Trocken Brot mit Frohlockung

Liebe Foristen

So, da ich nun seit fast einem Jahr Tesla fahre und hier passiv mitlese, wobei es sich genauer gesagt eher um eine aktive Passivität handelt - in Anbetracht der vielen Stunden, erstaunlicher Erkenntnisgewinne, mancher Kopfschüttler und oftmals Hochachtung, schlichtweg gesagt emotionaler Wallung, in welche mich dieses kompetente Forum mit seinen Mitgliedern und fleißigen Moderatoren immer wieder versetzen konnte, ist es nun mehr als an der Zeit, selbst zum Griffel zu greifen und ein paar Zeilen niederzuschreiben.
Darf ich mich vorstellen: wohnhaft und berufstätig in nördlicher Bodenseenähe, Mitte 40, fahrradverbunden (dazu später), Technik-interessiert und Nachhaltigkeits-affin.
Elektromobilität war für mich -wie für viele- noch vor ein paar Jahren ein spaßbefreites CO2-Ressourcen-Nachhaltigkeits-Schöngerechne, technisch unzulängliches Gedönsdingens, bis ich im Sommer 2014 mit meinem Bruder samt Mountainbikes in den Dolomiten oben auf dem Pordoipass stand, wo neben uns ein Roadster parkte, in welchen sich justament zwei Uomi falteten und lautlos rückwärts rollten, das Teil in Richtung Paßstrassenverlauf positionierten und dann den Stempel runterdrückten. Das Ganze spielte sich etwa in einem zeitlichen Rahmen von 10 Sekunden ab. Und meine Liebe zum Verbrenner war partiell erkaltet.
Dann vor zwei Jahren nen i3 probegefahren, toll, da war vollends klar, die nächste Karre wird elektrisch. Ich wollte noch auf nen größeren Akku warten, das wurde mir aber zu blöd, also kaufte ich letztes Jahr im Dezember ein Model S
als Stadt- bzw. Zweitwagen, denn für die Familienurlaube mit Rädern, Tauchzeug und weiterem (Sport-)Geraffel haben wir ja unseren Grand Espace.
Aber nicht mehr lange. Der 41KWh Zoe ist mittlerweile bestellt. Warum?
Erstens: geiler is halt.
Zweitens: Erkenntnisgewinn. Die Platzverhältnisse des Model S Innenraums stellten sich als unerwartet großzügig heraus; wir waren zu viert (mit Kindern) im Skiurlaub ohne Dachbox, mit 4 Paar Alpin-, 4 Paar Skatingski und diversen Outfits von Muddi.
Vaddi konnte immer noch kommod zur Heckscheibe rausblicken. Unter diesem Aspekt realisierten wir dann auch, daß Sommerurlaube trotz oder mit Packbehinderung im Bereich des Möglichen lagen.

Hoppsa, ich verliere mich bereits in Details und verlasse die stringente Chronologie. Deshalb zurück das Ganze.

Welches Model wurde es denn?
Ein 70er. Trocken Brot eben. Und verdammt nochmal, dieses Auto fasziniert mich als solches wie keines zuvor und das Preis-/Leistungsverhältnis ist abgefahren gut. Unfassbar wie eine rollende Verzichtserklärung solche Vergnügungsschübe bereiten kann. Ok, Soundpaket ist noch drin (ich höre gerne die Lieder in der Garage zu Ende. Und die nächsten zwei gleich dazu)
Und das Winterpaket, weil ich sonst in den R-Monaten kalte Patscher hätte.
Ich habe Stoffsitze, worüber ich froh bin.
Vier Neuwagen kaufte ich ohne größeres Hinterfragen mit Leder. Der Espace hat allerdings Alcantara (Leder seitlich). Der Sitzkomfort ist sowohl bei Kälte (trotz Sitzheizung bei Leder) als auch bei Wärme erheblich besser. Bin im Model S beide Sitzgestell-Varianten gefahren, die Sitzfläche bei den Standardsitzen lässt sich außerdem deutlich weiter nach vorne unten angulieren als bei den NewGen. Das ist für meine Bandscheiben ein ganz erheblicher Unterschied.
Selbst nach Hunderten Kilometern hüpfe ich behände (ok, fast :wink:) wie ein Zwölfjähriger aus dem Auto.
Vorteil der NewGen Sitze: sie sehen besser aus und selbst als Vegetarier mag ich es, wenn’s nach Leder schnüffelt…

