Andreas Knie: „Die wollen keinen Neustart“ (brand eins)

Ein Problem der verpeilten Planer ist, dass ihre utopischen Phantasien oft die Lösung für den nächsten, naheliegenden Schritt blockieren.

Knie hat doch von Experimentierräumen, also bestimmten Viertel in Großstädten gesprochen, in denen Leute ohne eigenes Auto, dafür mit reichlich E-Carsharing, besonders gut leben wollen und können und bei dem für Anlieferung etc ausschließlich Emobilität zugelassen wäre.

In diesen Vierteln müssten dann freilich auch andere Regeln gelten! In der heutigen Verkehrspolitik & Gesetzgebung ist Alles und Jedes dem Auto untergeordnet, unverändert seit der NS-Zeit! In den Experimentierräumen könnte man das erstmals aufbrechen.

In Berlin gibt es sofort eine Neiddebatte (denke ich), wenn eine hohe Einfuhrmaut erhoben wird. Vermutlich: „Nur reiche Ärzte und Anwälte fahren dann in die Stadt und sind privilegiert“. Deswegen werden die mit Blockaden des Verkehrs weiter arbeiten, weil das alle trifft (reich und weniger reich). Und ich glaube, dass das sogar besser und irgendwie gerechter ist.

Spricht hier jemand, der sich einen Tesla leisten kann und daher in die „dann sollen sie eben Kuchen essen“ Falle tappt? :wink:

Ich habe lange Jahre im ÖD gearbeitet und hatte dort Arbeitskollegen, die - wiewohl sie ein für den ÖD „normales“ Gehalt eines FH-Ingenieurs bekamen, von ihrem 08/15-Autos finanziell fast aufgefressen wurden. :frowning: Da mir das als Anfänger im ÖD auch beinahe passierte, habe ich ganz konkret und dringend eine frisch angestellte Kollegin vor der Anschaffung eines neuen Hyundai Atos für damals ca. 8000 Euro gewarnt. Einen Teil hat sie finanziert, ihr schien das alles finanziell überschaubar. War eine Milchmädchenrechnung, in die man nur allzu leicht hineintappt, besonders wenn man in München zur Miete wohnt.

8000 Euro klingt für uns Bonzen im Jahr 2018 nicht viel, stimmt’s? Aber die monatlichen Raten (keine Niedrigzinsphase!), die Steuer und Versicherung sowie – ja –das Benzin haben ihr gesamtes verfügbares freies Einkommen jeden Monat weggefressen. Und wehe es war mal was am Auto, sie wollte mal Winterreifen kaufen etc blabla. Das Ende vom Lied war, dass ich halb aus Mitleid mit ihr eine Fahrgemeinschaft bildete, und ihr so de facto den Sprit jeden Monat bezahlte. Übrigens hatte ich zu dem Zeitpunkt kein Auto, ich wohnte nahe dem Oktoberfest :smiley: in München direkt an der U-Bahn. Mit dem Auto bin ich dennoch gerne mit ins Büro in einen Münchner Vorort gefahren, weil ich nach 1 Jahr ÖPNV am Ende war, u.a. durch ständige Verspätungen und Ausfälle, tw. schlechte Anbindung, was zum Beispiel häufig zu längeren Fußmärschen bei Wind und Wetter führte, alles wesentlich schlimmer als mit dem Auto stadtauswärts auf den Büroparkplatz zu fahren. Seit damals hat sich die ÖPNV-Situation noch deutlich verschlechtert, was ich vor mittlerweile 25 Jahren nicht für möglich gehalten hätte.

Auch ach so billige gebrauchte Verbrenner retten dich finanziell nicht, sondern werden für den Laien ein schwer kalkulierbares finanzielles Risiko. Wieder habe ich ein bestes Beispiel direkt vor mir sitzen, wo eine MA glaubt, trotz recht ordentlichen Gehalts, sich immer alte Kisten kaufen zu müssen, weil die billig hergehen, und sie das so seit Studienzeiten gewohnt ist. Think small, sozusagen. Das Ende vom Lied ist nach einiger Zeit jedes Mal irgend ein kapitaler Schaden (Motor, Getriebe, Unfall natürlich ohne Vollkasko, daher Totalverlust, diverse Pumpen, wasweissich), deren Reparatur wirtschaftlich grenzwertig oder unsinnig ist. Entweder wird also ordentlich Kohle ins Auto gesteckt oder gejammert, dass es futsch ist und man kein Geld für eine anderes hat, weil das alte so viel Geld weggefressen hat. Ein Teufelskreis (aus dem ich ihr schon mehrfach Auswege aufgezeigt habe, aber das ist eine ganz andere Geschichte).

