Jeder EV-Owner kennt die Situation: Jemand ist interessiert, weiss aber nicht recht, wie man eine Koch-Brothers Kampagne oder ähnliches entlarvt (bzw. wissen gar nicht dass sowas existiert). Man will die Leute aber nicht mit ausführlichen Erklärungen langweilen. „Google mal selber“ hilft wohl auch nur in den wenigsten Fällen. Deshalb hier der Versuch, die wirklich knackigen Informationen zu sammeln. Wenn sich Links finden, die von vielen von euch als „kurz und knackig“ auf den Punkt gebracht empfinden, werde ich sie hier in diesem ersten Post aufführen. Wahrscheinlich müssen wir es auf die Top-10 beschränken, sonst wird die Liste wieder zu unübersichtlich.
Top Ten
1 - Graue Energie / Schmutzige Energie?
- Frage: Ich hab da eine Studie gelesen, die sagt, dass Elektroautos mehr CO2 verursachen als Verbrenner (wegen Auto-Herstellung/-Recycling und/oder Stromproduktion)
- Antwort: Blödsinn. Von wem ist die Studie finanziert?
- Veranschaulichung: bit.do/co2-emissionen
- Veranschaulichung: qz.com/1040956/why-electric-car … ays-green/
- Kommentar: tff-forum.de/viewtopic.php?f=22 … 60#p391459
(für CH)
- Frage: Die Wasserkraft ist ja auch nicht wirklich umweltfreundlich, da wird einfach mit billigem Kohlestrom der Stausee vorher gefüllt
- Antwort: Falsch. Pumpspeicher machen gerade mal 4% aller Wasserkraft in der Schweiz aus. Ausserdem ist ein Elektroauto sogar mit Kohlestrom noch weniger schlimm als ein Benziner. Und dazu kommt, dass der importierte Strom schon heute immer weniger Kohlenstoff-intensiv wird.
- Veranschaulichung: bit.do/mythbuster-eauto
2 - Reichweite
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Frage: Mit dem Elektroauto kann man doch gar nicht ohne peinlich genaue Planung der Route in den Urlaub fahren.
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Antwort: Natürlich kann man. Man muss nur darauf achten, dass man Zugang zu Ladesäulen hat, welche erstens genug Leistung bieten, und zweitens auch tatsächlich benützt werden können. Das erste Ladenetzwerk, welches beide Bedingungen mit sehr hoher Zuverlässigkeit erfüllt, existiert bereits: das Tesla Supercharger Netzwerk. Bei 120kW Ladeleistung ist das Verhältnis zwischen Fahrzeit und Ladezeit ca. 6:1 (sprich 3h fahren; 30min Pause), oder bei sehr hoher Geschwindigkeit (ab 150kmh) vielleicht 4:1. Auf der Autobahn laden die meisten nur bis 70%, weil die Leistung danach drastisch absinkt.
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Karte: tesla.com/findus
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Antwort Teil 2: Andere Angebote sind zwar noch nicht ganz so zuverlässig (oft nur eine Säule, die vielleicht besetzt, ausser Betrieb oder in einem fremden Ladenetzwerk ist), können aber durchaus manchmal als Notlösung dienen. Für Gelegenheitsnutzer empfiehlt es sich, eine Ladekarte ohne Grundgebühr zu bestellen. Die TheNewMotion Karte zum Beispiel ermöglicht Zugang für über 6000 Ladesäulen und kostet keine Grundgebühr. Es muss hier einfach erwähnt werden, dass in diesem Fall meist nur 22 oder höchstens 50kW zur Verfügung stehen, was einem Verhältnis zwischen Fahrzeit und Ladezeit von ca. 1:1 oder 2:1 entspricht (mal abgesehen davon, dass manchmal sogenanntes „Hypermiling“ angewendet wird, bei dem durch langsames Fahren der Energieverbrauch reduziert wird).