Was gibt’s zum 70er sonst noch zu sagen: ich hab mich bewusst für den Hecktriebler entschieden. Wollte auf jeden Fall den großen Frunk.
Hatte mal ne bajuwarische Heckschleuder mit schönem, schweren Reihensechszylinder auf der Vorderachse, da dachten wohl umstehende Passanten bei jeder verschneiten Minimalsteigung, daß hier die versteckte Kamera mitläuft. Verstehen Sie Spaß, bloß anderster herum.
Latent traumatisiert, waren die nächsten Autos Allradler.
Ein Cooper Works brachte dann erneut den Gesinnungswandel. Achslastverteilung Richtung Antriebsseite und das Ding ging die Schneeberge hoch wie geschnitten Brot. Und wir wohnen am Berg, 13 Prozent. Mittlerweile hat das Model S etliche Winter-Wochenenden in den Alpen hinter sich und wir sind kein einziges Mal hängen geblieben. Das sind Welten zum BMW.
Ach ja, noch was: Der 70er hat erstaunlich viel Zug auf der Kette. Bin auch P85D und P90D gefahren. Klar klatscht hier beim harten Durchbeschleunigen das Hirnsüppchen noch vehementer an die hintere Kalotte, der 70er fühlt sich dabei aber keineswegs so unterlegen an, wie die Papierform evtl. vermuten ließe.
Diese Wagen hatten Pano und 21 Zoll. Sie waren erheblich lauter (ich habe 20 Zoll BBS) als unserer. Ob’s am Pano, den Reifen oder dem Frontmotor lag oder an allem zusammen, war nicht eindeutig zu differenzieren. Meine Frau meinte, kaum daß wir auf der Landstraße waren, „Mann ist der laut“.
Jammern auf höchstem Niveau allerdings.
Wirklich auffällig war allerdings das scharrende Brummen des Frontmotors beim stärkeren Beschleunigen und der ca. 20Wh/Km höhere Verbrauch auf Langstrecke.
Trotzdem ist die Topmotorisierung geil. Schon aus Prinzip. Und hier rührt unter anderem Teslas Reputation her.

Der 90er Akku ist für mich verzichtbar, da auf Langstrecke bei uns Essen, Caputscho und Pipi tendenziell mehr Zeit in Anspruch nehmen als das Superchargen. Und es lassen sich immerhin 63 KWh entnehmen.
Wäre ich beruflich ernsthaft auf Langstrecke unterwegs, hätte ich aber auch zum großen Akku gegriffen. Allerdings ist hier das Preis-/Leistungsverhältnis ok, treibt mir aber nicht unmittelbar die Begeisterungsstränen in die Augen. Wenn man den Aufpreis betrachtet, stellt man fest, daß das vorliegende Euronen/KWh Verhältnis in etwa dem eines Zoe (mit 41KWh Akku) entspricht (unter Einbeziehung der Prämie und des Selbstständigen-Rabatts).
Bloß hängt da noch ein ganzes Auto dran.
Wenn man allerdings die guten Tesla-Wiederverkaufspreise betrachtet, relativiert sich der Aufpreis wieder.
Mein Bruder hat jetzt nen 90D bestellt, ich denke damit kann man nichts falsch machen und freue mich mit.
(Übrigens da sind die lecker ausschauenden NewGen Sitze jetzt Standard, ist das neu oder ging das bisher an mir vorüber?)