Ja, der ÖPNV ist teuer und die Kosten fallen meist sofort und unmittelbar an und tun daher sofort weh, aber für fast alle Anwendungen der meisten Menschen in Großstädten, ist er über das Jahr gerechnet billiger und finanziell deutlich risikoärmer als ein eigenes Auto.

Die Unterschicht müsse Auto fahren weil es billiger ist als ÖPNV ist eine steile These :open_mouth: , die ich nur für Leute unterschreiben würde, die selbst KfZ-kundig sind, oder gute Freunde mit entsprechenden Kenntnissen haben.

EDIT: Wer sich mal früher den Schuldenberater Peter Zwegat auf RTL(?) angesehen hat, wird feststellen, dass er bei allen überschuldeten Personen sofort (aber meist erfolglos) darauf drängte, ein vorhandenes Auto abzustossen. Warum nur? :astonished:

cer, du bist doch sonst ein sehr heller Kopf (ernst gemeint), wie kommt es, dass Du mich hier nicht verstehst? Ich versuche es nochmal klarer zu formulieren: „abgehakt“ deswegen, weil das nicht der Sinn und Zweck eines Autos ist, das jemand privat besitzt, der zufällig in der Stadt wohnt. So ein Auto ist nicht dazu da, um zu Stoßzeiten in der Innenstadt herumzugurken, da sind wir uns doch alle einig, nehme ich an?

So ein Auto ist dazu da, um mal ganz beispielsweise:
Einen Verwandten, sagen wir mal die eigene Tochter, nachts von einer Feier abzuholen
in den Urlaub nach Italien, Frankreich, Spanien, Dänemark, Österreich, Norwegen etc. zu fahren
Was von Ikea oder sonst einem Laden auf der grünen Wiese zu besorgen
Von der eigenen Garage zu einen öffentlichen Parkhaus in der Stadt zu einer Veranstaltung zu fahren, weil (wieder z.B.) die Ehefrau einen gebrochene Fuß hat - Taxi wäre hier manchmal auch eine Option, aber Mann und Auto sind ja schon da
Einen Ausflug ins Grüne zu machen
Zu einer Beerdigung ausserhalb der Stadt zu fahren
Die Kinder zum Sport, Tanzen etc. zu bringen und wieder abzuholen.
Freunde im Umland besuchen, wo nachts keine Busse oder Bahnen (die es dort sowieso nicht wirklich gibt) fahren
Zum Skifahren mit der Familie zu fahren
Geschäftspartner vom Flughafen abzuholen
Die Oma im Vorort besuchen
usw usf

Sicherlich drängt sich Dir bereits der Verdacht auf, dass ich hier mal meine Fahrten der letzten Wochen und Monate beschrieben habe, stimmt’s? :wink:

Da stimme ich dir zu, habe aber deinen Trick natürlich durchschaut: Du hast eben die Diskussion von „Herr Knie will in deutschen Städten den Privatbesitz* von Autos verbieten (würde er und seine Genossen dann bei Städten haltmachen? Ich glaube nicht!)“, zu „Megastädte wie Hong Kong brauchen andere Konzepte als bisher“ verbogen. Du Schelm.

(*) Ja, er schreibt ausdrücklich „Besitz“. Es geht ihm nicht darum, das sinnlose und verstopfende Herumfahren in engen deutschen Innenstädten zu untersagen (das wäre nämlich sehr einfach), welches selbst abgaslos eine enorme Belästigung darstellt; nein, es geht ihm im Kern um das Verbieten bestimmten Privatbesitzes aus ideologischen Gründen, und gegen diese totalitäre :neutral_face: und kollektivistische :neutral_face: (auch wenn du das lustig findest - ich lache darüber schon lang nicht mehr) Denke wehre ich mich. Unglücklicherweise Seite an Seite mit SRAM äh SLAM. :confused:

So ist es. Kollektivisten lernen nicht wirklich aus der Vergangenheit, weil „Ideal vs. böse Realität“ schnell zu kognitiver Dissonanz führen kann - und die ist zu schmerzhaft. Was allen gehört gehört niemanden und ist nichts wert und wird entweder bis zum Zerfall vernachlässigt (siehe Häuser in der DDR) oder aktiv kaputt gemacht (siehe Vandalismus an öffentlicher Infrastruktur). Fertig. Ob einem dieses menschliche Wesenszug gefällt oder nicht. Die „Lösung“ ist dann immer „wir müssen einfach nur die Menschen ändern“. Und das landet langfristig, wenn nicht eingebremst, immer (immer!) bei Lagern. Bei diesem Bogen von Herrn Knie zu Lagern fallen hier sicherlich einige in Ohnmacht :laughing: Ich sage nur, der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. :smiling_imp:

EDIT: Es ist mir ein Anliegen, zu betonen, dass ich den gegenwärtigen verkehrstechnischen Status Quo nicht für den besten aller möglichen Zustände halte. Ganz und gar nicht. Das vermaledeite Verbot von Privatbesitz an einem höchst nützlichen, schönen und komfortablen Ding wie ein E-Auto ist aber nicht der richtige Weg.