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Antwort Teil 3: Die heutigen Li-Ion Batterien können für einen Teil der Kapazität mit bis zu 1.5C geladen werden, ohne die Lebensdauer zu beeinträchtigen. Das heisst bei einer 100kWh Batterie 150kW Ladeleistung. Das ist auch einer der wichtigsten Gründe, warum momentan noch grosse Batterien Sinn machen. Es gibt aber praktisch jede Woche eine neue Medienmitteilung von einem angeblichen Durchbruch, der schnelleres Laden erlaubt. Bisher hat sich noch keiner davon wirklich bewahrheitet. Trotzdem ist es wohl eine Frage der Zeit, bis es eine echte Alternative zu Li-Ion gibt, die höhere Leistungen erlauben werden. Um an die gleiche Energietransfer Leistung wie beim Benzin zu kommen, wäre (unter Berücksichtigung des Wirkungsgrades, umgerechnet auf die Reichweite) ca. 1-2 MW Leistung nötig, was nicht mehr mit einem einfachen Kabel und Stecker transportiert werden könnte. Bis 500kW sind noch flüssigkeitsgekühlte Kabel denkbar. Alles darüber müsste mittels einer Robotereinrichtung gelöst werden. Da aber ein Elektroauto, anders als Flüssig- oder Gastreibstoffbetriebene Fahrzeuge, auch problemlos zuhause in der Garage aufgeladen werden können, ist es gar nicht so dringend, so einen Durchbruch zu erreichen. Teurere Schnellademöglichkeiten haben vielleicht gar keinen so grossen Markt wie man erwarten würde.
3 - Seltenes Lithium
- Frage: Ich hab da eine Studie gelesen, die sagt, dass Lithium sehr selten und umweltschädlich ist
- Antwort: Nein. Lithium ist keine seltene Erde, sondern macht 0.006% der Erdkruste aus. Es ist damit häufiger als z.B. Zinn oder Blei, siehe de.wikipedia.org/wiki/Lithium Es ist aber sehr gleichmässig verteilt und deshalb meist sehr dünn konzentriert (z.B. im Meerwasser: 0.18ppm). Im Vergleich zur Erdölgewinnung ist der Lithium-Abbau ausserdem die reinste Gartenpflege.
- Veranschaulichung: bit.do/mythbuster-eauto
- Veranschaulichung: de.m.wikipedia.org/wiki/Metalle … enen_Erden
4 - Sondermüll
- Frage: Wenn man die Batterien mal entsorgen muss steht man vor einem Berg Sondermüll
- Antwort: Nein. Li-Ion Batterien wären sogar ungefährlich fürs Grundwasser wenn man sie einfach in den Wald stellt und verrotten lässt. Wer das tut ist aber selber blöd, weil es noch viel wertvolles Material da drin gibt: z.B. Cobalt! (Was übrigens ein Hauptbestandteil des Vitamins B12 ist)
- Veranschaulichung: en.wikipedia.org/wiki/Lithium-i … _recycling
- Veranschaulichung: umicore.com/about/elements/cobalt
5 - Seltene Erden
- Frage: Die Materialen für die Batterien können genauso ausgehen wie das Erdöl
- Antwort: Nein. Die Materialien werden nicht „verbraucht“, sondern bleiben zu 99.99% in der Batterie erhalten. Beim Recycling kann man bei Bedarf das meiste davon wieder in einer funkelnagelneuen Batterie brauchen. Dank der hohen Konzentration an gewünschten Materialien ist es wahrscheinlich bald schon günstiger zu Recyceln als „frisches“ Material zu fördern, besonders der Cobalt Anteil ist schon heute sehr interessant. Das Erdöl verschwindet übrigens auch nicht einfach. Wenn man es verbrennt, landet 99% davon in der Atmosphäre als CO2 und im Meerwasser als Kohlensäure!
- Veranschaulichung: umicore.com/about/elements/cobalt
- Veranschaulichung: de.m.wikipedia.org/wiki/Metalle … enen_Erden
6 - Kosten
- Frage: Elektroautos sind doch viel zu teuer!
- Antwort: Kommt drauf an. Folgender Begriff ist wichtig: TCO → Total Cost of Ownership!
- Veranschaulichung: teslarumors.com/Teslanomics.html
- Veranschaulichung: github.com/elekktrisch/tesla
(ähnliche Frage: Abschreibung)
- Frage: Wie ist denn so die Wertstabilität? Ist das Auto nach 3 Jahren Schrott?
- Antwort: Die beste Wertstabilität findet man bei Tesla. Die Gebrauchten werden am meisten gesucht, erzielen die höchsten Preise und sind am schnellsten wieder verkauft.
