Hier im Forum begegne ich immer wieder Beiträgen, bei denen die Wagen von Tesla bedingungslos gelobt werden. Einige wenige Beiträge üben harsche Kritik am Wagen.
Hier jetzt mal meine bescheidene Meinung (IMHO liest man kaum noch im Netz, oder?):
Im Jahr 2008 wurde der Fisker Karma Hybrid vorgestellt. Zu der Zeit war ich schon lange Fan von Henrik Fisker und seinen genialen Entwürfen (BMW Z8, Artega, Aston Martin,…).
Sofort wurde eine Anzahlung in Höhe von 5.000 $ geleistet und gewartet. Das der Karma einen Hybrid-Antrieb hatte war für mich ein Pluspunkt, aber keine Voraussetzung.
Einige Jahre gingen ins Land, kein Fisker stand vor der Tür. Immer wieder wurde ich vertröstet. Entnervt verlangte ich meine Vorauszahlung zurück und erhielt sie gerade noch rechtzeitig vor der Insolvenz des Unternehmens zurück. Inzwischen hatte Tesla das Model S vorgestellt und ich sagte mehreren Freunden, jetzt sollte man wohl Tesla Aktien (für ca. 25€) kaufen. Habe es leider nicht gemacht und mir erst einmal einen Audi A7 Quattro Stinkediesel geleast.
2015 juckte es dann aber schon nachdem ich die ersten Model S gesehen hatte und nach einer Probefahrt in Hamburg war es geschehen. Ein Model S 70D wurde bestellt und ich war von Anfang an fasziniert.
Nach einem Jahr und ca. 15.000 km wurde der Wagen gegen ein Facelift 90D getauscht da ich als Design-Junkie die neue Front deutlich schöner finde (Geschmackssache!).
Mit dem zweiten Wagen bin ich nun in 10 Monaten 30.000 km gefahren und wage mir ein Urteil zu bilden und Vergleiche zum Audi zu ziehen.
Der Tesla hat definitiv Nachteile. Die Verarbeitung und Wertigkeit erreicht nicht das Audi Niveau.
Natürlich hat der Herr van Holzhausen einen anderen Designanspruch. Alles ist möglich klar und glatt.
Doch wer einmal Schalter und Taster im Audi bedient hat erkennt den Unterschied. Da ist die deutsche Ingenieurskunst noch Weltklasse.
Das Fahrgefühl ist ähnlich satt, die Audi Lenkung besser, dafür hat der Tesla noch mehr Grip. Auf insgesamt 45.000 km in den Teslas hatte ich bisher einen defekten Türgriff, bei 90.000 km im Audi eine Handvoll Probleme wie z.B. geflutete LED-Scheinwerfer. Beim Audi war dafür die Werkstatt 30 km entfernt, bei Tesla sind es 200 km. Da kann ein Rückruf schon nerven, besonders da meine Frau dann wieder einen Grund hat einen Tag in Hamburg zu shoppen .
Der Audi hatte diverse Ausstattungsdetails die es bei Tesla nicht für Geld und gute Worte gibt. Dafür möchte ich den Audipilot AP1 nicht mehr missen. Mit dem Audi war ich mindestens 1 - 2 Stunden schneller am Urlaubsziel, mit dem Tesla komme ich dafür deutlich entspannter an. Trotz der für mich unbequemen Sitze.
Früher bin ich auch mal flott über 300 - 400 km zum Kunden gefahren, nun muss ich immer die Zeit zum Aufladen am Supercharger einplanen. Sicherlich geht es schnell, kann sich aber auf einer längeren Strecke echt ziehen. Mit An- und Anfahrt am Charger rechne ich pro 300 km Fahrtstrecke mindestens 45 Minuten Ladepause ein. Wenn die Familie zu Hause wartet ist das eine schwere Zeit.
Mit dem Audi konnte ich mir schnelleres Fahren Geld für mehr Diesel erkaufen, beim Tesla muss ich länger laden wenn ich schneller fahre. Darauf muss man sich einlassen oder es nervt.
Außerdem habe ich in meinem Leben noch nie soviel Fastfood gegessen wie in den letzten zwei Jahren. Das hat mit zu meiner Gewichtszunahme von knapp 10 kg beigetragen .
Insgesamt ist ein Argument für mich aber mittlerweile das Killer-Kriterium: Ich verbrenne kein Öl mehr.
Für Öl werden Meere verschmutzt, Kriege geführt und Menschen müssen flüchten. Ohne Ölkriege und Interventionen durch Weststaaten in der Golfregion müssten wir hier nicht über Flüchtlinge diskutieren.
Die Syrer könnten wahrscheinlich friedlich in ihrem schönen Land leben.
Dafür fahre ich nun mit Öko-Strom, zum Großteil aus der eigenen PV-Anlage, durch die Welt. Das Gefühl ist unbezahlbar. Und dafür nehme ich gerne die wenigen Unzulänglichkeiten der noch jungen Marke Tesla in Kauf.
Als langjähriger Fahrer der Marke Lotus war ich da größeres Leid gewöhnt. Habe es aber auch gerne ertragen, da es dafür ein unvergleichliches Handling gab.
Ein Tesla ist für mich also nicht perfekt, aber aktuell und sicherlich noch auf Jahre das beste Auto der Welt, bedingt durch den einzigartigen Antrieb. Und wenn es mittelfristig Supercharger mit über 350 kW gibt hat sich die Ladeweile auch erübrigt.