber auch immer vollkommen easy-peasy – ich habe noch nie an einem Supercharger anstehen müssen. Man muss halt ein bisschen mehr Zeit einplanen (das sind nach Österreich aus dem Bergischen Land dann schon 2 Stunden, da sollte man auch realistisch sein), allerdings sind wir dann ja auf Urlaubsfahrt, so dass diese extra 2 Stunden eigentlich keine Rolle spielen. Früher bin ich immer auf einen Rutsch bis auf 10 Minuten Tanken durchgefahren. Jetzt komme ich später, aber entspannter an, und am ersten Tag am Ankunftsort macht man nach langer Fahrt sowieso keine tollen Dinge mehr. Da ist es egal, ob man um 18.00 oder um 20.00 Uhr ankommt.
Die begrenzte Reichweite ist ja immer das entscheidende Argument, das gegen E-Autos angeführt wird. Es ist seltsam, dass die Menschen sich wahnsinnig schwer damit tun, mal einen Schritt zurückzuschalten und zu akzeptieren, dass es durchaus auch mal wieder ein wenig langsamer gehen kann. Kämen wir von der Postkutschenära, so würden alle das E-Auto als eine revolutionäre Erfindung ansehen und begeistert sein. Dass wir mit unserem wahnsinnigen konventionellen Autoverkehr die Luft verpesten, unsinnig natürliche Ressourcen verschleudern und die Ölförderländer, meist im Nahen Osten gelegen, wahnwitzig reich gemacht haben, was zu vielen der heuten hochakuten politischen Krisen und Probleme geführt hat, wird einfach so als gegeben angesehen und akzeptiert. Unglaublich!
Die E-Mobilität hat uns inzwischen dermaßen überzeugt, dass wir dann in 2016 für meine Frau nach zuvor einem Golf jetzt einen BMW i3 (natürlich ohne Range-Extender!) angeschafft haben. Wir sind also in der Familie jetzt 100% elektrisch unterwegs und kommen bestens zurecht. Es ist uns bewusst, dass wir finanziell unabhängig und privilegiert sind. Allerdings sind die Deutschen ja in der Mehrzahl nicht arm und geben durchaus verdammt viel für ihr Auto aus. Die Anschaffungskosten für ein E-Auto sind hoch, danach aber sind die Verbrauchskosten enorm niedrig, so dass in der Gesamtrechnung ein Verbrenner auch nicht so viel günstiger ist, wie die Anschaffungskosten suggerieren mögen.
Ich finde es in höchstem Maße bewundernswert, wie ein zunächst kleines Team von Enthusiasten, das dann im Laufe der Jahre natürlich auch größer wurde, es geschafft hat, in wenigen Jahren aus dem Nichts heraus ein solch formschönes, verlässliches und überzeugendes Auto mit neuer Antriebstechnik zu entwickeln und dann auch gleichzeitig noch dafür zu sorgen, dass für die Langstrecke kostenfrei (!) die entsprechende Ladetechnik zur Verfügung steht. Für mich gibt es keine Frage: Ich würde mir momentan kein anderes neues Auto anschaffen wollen als wieder einen Tesla. Dazu gibt es aber keinen aktuellen Grund, denn er läuft und läuft und läuft.