- Veranschaulichung: faz.net/aktuell/finanzen/mei … 37190.html
7 - Emotionen
- Frage: Vermisst man da nicht den Motoren-Lärm? Je mehr Hubraum desto besser! Wo ist denn da sonst die Emotion?
- Antwort: Warum benützt du ein MacBook? Eine mechanische Schreibmaschine hat doch viel mehr Sound und Emotion!
- [color=#0000BF]Veranschaulichung: https://tff-forum.de/t/tesla-momente/3186/1[/color]
- Veranschaulichung: youtube.com/watch?v=PNosv6_n-Us
8 - Wissenschafts-Ignoranten
- Frage: Die Klimaerwärmung existiert doch gar nicht
- Antwort: Oh mann. Na gut, dann mal zu den Basics…
- Veranschaulichung: youtu.be/BMskI6G9ty0?t=3m52s
9 - Stromnetz
- Frage: Wir können ja gar nicht so viele Elektroautos gleichzeitig mit Strom versorgen, das Netz bricht zusammen.
- Antwort: Das Gleiche gilt für unsere S-Bahn-Züge. So ein Zug braucht mehrere Megawatt. Aber wer sagt denn dass die alle ausgerechnet gleichzeitig losfahren müssen?
- Veranschaulichung: bit.do/mythbuster-eauto
10 - Wasserstoff
- Frage: Wär es nicht besser, auf Wasserstoff zu setzen? Dann kann man viel schneller auftanken.
- Antwort: Wasserstoff ist für einige Anwendungsgebiete eine gute Möglichkeit, jedoch in absehbarer Zeit eher unattraktiv für Privatfahrzeuge. Die Massenproduktion kommt nicht in die Gänge, weil die Nachfrage nicht da ist, und die Nachfrage wird es nicht geben, solange die Fahrzeuge und Tankstellen teuer bleiben. Als Tankstellenbetreiber rentiert es deshalb auch nicht wirklich, eine 700bar Anlage zu betreiben. Übrigens wird der meiste kommerziell erhältliche Wasserstoff aus Erdgas produziert.
- Veranschaulichung: bit.do/mythbuster-eauto
- Veranschaulichung: electrek.co/2017/08/17/hyundai- … es-genesis
Kandidaten für die Top-Ten
A - Neodym Magnete
- Frage: Die Neodym Permanent-Magnete im Motor brauchen seltene Erden
- Antwort: Deshalb verwendet Tesla Asynchron Induktions-Motoren.
- Veranschaulichung: youtube.com/watch?v=3SAxXUIre28
B - CO2 Sequestrieren
- Frage: Es gibt doch schon Technologien, die CO2 unterirdisch verstauen können
- Antwort: Stimmt. Nur rentiert das hinten und vorne nicht, und wird es wohl auch nie. (Das Meer absorbiert übrigens Unmengen an CO2. Wenn es das Meer nicht gäbe, hätten wir heute statt 1°C Klimaerwärmung schon lange den Runaway Effekt zum laufen gebracht!
- Veranschaulichung: ?
C - Synthetischer Treibstoff
- Frage: Es gibt doch dieses Power-to-Gas Verfahren, mit dem man aus CO2 aus der Luft flüssigen oder gasförmigen Treibstoff produzieren kann. Diese Technologie wird sicher demnächst perfektioniert.
- Antwort: Richtig. Aber auch das wird niemals wirtschaftlich sein für den Individualverkehr. Pro km ist mit diesem Verfahren fast 10mal so viel Primärenergie nötig als mit einem Elektroauto (50% Energieverlust beim Synthetisieren, multipliziert mit 80% Energieverlust im Ottomotor, und dann noch verschiedene Verluste beim Transport und bei Umladevorgängen).
- Veranschaulichung: ?
D - Bio Treibstoff
- Frage: Man könnte doch 100% Bio-Treibstoffe benützen. Das kann man neuerdings statt aus Mais auch Ressourcen-schonender aus Algen produzieren.
- Antwort: Es gibt tatsächlich vielversprechende Forschungsergebnisse. Der Gesamtenenergieverbrauch ist aber auch hier deutlich höher als bei einfacher Energieproduktion aus Wind oder Solar, und direktem Speichern in einer Batterie. Ausserdem gibt es zwei weitere Nachteile: Ethanol greift den Motor an und verkürzt dessen Lebenszeit. Und das Algen-Verfahren ist leider noch nicht Marktreif.
- Veranschaulichung: ?