Ich sag mal so, hab da letztens noch mit meiner 25 jährigen Nichte drüber gesprochen.
Die wohnt aktuell in Erlangen und macht alles mit dem Fahrrad.
Und oh Wunder, es geht.
Ja, sie würde sich nicht gegen ein Auto wehren, aber auch nur, um komfortabel längere Strecken zu fahren, für die sie aktuell die Bahn nimmt.
Ihr ist es tootal egal, was es für ein Auto ist, solange es nur Klimaanlage und Sitzheizung hat…:wink:
Und irgendwas machen Deine Arbeitskollegen falsch, George.
Ich habe aktuell einen alten, kleinen Verbrenner und zahle all inkl. rund 135€ im Monat Unterhalt für die Karre. Zugegeben, nur Haftpflicht versichert, aber was anderes lohnt sich nicht. 100€ Sprit, 30€ Versicherung und 5€ Steuern im Monat sollte eigentlich jeder Arbeitnehmer, der nicht gerade Mindestlohn bekommt, aufbringen können.
Eigentlich würde ich auch lieber mehr Fahrrad fahren oder den Bus nehmen, aber dadurch, dass ich im Ruhrgebiet von einer Stadt in die Andere muss, dauert es mit den Öffis doppelt so lang und kostet nicht wirklich weniger als der Autounterhalt. Außerdem ist es schön, direkt aus der Garage ins Büro zu kommen und nicht erst noch 10min durch den Regen laufen zu müssen…:wink:
Nur eins ist sicher, wenn wir Ende Q1 umziehen und ich nur noch 30min mit dem Fahrrad brauche, werde ich das Auto deutlich seltener nutzen als heute.

auf die weitere entwicklung der carsharing-systeme bin ich auch gespannt. MEIN(e) auto(s) bekommen die jedenfalls nicht!

als meine zukünftigen erben im fahrschulalter waren, war eine meiner warnungen (an sie): wenn du ein fahrzeug von „robben & wintjes“ siehst, halte größtmöglichen abstand. die wollen oder können nicht schadensfrei fahren.

(zur erläuterung: „robben & wintjes“ ist ein berliner kleintransporterverleiher. die haben studentenumzugstaugliche stundentarife. die gebuchten zeiten scheinen immer zu knapp zu sein, so wie die fahren. die fahrerhäuser sind eher verdreckt.)

gleiches kann ich seit einiger zeit über die carsharingflotten von bmw & co sagen. im morgentlichen großstadtverkehr wird man gern mal von einem bmw-mini überholt, dessen fahrer in der einen hand das smartphone hat ("… ich bin schon auf dem weg …") und in der anderen den „kaffee aus togo“… der spitzenwert für mich war bisher: bmw-mini-caprio (offen) als transporter für ikea-großpakete. fahrer und beifahrer waren offenbar zwillinge aus der kategorie „schwarzbehüteter langbärtiger gartenzwerg mit dunkelrandiger brille“.

Weißt auch du warum? Weil ich denke, dass die Diskussion für die Großdörfer, die wir in Deutschland haben, nicht relevant ist. Das funktioniert schon irgendwie, und wirklich ändern will ja eh keiner was.

Und weil ich finde, dass ein Grundlagenforscher wie Knie auch mal laut darüber nachdenken darf, was man eigentlich verbieten müsste, wenn man einen theoretischen Idealzustand erreichen wöllte. Ich hab ihn nicht als Ideologen wahrgenommen, der morgen den Privatbesitz abschaffen will. Würde er so denken, wäre ja der Rest seiner Äußerungen überflüssig.

Mit 25 ? Klar geht das !

Aber bei Regen ? Oder wenn sie mal Kinder hat ? Zum Einkaufen ? Zu IKEA ?

…wohl eher nicht.


Ich kann gegenwärtig dank der autofreundlichen Planung einiger Stadt- und Verkehrsplaner in den 70ern meinen genau 25 km langen Weg zum Arbeitsplatz (einfache Strecke, gesamt pro Tag also 50 km) kreuzungs- und ampelfrei zurücklegen (bis auf die Linksabbiegerampel ins Firmenparkhaus). Durchschnittsgeschwindigkeit 56 km/h laut Bordcomputer.