So, nun schlage ich final noch einen Bogen zu einem Thema, das hier im Forum immer wieder köchelt. Und nachdem ich soviel vom Wissen der Forumsmitglieder profitieren konnte und teilweise (respektvoll) in mich reinlachen durfte (ich fragte mich bei Oberstufen-Mathe z.B. regelmäßig, wozu diese denn zu gebrauchen sei. Zum Brückenbau hörte ich. Und mich sagen, möchte ich später gar nicht bauen. Mittlerweile bin ich im „Brückenbau“ tätig, dafür sind in meiner Branche Sachverstand und Akkuratesse vonnöten, aber nur retardierte Mathekenntnisse. Und dann öffnete mir unter anderem Snoopy mit seinen abgefahrenen Zahlenkolonnen bzgl. Reichweite, Tempo und Ladedauer nach vielen Jahren noch die Augen :open_mouth: Danke und Hut ab!), möchte ich auch noch etwas „Konstruktives“ beitragen:

Ich habe die Brink-Anhängerkupplung montieren lassen, da mir der Radsport und -Transport am Herzen liegt und nur so der Tesla für uns wirklich alltagstauglich wird.
Zuerst: von Tesla wurde gesagt, daß die reine Trägerfunktion die Garantie in keiner Weise tangiere. Eine Zugfunktion sei hingegen nicht zulässig.
Das Ding funktioniert perfekt. Besser als eine reguläre Kupplung. Die „Patrizen-Kugel“ ist oben abgeflacht und auf die Abflachung ist ein kleiner Quersteg geschweißt. Die „Kupplungsmatrize“ des Radträgers (Atera) greift über die Kugel und verblockt sich so mit dem kleinen Quersteg, daß eine Drehung des Radträgers nicht mehr möglich ist. Es gibt also nur die eine Position längs der Fahrtrichtung. Ein Anhänger könnte sich also nicht auf der Kugel drehen, somit keine Kurvenfahrt möglich. Mit einem anderen „Schwanenhals“ mit runder Kugel wäre die Drehfunktion natürlich vorhanden, ist aber -wie gesagt- nicht zulässig.
Die Elektrik wird simpel am Kabel des Rücklichts abgegriffen, das ganze Ding setzt auch vollgepackt mit vier Rädern bei Bodenwellen null auf.
Die schwarze Kunststoffabdeckkappe war ursprünglich schwarz Hochglanz mit weißem Aufdruck „Thule“ (Brink ist Thule). Sah kacke aus. Habe ich mit feinem Schmirgelpapier bearbeitet, um die Optik dem unlackierten Teil der Kunststoffschürze anzugleichen.
Mit den Rädern huckepack gleitet der Tesla natürlich nicht mehr so ungehemmt durch den Wind. Auf Land- und Bundesstraßen und in den Bergen liegt der Verbrauch noch deutlich unter 200, auf der Autobahn bis ca. 125Km/h dann aber bereits bei etwa 230, das sind ca. 30Wh/Km mehr als sonst.
Allerdings ergaben ja diverse Tests mit Verbrennern, daß die Heck- immer noch deutlich günstiger als die Dachposition ist.

So, das wär’s meinerseits für’s Erste. Ich habe in diese Vorstellung gleich mehrere Thread-Themen gepackt. Man möge es mir bitte nachsehen :wink:
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Schöne Vorstellung, willkommen im Forum und schönen Gruß aus dem Nachbarstädtchen.

Tolle Vorstellung :slight_smile:
Und danke für den Bericht mit der Thule AHK.
Da ich auch Räder mitnehmen will, kommt mir Dein Bericht sehr zugegen :wink:

Viel Spass mit dem MS und auf den Bikes.

Gruss

Mario

Danke für die tolle Vorstellung. Bitte schreibe noch eine Nachricht in dem Fahrrad Anhänger Faden.

Vielen Dank für Eure netten Rückmeldungen :slight_smile:
Habe jetzt noch eine Nachricht in den AHK Faden gestellt.

Moin Nick1,

Danke für Deinen Bericht, der mir außerordentlich gut gefallen hat (obwohl mir die Überschrift erstmal nichts sagte).

Gratulation zum MS und herzlich Willkommen im Forum!

LG
Wolfgang