Will ich einkaufen oder Tanken, liegt direkt an der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstrasse, die ich sowieso jeden Tag befahre ein Industrie-/Einkaufsgebiet mit allem: Baumärkte, Supermärkte, Metro, Tankstelle, Gartenmärkte, Haustierbedarf, Elektrogroßmärkte, Apotheke etc. (einfach alles). Mit eigenen direkten Ab- und Auffahrten. Zusatzstrecke maximal ein km.

Ja, das ist Luxus. Aber Zeit ist das kostbarste, was man haben kann.

Öffentliche Verkehrsmittel ? Das dreifache der Zeit in unbequemen, verdreckten und mit teilweise sehr unangenehmen Mitmenschen besetzen Bussen und Bahnen verbringen ? Natürlich nicht, wenn ich es vermeiden kann.

Gruß SLAM

Warum sollte es bei regen nicht gehen?
Gibt schließlich Kleidung, die man anziehen kann.
Zum Einkaufen fährt man halt alle zwei Tage und nicht nur einmal die Woche. Getränke kann man in kleineren Packungsgrößen kaufen und muss nicht alles im Sixpack oder Kasten kaufen. Zur Not gibt es mittlerweile auch immer mehr Fahrräder, die zum Transport geeignet sind, ohne direkt einen auf Lastenfahrrad zu machen. Einfach mal umschauen.
Zu Ikea kann man auch mit Öffentlichen fahren, die liegen meist nicht soo weit draussen. Dann hat man dort die Möglichkeit entweder einen kleinen Transporter zu mieten, was auch nicht die Welt kostet (mittlerweile auch Streetscooter) oder sich die Sachen für kleines Geld direkt nach Hause liefern zu lassen. Dann spart man sich auch das die Treppe rauf schleppen.
Du hast dann aber extrem viel Glück mit Deiner Wegstrecke. Ich benötige für die 4 km weniger, die ich zur Arbeit fahre mindestens 35min, wenn nachmittags die Autobahn wieder verstaut ist, auch gerne mal eine Stunde.
Würde mein aktuelles Büro nicht 10min Fußweg von der Haltestelle entfernt liegen, würde ich sicherlich häufiger die Öffis nutzen.
Ende März ziehen wir um, dann sind es nur noch 9km, die werde ich bei entsprechendem Wetter deutlich häufiger mit dem Fahrrad fahren, als die 21 bisher. Wobei, auf Grund der überraschend gut ausgebauten Radwege hier, kann ich selbst diese Strecke überwiegend unabhängig vom Autoverkehr hinter mich bringen.

Ich kann mir Bahn fahren nicht leisten.

November 2017 fuhr ich zum Forum Neue Energiewelt nach Berlin.

90 EUR für Diesel
17 EUR für das Parkhaus
92 EUR bekommen von BlaBlaCar Mitfahrern.
Verschleiß und Wertminderung vom Auto muss man auch noch Rechnen,
aber wenn man einen gebrachten Dacia Lodgy für 10.500 EUR fährt, hält sich das in Grenzen.
Aktuell rechne ich mit 5 EUR Reifenverschleiß, 6 EUR Ölwechsel
und 8 EUR sonstigen Service für die 1500 km Salzburg Berlin Salzburg.

Die Tiefgarage im Tagungshotel hätte 28 EUR pro Tag gekostet, aber nur 200 m entfernt fand ich ein billiges Parkhaus.

Das Tagungshotel war ausgebucht, sonst hätten die komplett durchgeknallte 200 EUR verlangt.
Also schon mal die Frage, wo Übernachten?

Anderes Beispiel, Oktober eMove360 in München. Ich diskutiere mit jemand,
dieser verabschiedet sich plötzlich, muss zum Flughafen, um nach Hamburg zu kommen.
Mit einem selbstfahrenden Elektroauto wäre es bequemer gewesen,
das Ziel Hamburg einzugeben und dann hinten schlafen bis das Ziel erreicht ist.

Das bedeutet, auf Strecken bis 1000 km wird das selbstfahrende Elektroauto den
Flugzeug Verkehr weg nehmen.

Das Ergebnis solcher Städte(ver)planer wird hier thematisiert:

youtube.com/watch?v=d_IK9hmeK68

MfG Rudolf

Herr Knie scheint recht zu haben:
:arrow_right: m.manager-magazin.de/finanzen/ar … 87008.html
(via electrive.net)

Oh je, die tun mir leid.

Die Elektromobilitat ist nicht mehr aufzuhalten.

“Fehlende Ladeinfrastruktur” zeigt wie wenig gedanklich flexibel man dort ist.

Adieu Autodeutschland. [emoji25]